Wenn die Quartalszahlen in den USA anstehen, blicken Investoren zuerst auf die großen Banken. Sie melden traditionell in der ersten Woche und gelten als Frühindikator für die gesamte Berichtssaison. Doch stimmt diese Annahme wirklich?

Pascal Kielkopf, Kapitalmarktanalyst beim Multi Family Office HQ Trust, hat diese These geprüft. Er berechnete die durchschnittlichen Gewinnüberraschungen von zehn großen US-Banken, die traditionell in der ersten Woche melden. Diese verglich er mit dem Anteil aller S&P-500-Unternehmen, die in der jeweiligen Berichtssaison die Erwartungen übertreffen konnten. Die Analyse umfasst 40 Quartale – vom vierten Quartal 2015 bis zum dritten Quartal 2025.

Ergebnisse der US-Banken zu Beginn der Berichtssaison
Bildquelle: HQ Trust

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Ein Beispiel zur Methodik: Bei der Bank of America erwarteten Analysten im Schnitt einen Quartalsgewinn von 95 US-Cent pro Aktie. Das Institut legte aber 1,06 US-Dollar vor. Die Gewinnüberraschung lag damit bei 11 Prozent.

Banken als verlässlicher Frühindikator – auch in diesem Jahr

Das Ergebnis: Die Banken liefern tatsächlich wichtige Signale. „In der Tendenz sind die Banken ein guter Frühindikator für den restlichen Verlauf der US-Berichtssaison“, so Kielkopf. Haben die Banken positiv überrascht, galt das oft auch für die komplette Saison. Blieben ihre Ergebnisse hinter den Erwartungen zurück, enttäuschten auch insgesamt mehr Unternehmen.

Besonders aussagekräftig sind überdurchschnittlich gute Bankenergebnisse. Konnten die Banken die Gewinnschätzungen im Schnitt um mehr als 10 Prozent schlagen, fielen die Berichtssaisons überdurchschnittlich gut aus.

In der aktuellen Berichtssaison schnitten die Banken mit durchschnittlich 11,7 Prozent Gewinnüberraschung gut ab. Und tatsächlich konnten bislang 81 Prozent der Unternehmen die Erwartungen übertreffen – ein überdurchschnittlich hoher Wert.

Richtige Einordnung entscheidend

Kielkopf warnt jedoch davor, die Zahlen falsch zu interpretieren. „Es ist wichtig, dass Investoren die gemeldeten Zahlen der Berichtssaison richtig einordnen“, erklärt der Experte. Wenn 70 Prozent der Unternehmen die Erwartungen schlagen, klinge das viel, sei bezogen auf die letzten Jahre jedoch eher wenig.

Im Schnitt konnten in den vergangenen zehn Jahren 76,5 Prozent der Unternehmen die Analystenschätzungen übertreffen. Eine Quote von 70 Prozent läge damit unter dem Durchschnitt.

Ausblicke wichtiger als Vergangenheit

Zudem gibt Kielkopf zu bedenken, dass gute Quartalszahlen nicht automatisch die Aktienkurse nach oben treiben. „Wenn viele Unternehmen besser als erwartete Ergebnisse melden konnten, ist dies jedoch noch keine Garantie für weiter steigende Kurse, da die zukünftigen Ausblicke oft deutlich entscheidender sind.“

Für Anleger bedeutet das: Die Bankenergebnisse liefern zwar wichtige Hinweise auf die Tendenz der Berichtssaison. Doch mindestens ebenso wichtig sind die Prognosen der Unternehmen für die kommenden Quartale.