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Hüfners Wochenkommentar 5 Probleme für Monsieur Macron

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Frankreich würde Deutschland in Schatten stellen

Schon das ist ambitioniert. Hinzu kommen dann aber noch die Vorschläge zur Europapolitik, die er letzte Woche vorlegte. Sie sind nicht weniger weitgehend. Unter anderem soll es ein europäisches Budget geben, einen europäischen Finanzminister, eine europäische Terrorismusbekämpfung, eine europäische Asylbehörde, ein europäisches Verteidigungsbudget und vieles andere mehr. So viel hat sich bis­her noch kein Politiker in Europa getraut.

Wenn all das realisiert würde, würde Frankreich eine der modernsten Volkswirtschaften. Es würde Deutschland weit in den Schatten stellen. Europa würde einen großen Schritt nach vorne machen. Die Gefahr eines populistischen Rück­schlages in Frankreich wäre zunächst einmal gebannt. Manch einer wünscht sich, dass eine neue Regierung in Deutschland wenigstens einen Teil des Reformeifers auf­bringt.

Die Realisierungschancen für diese Reformen sehen auf den ersten Blick nicht schlecht aus. Macron hat eine breite Mehrheit im Parlament. Er ist schnell und lässt seinen Geg­nern kaum Zeit zu reagieren. Die Bevölkerung weiß, dass es Veränderungen im Land geben muss.

5 Probleme für Monsieur Macron

Die eigentlichen Probleme liegen woanders.

Erstens besteht die Gefahr, dass das Reformprogramm zu groß ist. Es bleibt kein Stein auf dem anderen. Wird die Gesellschaft da nicht überfordert und sich am Ende gegen Macron wenden? Weniger wäre hier vermutlich mehr. Historische Erfahrungen (nicht zuletzt in Deutschland) zeigen, dass schon Änderungen in begrenzten Teilbereichen reichen, um positive Ausstrahlungen auf die Reformbereitschaft des ganzen Landes zu haben. Man braucht gar nicht eine so große Agenda.

Zweitens sind die Reformen so weitgehend, dass es lange Zeit dauert bis sie die erwarteten Früchte tragen. In Deutschland gingen fast zehn Jahre ins Land bis die Hartz IV-Reformen wirkten. So viel Zeit hat Macron nicht.

Drittens ist natürlich nicht sicher, dass das Wachstum wirklich anspringt und die Menschen am Ende besser dastehen. Bei ökonomischen Prozessen kann immer etwas dazwischenkommen (zum Beispiel in der Weltwirtschaft) und den Erfolg vermasseln.

Viertens wird sich die Opposition nicht auf Dauer vom Tempo des Präsidenten überfahren lassen. Irgendwann wird sie sich sammeln. Dies insbesondere dann, wenn eine der vielen Reformen nicht so leicht durchgeht oder dabei Fehler gemacht werden (was bei so einer großen Agenda kaum zu verhindern ist). Dann sind auch die anderen Projekte gefährdet.

Fünftens schließlich sind die Realisierungschancen für die europapolitischen Reformen, gelinde gesagt, ungewiss. Sicher ist vieles, was hier angestoßen wird, vernünftig. Ich zweifle aber, dass es dafür in der Bevölkerung und bei den Regierungen der Mitgliedsstaaten eine Mehrheit gibt. Selbst Frau Merkel (die er als Verbündete braucht) scheint nur halbherzig dabei zu sein.

Für den Anleger

Insgesamt sind die Erfolgsaussichten für die Reformen in Frankreich gemischt. Man sollte sicher nicht zu pessimistisch sein. Denn selbst wenn nur ein Teil realisiert wird, ist schon viel gewonnen. Soll man in französischen Aktien investieren? Unbedingt.

Frankreich hat viele gute und wettbewerbsfähige Unternehmen. Durch die neue Politik könnten es noch mehr werden. Bei Anlagen in den Index (über entsprechende Indexfonds) sollte man angesichts der absehbaren Rückschlagsgefahren aber vorsichtiger sein.

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