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Aktualisiert am 09.01.2023 - 13:13 Uhrin Stolls FondseckeLesedauer: 10 Minuten

Stolls Fonds der Woche Hohe Preise, große Gewinne – der Energiekick fürs Depot

Redakteur Sven Stoll mit Gaszähler und Ölpumpe
Redakteur Sven Stoll mit Gaszähler und Ölpumpe: Die aktuelle Energiekrise rückt die Aktien von Öl- und Gasförderen ins Blickfeld von Investoren. | Foto: Jessica Hunold / Canva

Es ist noch gar nicht so lange her, da hatten Investoren die Energiebranche abgeschrieben. Im April 2020 sank der Preis für amerikanisches WTI-Erdöl plötzlich völlig irrwitzig weit unter null US-Dollar. Das schwarze Gold fand auf einmal keine Abnehmer mehr. Weil es niemand haben wollte, gab es für jedes gekaufte Fass zwischenzeitlich sogar 35 US-Dollar obendrauf. Damals hätte man denken können, die Ära von Tankstellen, röhrenden Motoren und Ölheizungen sei vorbei.

Das fossile Zeitalter ist noch lange nicht abgelaufen

Doch weit gefehlt! Heute kostet Diesel 2,07 Euro und Super-Benzin rund 1,97 Euro pro Liter – der gestiegene Ölpreis frisst mittlerweile Löcher in die Geldbörsen der Bürger. Das dürfte vorerst auch so bleiben. Der Krieg in der Ukraine führt der Welt schonungslos vor Augen: Erdöl und Erdgas sind nach wie vor zentrale und unverzichtbare Wirtschaftsgüter im Welthandel. Energiewende hin oder her: Ohne die fossilen Energieträger sitzen wir nächsten Winter definitiv im Kalten!

Aufgrund der viel zu tiefen Preise in den vergangenen Jahren haben die großen Konzerne zu wenig in neue Vorkommen investiert. Dazu kam, dass die Investitionen aufgrund des bevorstehenden Wandels zu grünen Energien weiter runtergefahren wurden. Statt Öl und Gas waren Elektroautos, Windräder und Solarpaneels Thema Nummer Eins. Doch spätestens Putins Krieg, die darauffolgenden Sanktionen und der Lieferstopp von russischem Gas führen uns direkt vor Augen, dass die Zeit der fossilen Energie noch nicht abgelaufen ist. Deutschland braucht Gas, Europa braucht Gas – doch Russland fällt als Partner aus.

Ein Umstand von dem vor allem die westlichen Förderer profitieren. An der Börse avancierten sie zu sicheren Renditebringern. „Oil Stocks are the new FAANGS“, brachte es der US-Nachrichtensender CNN auf den Punkt. Und in der Tat: Der Ölsektor ist der einzige im S&P 500, der im Jahr 2022 auf hohe Gewinne zurückblicken kann. Exxon-Mobil-Aktien verteuerten sich seit Jahresbeginn um 87 Prozent, beim Konkurrenten Conoco Phillips sind es 80 Prozent. Warren Buffetts Favorit, die Papiere von Occidental Petroleum, haben sich seit Anfang Januar mit 156 Prozent Plus weit mehr als verdoppelt! Die Top-10-Performer im US-Index sind allesamt Energiewerte.

 

Doch kann diese Rally weiterlaufen?

Opec will Ölförderung drosseln

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Dafür spricht, dass die erdölexportierenden Länder (Opec) unter Führung von Saudi-Arabien sowie Russland (Opec+) bei einem Treffen in Wien am vergangenen Mittwoch eine drastische Kürzung der Ölförderung beschlossen haben. Demnach sollen zu Beginn der kalten Jahreszeit ab Anfang November zwei Millionen Barrel (159 Liter) am Tag weniger gefördert werden als bisher. Nach Bekanntgabe stieg der Ölpreis an und kletterte auf zwischenzeitlich 95 US-Dollar pro Barrel. Das ist zwar weniger als zu Kriegsbeginn, als der Preis auf Höchststände von 130 Dollar kletterte, aber bereits zehn Dollar mehr als im September.

„Das ist die größte Kürzung seit dem Ausbruch des Coronavirus. Auch wenn die tatsächliche Reduktion unter einer Million Barrel am Tag liegen dürfte, da viele der erdölexportierenden Staaten bereits auf einem Niveau produzieren, das weit unter ihren Quoten liegt, fällt somit mehr als ein Prozent des weltweiten Angebots weg“, sagt Roberta Caselli, Rohstoffanalystin bei Global X. Sie rechnet für das vierte Quartal dieses Jahres mit weiter steigenden Preisen. „Ein Ölpreis von 100 US-Dollar pro Barrel ist unserer Meinung nach durchaus möglich, vorausgesetzt, es kommt weltweit nicht zu größeren Coronavirus-Ausbrüchen und die Federal Reserve wird keine unerwartet restriktivere Politik vorlegen“, so Caselli.

Wenngleich die Ölaktien nun schon eine beachtliche Rally hingelegt haben, scheint noch viel Potenzial in ihnen zu schlummern. Denn nach wie vor verdienen die Konzerne prächtig am schwarzen Gold. Die Förderkosten für neue Ölquellen liegen derzeit bei etwa 50 US-Dollar je Barrel. Bei erschlossenen und produzierenden Ölquellen liegen die Kosten laut Daten der Bank of America sogar noch deutlich darunter, teilweise sogar bei nur zehn US-Dollar.

Explodierende Gewinne

Kaum verwunderlich, dass die Quartalsergebnisse der Branche fantastisch ausgefallen sind. So hat beispielsweise Exxon Mobil seinen Gewinn im ersten Quartal auf 5,5 Milliarden US-Dollar im Vergleich zum Vorjahresquartal verdoppelt. Dabei hat der Konzern einen freien Cashflow von fast 15 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Trotzdem ist die Aktie des Ölmultis nicht zu teuer. Das 2023er Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt bei moderaten 9,3. Zum Vergleich: Der amerikanische Aktienmarkt kommt in Summe auf ein KGV von 17.

Auch Investorenlegende Warren Buffett ist von den Aussichten und den Bewertungen der Branche weiter überzeugt. Im zweiten Quartal kaufte er weitere 2,2 Millionen Anteile von Chevron und 22 Millionen Anteile von Occidental Petroleum ins Portfolio seiner Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway. Mit einem Gesamtwert von rund 26 Milliarden US-Dollar ist Chevron hinter Coca-Cola, der Bank of America und Apple die viertgrößte Position im Gesamtportfolio von Berkshire. Mit seiner Meinung steht Buffett nicht allein da. „Obwohl der Energiesektor für manche eine umstrittene Investition ist, bietet ein Blick auf die fundamentalen und technischen Bedingungen und die attraktiven Bewertungen des Sektors eine potenziell attraktive Gelegenheit", schreibt Jeffrey Buchbinder, Chef-Aktienstratege bei LPL Financial Research.

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