Fondsvertrieb 2021 „Hohe Ansprüche an den Service“
Servicequalität im Fondsvertrieb
DAS INVESTMENT: Bitte nennen Sie 2-3 Trends im Fondsvertrieb 2021.
Matthias Schulz: Wir sehen für 2021 und darüber hinaus einige signifikante Trends – nicht nur für den Fondsvertrieb, sondern vielmehr für die ganze Asset Management-Industrie. Erstens: Asset Manager, die jetzt beherzt die Weichen für die Zukunft stellen, werden die Branche für die nächsten Jahre prägen können. Schwerpunkte, die es zu fokussieren gilt sind nachhaltiges Investieren, Alternative Investments, Expansion in globalen Wachstumsmärkten und erstklassiger Service sowie Reseach/Insights. Zweitens: Technologie wird die Asset Management Industrie vollständig verändern, und die Gesellschaften müssen entsprechend investieren. Drittens: Trotz der weiterhin besonderen Situation mit der Pandemie gibt es gute Möglichkeiten für innovative, investitionsgetriebene, kundenorientierte und agile globale Asset Manager, in allen wichtigen Märkten zu wachsen.
Bitte nennen Sie 2-3 Anlagethemen Ihres Hauses, die 2021 besonders gefragt sein werden.
Schulz: Wir sehen bereits jetzt eine sehr große Nachfrage nach der Anlageregion Asien, und zwar sowohl in der etwas weiter gefassten Pazifik-Region (mit Japan), als auch insbesondere in China und da noch einmal konkreter in lokalen chinesischen A-Aktien. Die Region hat aktuell nicht nur strukturellen Rückenwind aufgrund der schnelleren Normalisierung nach der Pandemie, sondern vor allem großes langfristiges Wachstumspotenzial durch die stark wachsende Mittelschicht. So kommt nicht nur der Konsument der Gegenwart sondern viel mehr noch der der Zukunft aus Asien. Tatsächlich sind aber viele Anleger noch deutlich unterinvestiert, gemessen an der steigenden Bedeutung, die die Region in der Welt bereits gewonnen hat und noch weiter ausbauen wird.
Als einer der Pioniere in Asien können wir auf ein erfahrenes Team vor Ort in den jeweiligen Ländern zugreifen, das eng mit den lokalen Unternehmen zusammenarbeitet. Ein weiteres zentralesThema für 2021, das sich großer Nachfrage erfreut, ist das Thema Nachhaltigkeit. Wir haben im letzten Jahr verschiedene Fonds mit Nachhaltigkeitsfokus aufgelegt um unseren Kunden bewährte und beliebte Strategien anzubieten, etwa den Global Macro Sustainable Fund als nachhaltige Liquid Alternative Strategie oder den Global Bond Opportunities Sustainable Fund als nachhaltige Flexible Fixed Income-Strategie. Für das erste Quartal 2021 ist eine nachhaltige Multi-Asset Income-Strategie geplant.
Welches sind Ihre Tier-1-Produkte für 2021 je für den Retail-, Wholesale-, und institutionellen Vertrieb?
Schulz: Im Retail-Vertrieb setzen wir im Core-Bereich weiterhin auf den Income-Klassiker Global Income Fund, der trotz der zementierten Niedrigzinsen verlässliche, regelmäßige Erträge bietet und von dem es wie gesagt Anfang 2021 eine nachhaltige Version geben wird. Unser zweiter Core-Baustein ist ein Fonds, der hilft, Portfolios vor dem Auf und Ab der Kapitalmärkte zu schützen: Der Global Macro Opportunities Fund ermöglicht es, bei steigenden und fallenden Märkten positive Erträge erzielen und ist aufgrund seiner niedrigen Korrelation mit vielen Anlageklassen ein guter Diversifikator – und in diesen schwankungsreichen Zeiten auch Stabilisator – für Portfolios. Dazu kombinieren wir Satellitenthemen mit „strukturellem Rückenwind“, für die wir ausgezeichnete Fonds im Angebot haben – sei es Asien/Pazifik mit unserem Pacific Equity Fund, der Megatrend Gesundheit mit unserem Global Healthcare Fund sowie dem Bereich Digitalisierung mit unserem US Technology Fund. Im Wholesale-Vertrieb fokussiert das Theam um Sabine Stahl weiterhin auf US- und Schwellenländeraktien mit den Schwerpunkt Asien / China. Dazu kommen Liquid Alternatives wie beispielsweise der Global Macro Opportunities Fund und nicht zuletzt unsere nachhaltige Fondspalette. Und für unsere institutionellen Kunden setzt das Team um Jens Schmitt verstärkt auf alternative Strategien, sowie weiterhin Spread Strategien. Über alle Asset Klassen steht auch hier regional Asien mit dem besonderen Schwerpunkt China im Fokus.
