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Die deutsche Zinskurve wird steiler: Was das für Anleger bedeutet
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Was haben ein Regierungswechsel, Milliardenpakete und die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank gemeinsam? Sie alle haben in diesem Jahr dazu beigetragen, dass sich die deutsche Zinskurve dramatisch verändert hat – mit weitreichenden Folgen für Anleger.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Seit Jahresbeginn hat sich die Zinsdifferenz zwischen zehn- und zweijährigen Bundesanleihen verdreifacht. Jan Tachtler, Fondsselektor und Anleiheexperte bei HQ Trust, beobachtet diese Entwicklung mit Interesse. „Die Steilheit der Zinskurve macht langlaufende Anleihen attraktiver", erklärt er.
Der Grund: Längerfristige Papiere bieten nicht nur höhere Kupons, sondern auch das Potenzial für Kursgewinne, da sie sich im Zeitablauf dem niedrigeren Zinsniveau kürzerlaufender Anleihen angleichen müssen.
Schuldenpaket als Wendepunkt
Der entscheidende Wendepunkt kam im März. Damals kündigte die Bundesregierung ein umfangreiches Schuldenpaket an – ein Schritt, der die Märkte aufhorchen ließ. „Bei einer höheren Staatsverschuldung verlangen Investoren mehr Zinsen für das geliehene Geld, da die Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung sinkt", erläutert Tachtler.

Folgerichtig stiegen die langfristigen Zinsen in Deutschland nach der Ankündigung des Schuldenpakets deutlich an. Gleichzeitig wirkten sich die Zinsentscheidungen der Europäischen Zentralbank primär auf die kurzen Laufzeiten aus. Die Verzinsung zweijähriger Anleihen fiel im März und April, während die Renditen zehnjähriger Papiere nach oben kletterten.
Da die Zinspolitik der Notenbank insbesondere Anleihen mit kurzer Restlaufzeit beeinflusst, entstand eine immer größere Spreizung zwischen kurzen und langen Zinssätzen. Die jüngste Zinssenkung der europäischen Zentralbank setzt diese Dynamik fort.
Für Anleger ergeben sich daraus sowohl Chancen als auch neue Herausforderungen. „Grundsätzlich sind fallende Zinsen für Anleiheanleger etwas Gutes, da dies einen positiven Effekt auf die Preise von bestehenden Anleihen hat", betont Tachtler. Bestehende Papiere werden aus Investorensicht attraktiver – die Kurse steigen entsprechend.
Fluch und Segen für Anleiheinvestoren
Doch die Medaille hat zwei Seiten. Während Besitzer bestehender Anleihen von steigenden Kursen profitieren, verschlechtert sich die Situation für Neukäufer. Sinkende Zinsen sorgen dafür, dass künftig ausgegebene Anleihen niedrigere Kupons zahlen. Die Verzinsung wird also weniger interessant für frische Investitionen.
Besonders relevant wird dieser Aspekt vor dem Hintergrund der veränderten Risikostruktur. Die niedrigeren Kupons erhöhen die Sensitivität gegenüber Zinsänderungen erheblich. „Der Gesamtertrag für Investoren ist daher aktuell zu einem höheren Maß von Preisveränderungen abhängig als von den Ausschüttungen", warnt der HQ-Trust-Experte.



