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Holger Sandte: „Die künftige Rolle der EZB sollte geklärt werden“

Holger Sandte, Chefvolkswirt der WestLB Mellon Asset <br> Management
Holger Sandte, Chefvolkswirt der WestLB Mellon Asset
Management
DAS INVESTMENT.com: Welche Probleme dürften nach dem Euro-Gipfel in den kommenden Monaten in den Blickpunkt rücken?

Holger Sandte: Liefern die angeschlagenen Länder, insbesondere Italien, in Sachen Haushaltskonsolidierung? Wenn nicht, werden erneut Turbulenzen aufkommen. Wie schlägt sich Portugal? Stimmen die Banken dem „freiwilligen“  Forderungsverzicht zu? Was wird aus der ungeklärten Rolle der EZB?

DAS INVESTMENT.com: Welche weiteren Schritte sollten dem Maßnahmenbündel folgen?

Sandte: Konsequente, aber nicht brachiale Haushaltskonsolidierung in den Euro-Ländern und die Klärung der Rolle der EZB.

DAS INVESTMENT.com: Billionen-Rettungsschirm: Ist das deutsche Versicherungsmodell der richtige Weg oder ist das Hebel-Modell der Franzosen doch besser?

Sandte: Das ist beides nicht der richtige Weg, wobei mir die Versicherungslösung noch sympathischer ist. Beides ist zu kompliziert, der Öffentlichkeit nicht wirklich begreiflich zu machen, sozusagen Finanz-Alchimie „at its best“. Die Alternative ist eine EZB als Kreditgeber der letzten Zuflucht für solvente Länder.

DAS INVESTMENT.com: Brauchen wir weitergehende Reformen im Bankensystem: Ist ein Trennbankensystem die Lösung?

Sandte: Ja, ein Trennbankensystem wäre eine Verbesserung, ebenso wie schärfere Regulierung und höhere Eigenkapitalanforderungen, wie sie auf dem Euro-Gipfel beschlossen wurden.

DAS INVESTMENT.com: Ist der Schuldenschnitt für Griechenland von den Banken zu stemmen? Werden Institute in Schieflage geraten?

Sandte: Das können Bankanalysten beantworten.

DAS INVESTMENT.com: Reicht den Griechen ein Schuldenschnitt von 50 Prozent, um an die Kapitalmärkte zurück zu kehren?

Sandte: Nein, die Höhe des Schuldenschnitts ist für diese Frage zweitrangig. Griechenland bleibt ein Sanierungsfall und braucht ein neues Geschäftsmodell für Wirtschaft und Staat. Es wird Jahre dauern, bis das Land wieder kapitalmarktfähig ist.

DAS INVESTMENT.com: Wird es unter dem neuen Präsidenten Mario Draghi zu einer Kehrtwende der EZB-Geldpolitik kommen?

Sandte: Vermutlich wird es im Winterhalbjahr 2011/2012 zu ein bis zwei Zinssenkungen kommen, das wäre eine angemessene Kehrtwende. Die großzügige Liquiditätsversorgung der Banken dürfte Draghi auf absehbare Zeit fortführen.

DAS INVESTMENT.com: Wo wären Sie in den kommenden Jahren am liebsten Chefvolkswirt der Zentralbank? Europa, China oder den USA? Und wo wären Sie am liebsten Sparer?

Sandte: Als Chefvolkswirt wäre ich gerne in den USA, weil dort die Handlungsfähigkeit der Geldpolitik nicht so sehr wie im Euroraum durch ideologische Scheuklappen eingeengt wird. Als Sparer: Jedenfalls nicht in China, angesichts der dort immer noch ziemlich eingeschränkten Anlagemöglichkeiten.


>> weitere Teile der Serie:

„Bleiben die Märkte instabil, wird es zur Transferunion kommen“
(Henning Vöpel, Hamburgisches Weltwirtschafts-Institut HWWI)

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