Auf welche Zielgruppe legen Sie im Vertrieb 2021 einen Schwerpunkt?
Schulz: Wir verfolgen weiterhin unsere seit Jahren ausbalancierte Vertriebsstrategie über alle wichtigen B2B-Kanäle hinweg. Wir bieten mit unserer breiten Fondspalette aktive Bausteine für unterschiedliche Anlegerbedürfnisse an, die wir mit umfangreichem Service vor Ort unterstützen.
Welcher Vertriebskanal leidet aufgrund von Corona?
Schulz: Für alle Vertriebskanale hat Corona eine nie gesehene Umstellung mit sich gebracht. Wer hätte je gedacht, dass man seit März kaum mehr größere Veranstaltungen würde abhalten können und Kundenmeetings mehr virtuell als in persona stattfinden würden. Hier war von Vertriebskollegen aber auch unseren Kunden viel Flexibliltät und schnelles Umschalten gefordert. Das ging vor allem auch deswegen erstaunlich gut, weil uns mit vielen unserer Kunden langjährige vertrauensvolle Partnerschaften verbinden, man sich also gut kennt. Die Teilnehmerzahlen an den Videoevents, Webkonferenzen lag dabei deutlich über den Teilnehmerzahlen der vorigen Präsenzveranstaltungen - wurden also sehr gut angenommen. Für das Retail-Segment haben wir das auch gleich in einer neuen Dimension umgesetzt, indem wir unseren Geschäftspartnern die beliebten Eventkonzepte, mit denen sie wiederum für ihre Kunden bestimmte Themenbereiche fokussieren können, ebenfalls als Online-Events anbieten. Die neue digitale bzw. hybride Vertriebswelt hat auch in einem anderen Bereich Vorteile. So lassen sich beispielsweise leichter Experten aus den USA und Asien hinzunehmen. In den etwas gelockerten Sommermonaten hatten sich auch Hybridmodelle mit einem Besuch vor Ort unseres lokalen Vertriebskollegen mit dem „Zuschalten“ der internationalen Experten als eine praktikable Option etabliert. Von daher wird der Vertrieb der Zukunft wohl auch eher ein Mix sein aus den verschiedenen Zugangswegen persönlich, virtuell bzw. Hybrid mit zugeschalteten Experten und einem Sales Ansprechpartner vor Ort.
Wie ändert die neue Realität mit weniger persönlichen Kontaktmöglichkeiten den Fondsvertrieb? Verlagert sich der Vertrieb eher in den Bereich Marketing?
Schulz: Ein Grundpfeiler unseres umfassenden Services im Retail-Segment ist die umfassende Marketingunterstützung. Aber diese ist natürlich immer nur ein Element im Vertrieb, auch wenn wir natürlich stets daran arbeiten, unseren B2B-Vertriebspartnern damit Vertriebsimpulse für ihre B2C-Kunden zu geben. So haben wir auch in diesem Jahr unsere erfolgreiche Kampagne „Vom Sparen zum Anlegen“, bei der den Vertrieben Materialien und Instrumente zur Erschließung neuer Anlegersegemente zur Verfügung gestellt werden, weiter im Fokus. In Ergänzung dazu haben wir eine Initiative zum Thema „Frauen und Geldanlage“ gestartet. Die Zielgruppe Frauen wird unserer Meinung nach deutlich unterschätzt und J.P. Morgan Asset Management will gemeinsam mit den Vertriebspartnern an der finanziellen Unabhängikeit von Frauen arbeiten und Inhalte und Tools entwickelt, um den Dialog zu fördern.
Wie viel Digitalisierung verträgt der Fondsvertrieb? Welche Bedeutung haben zwischenmenschliche Beziehungen im Vertrieb noch?
Schulz: Unsere über viele Jahre gewachsenen Partnerschaften haben in diesem Jahr durch die Digitalisierung sicherlich eine neue Facette gewonnen. Es ist zugegebenermaßen ganz charmant, dass sich mit digitalen Meetings Kunden in ganz Deutschland sehr schnell und effizient ohne großen Reiseaufwand betreuen lassen. Aber das ergänzt natürlich nur das Geschäft und kann die tatsächlichen Begegnungen, bei denen noch so viel mehr mitspielt, nie ganz ersetzen.Denn das Vertrauen wächst meiner Erfahrung nach schneller und leichter im persönlichen Gespräch als am Telefon oder in einem Videocall. Und so sehnen einige Kollegen die „alte Normalität“ aus vorwiegenden persönlichen Meetings schon wieder herbei.
