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Hüfners Wochenkommentar Der Kern negativer Zinsen

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Wenn diese Übertragung gestört ist, weil die Sparer ihr Geld wegen der negativen Zinsen nicht mehr hergeben, wird es mit den Investitionen schwierig. Das wirkt sich dann auf Innovationen, technischen Fortschritt, Wachstum und Beschäftigung aus. Der Schweizer Ökonom Thomas Straubhaar drückte das etwas drastisch aus: "Die EZB schaufelt das Grab für den Kapitalismus."

Zinsen trennen gute von schlechten Investitionen. Bei positiven Zinsen werden nur die Projekte realisiert, mit denen die Unternehmen einen Mehrwert erwirtschaften. Denn nur dann können sie sich die Finanzierungskosten leisten.

Projekte, bei denen das nicht der Fall ist, werden unterlassen. Bei negativen Zinsen sind auch schlechte Investitionen noch rentabel. Das führt zu Fehlinvestitionen. Negative Zinsen sind ein Anreiz, Schulden zu machen.

Der Schuldner bekommt eine Prämie dafür, dass er Geld aufnimmt. Das führt am Ende nicht nur zu hohen Staatsschulden, sondern auch zu überdimensionierten Verbindlichkeiten von Haushalten und Unternehmen. Es ist der Weg in die Schuldenwirtschaft.

Die Altersvorsorge, die durch die demografischen Belastungen in den modernen Industriegesellschaften immer wichtiger wird, wird durch negative Zinsen erschwert. Der künftige Rentner muss mehr sparen, um das gleiche Ergebnis zu erreichen. Negative Zinsen sind daher keine Hilfe für die Konjunktur.

Sie sind im Gegenteil eine Bremse, weil immer mehr zurückgelegt werden muss und immer weniger für den Verbrauch zur Verfügung steht. Manch einer verzichtet ganz auf Altersvorsorge, was die Sache nicht besser macht.

Nun soll man nicht übertreiben: Kurzfristig kann eine Volkswirtschaft die Belastungen durch niedrige Zinsen aushalten. Wenn negative Zinsen jedoch zu einem Dauerzustand werden sollten, muss man die Gefahren beachten.

Dann werden sich die Wachstumskräfte sowohl von der Angebots- als auch von der Nachfrageseite verringern. Die Volkswirtschaft landet in der Stagnation. Es passiert genau das, was durch die negativen Zinsen verhindert werden sollte.

Und noch eines: Im Augenblick wird in Europa viel über die Gefahren von Wertpapierkäufen auf den Finanzmärkten diskutiert, insbesondere von Käufen von Staatsanleihen.

Negative Zinsen scheinen demgegenüber das kleinere Übel. Wenn ich mir die Argumente anschaue, bin ich mir da nicht mehr so sicher. Negative Zinsen können sich für Finanzmärkte und für die Gesellschaft am Ende sogar als schlimmer erweisen.

Für den Anleger

Zinssenkungen durch die Zentralbank werden in der Regel als positives Signal für die Konjunktur und die Märkte angesehen. Das gilt jedoch nur solange, wie die Zinsen sich noch im positiven Bereich befinden.

Längerfristig sollten sich Investoren darüber im Klaren sein, dass durch negative Zinsen Verzerrungen entstehen, die das Wachstum und die Ertragsaussichten verringern können.

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