Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank
Die Stunde der Standhaften
Holger Schmieding ist seit Oktober 2010 Chefvolkswirt der Berenberg Bank Foto: Berenberg Bank
China und die Europäische Union wehren sich gegen neue Zölle der US-Regierung. Frei nach dem Motto: Wie du mir, so ich dir. Erste Reaktionen zeigen, dass sich Widerstand lohnt.
Umso wichtiger ist es, dass China und die Europäische Union richtig reagieren. Aus dem „Deal“, den Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am 25. Juli geschlossen haben, können wir einige Lehren ziehen.
Europa muss sich wehren
Die Wichtigste lautet: gegen Trumps Handelspolitik muss Europa sich wehren. Drei Gesichtspunkte haben offenbar den zumindest vorläufigen Sinneswandel der US-Handelskrieger, die unmittelbar vorher noch mit Strafzöllen auf Autoeinfuhren aus Europa gedroht hatten, ausgelöst:
Die Gegenmaßnahmen der EU gegen die am 1. Juni in Kraft getretenen Stahl- und Aluminiumzölle der USA haben ihr Ziel...
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Umso wichtiger ist es, dass China und die Europäische Union richtig reagieren. Aus dem „Deal“, den Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am 25. Juli geschlossen haben, können wir einige Lehren ziehen.
Europa muss sich wehren
Die Wichtigste lautet: gegen Trumps Handelspolitik muss Europa sich wehren. Drei Gesichtspunkte haben offenbar den zumindest vorläufigen Sinneswandel der US-Handelskrieger, die unmittelbar vorher noch mit Strafzöllen auf Autoeinfuhren aus Europa gedroht hatten, ausgelöst:
- Die Gegenmaßnahmen der EU gegen die am 1. Juni in Kraft getretenen Stahl- und Aluminiumzölle der USA haben ihr Ziel nicht verfehlt. Über die Vergeltungsliste der EU mit Jeans, Whisky und Motorrädern ist manchmal gelacht worden. Aber sie haben die öffentliche Debatte in den USA beeinflusst.
- Gerade US-Farmer leiden unter Gegenschlägen Chinas und anderer Länder, die Trump vorab mit Strafzöllen belegt hatte. Dass der Preis für Sojabohnen in den USA seitdem um 20 Prozent gesunken ist, liegt nicht nur an den Vergeltungszöllen einiger Länder auf Sojaeinfuhren aus den USA. Aber dass Trump sich am 24. Juli genötigt sah, ein Hilfspaket für US-Farmer von 12 Milliarden Dollar vorzuschlagen, hat manchem Amerikaner die möglichen Kosten eines Handelskrieges vor Augen geführt.
- Selbst die US-Autoindustrie hat gegen mögliche US-Zölle auf die Einfuhr von Autos und Automobilteilen protestiert. Ebenso wie ihre aus Deutschland oder Japan stammende Konkurrenz haben US-Unternehmen weit verzweigte internationale Lieferketten aufgebaut. Wenn sie durch Zölle gezwungen werden, diese Lieferketten umzustellen, müssten sie viele Auslandsinvestitionen abschreiben. Das schadet ihrer Bilanz.
Für Trump wäre es nicht ungewöhnlich, erst einen Streit lautstark eskalieren zu lassen, um dann einen wie auch immer gearteten „Deal“ abzuschließen. Nordkorea kann als Beispiel dienen. Wir werten deshalb den Schlagabtausch im August zwischen den USA und China als möglichen Auftakt zu ernsten Verhandlungen.
Wir stützen unsere Prognosen für Konjunktur und Märkte auf diese Annahme: Auch wenn es wohl für längere Zeit kein endgültiges Ergebnis geben dürfte, werden auch die USA und China noch vor den US-Kongresswahlen am 6. November ernsthafte Verhandlungen beginnen.
Mit nachlassenden Sorgen um den Welthandel kann sich die Stimmung der deutschen Unternehmen wieder aufhellen. Im Spätherbst kann das Wirtschaftswachstum in Deutschland und der Eurozone sich dann wieder etwas beleben mit einer Zuwachsrate von rund 2 Prozent. Auch den Aktienmärkten und dem Euro könnte dies etwas Auftrieb geben.
Allerdings bleibt ein Risiko. Sollte Trump losgelöst von jeglicher wirtschaftlicher Vernunft tatsächlich immer neue Handelsschranken verhängen, statt seine bisherigen Drohungen eher als Verhandlungsmasse einzusetzen, könnten der Weltwirtschaft und den Märkten unruhige Zeiten bevorstehen.
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