Welche Meilensteine haben Sie sich beim Thema Nachhaltigkeit für 2021 gesetzt?
Schulz: Bereits in diesem Jahr haben wir einige Meilensteine umgesetzt. Im Februar sind wir der Initiative Climate Action 100+ beigetreten. Und im Oktober hat die J.P. Morgan Bank bestätigt, die Finanzierungsaktivitäten an den Klimazielen des Paris-Abkommens auszurichten. Auch auf der Produktseite im Asset Management wird unser tiefgreifendes Bekenntnis zur Nachhaltigkeit immer sichtbarer. So wurde zum zweiten Halbjahr die gesamte aktiv gemanagte Investmentpalette vorständig ESG integriert was bedeutet, dass bei der jeweiligen Anlageentscheidung systematisch Umwelt, soziales und Fragen der guten Unternehmensführung (Governance) Berücksichtigung finden. Das sind rund 2 Billionen US-Dollar an Assets. Auf dieser Basis können wir unsere Kunden heute bei vielen Themen rund um nachhaltige Geldanlagen unterstützen, um gemeinsam die Zukunft nachhaltig zu gestalten. Nach dem die Palette unserer dezidierten Sustainable-Strategien inzwischen auf 12 Produkte gewachsen ist, arbeiten wir weiter daran, das Nachhaltigkeitsportfolio auszubauen.
Neben liquiden Assets, welche Geschäfts- und Produktwelten im Alternative-Bereich werden Sie 2021 entwickeln?
Schulz: Unsere Experten verfügen über 50 Jahre Investmenterfahrung in ‚Alternatives‘und verwalteten Assets in Höhe von rund 150 Milliarden US-Dollar in 15 alternativen Anlageklassen. Unser Reseach im Rahmen der Long Term Capital Market Assumptions zeigt, dass über die nächsten 10 bis 15 Jahre die Portfolios von professionellen aber auch von privaten Anlegern viel stärker auf Alternative Anlagen zugreifen müssen, da klassische Aktien und Anleihen deutlich geringere Betaerträge abwerfen werden und teilweise auch weniger Diversifizierung bieten. Die Alternatives sind aber mit Herausforderungen beispielsweise hinsichtlich ihrer Liquidität verbunden. Entscheidend ist, beim Portfolioaufbau zu beachten, die gesamte Bandbreite der Alternatives einzubeziehen und auf eine sorgfältige Managerauswahl zu achten.
Wie weit wird Ihrer Meinung nach die Fondsindustrie bei der Konsolidierung im Jahr 2021 sein?
Schulz: Die Pandemie wird sicherlich den Trend in der Fondsindustrie zur Konsolidierung weiter vorantreiben. Boutiquen, die sich auf einzelne Kernthemen fokussieren sind dabei nicht so gefährdet wie mittelgroße Asset Manager.Wenn man als mittelgroßer Anbieter verschiedene Anlageklassen anbieten und in mehreren Regionen vertreten sein will, wird es immer herausfordernder. Das erklärt einen Teil der M&A-Aktivitäten in unserer Branche. Die eingangs erwähnten notwendigen Investitionen in Innovation, Digitalisierung, Künstliche Intelligenz etc. tun ein übriges- also weitere Konsolidierung ist sehr wahrscheinlich, wird die Branche aber vermutlich noch deutlich über 2021 hinaus beschäftigen.
Wie weit wird die Verschiebung zwischen aktiven und passiven Anlageprodukten in 2021 noch gehen?
Schulz: Es gibt einige Anlageklassen wie beispielsweise Schwellenländeraktien, in denen aktives Management eines erfahrenen Managementteams vor Ort auch zukünftig ein spürbar bessers Chancen-/ Risikoverhältnis bietet, als ein rein passives Investment. Auch bei den aktuell zu beobachtenden großen Bewertungsdifferenzen in vielen Kapitalmärkten ist aktives Management im Vorteil. Auch wenn diesees Umfeld kurzfristig die Verschiebung zu passiven Anlagen verlangsamen mag, werden langfristig beide „Welten“ nebeneinander existieren. Klar ist aber auch, dass ein aktiv gemagtes Produkt mit höheren Kosten langfristig einen Mehrwert bringen muss, sonst wird es ersetzt oder passiviert.