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Hüfners Wochenkommentar Der Ölpreis und das Echoprinzip

Martin Hüfner, Chefvolkswirt von Assenagon Asset Management
Martin Hüfner, Chefvolkswirt von Assenagon Asset Management
Das Phänomen des Echos verbinden wir normalerweise mit dem Widerhall zum Beispiel eines Rufes in den Bergen. Man ruft und nach kurzer Zeit kehrt der Schall – etwas leiser – zurück. Wir können das Gesprochene noch einmal hören, obwohl wir gar nicht neu gesprochen haben. Das ist kein Zufall, sondern beruht auf physikalischen Gesetzmäßigkeiten.

Das gibt es freilich nicht nur in der Natur. Alle spekulieren derzeit darüber, wie es mit dem Ölpreis weitergehen könnte und wie sich das auf die Finanzmärkte auswirkt. Da ist vieles denkbar. Ich will hier der Diskussion keine neue These hinzufügen. Ich will aber zeigen, dass sich aus dem Echoprinzip gewisse Schlussfolgerungen ableiten lassen, die das Geschehen in der Zukunft beeinflussen. Diese sind, eben weil sie auf Gesetzmäßigkeiten beruhen, keine Spekulationen, sondern zwangsläufig zumindest sehr verlässlich.

Die eine betrifft die Inflation. Wenn sich der Ölpreis auf dem gegenwärtigen Niveau stabilisieren sollte, dann wird der Vorjahresabstand zwangsläufig von Monat zu Monat kleiner. Derzeit liegt er bei minus 50 Prozent. In einem Jahr wird er nur noch Null sein. Damit wird die gesamtwirtschaftliche Inflationsrate immer weniger von sinkenden Ölpreisen gedrückt. Sie wird stattdessen immer mehr von den Industrie- und Dienstleistungspreisen beeinflusst, die auch in der Vergangenheit gestiegen sind.

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Ohne dass zusätzlich etwas geschieht, wird die Geldentwertung also ansteigen (siehe Grafik oben). Derzeit liegt sie bei minus 0,2 Prozent, in einem Jahr werden es plus 0,7 Prozent sein. Niemand wird dann mehr von Deflation reden. Das hängt nicht mit irgendwelchen Annahmen zusammen, über die man diskutieren kann. Es kommt auch nicht von der Geldpolitik. Es ist ganz einfach ein mathematisch-statistischer Zusammenhang. Ein Echo eben.

Es kann nur dadurch verhindert werden, dass entweder die Ölpreise weiter zurückgehen. Dann tritt der beschriebene Effekt eben etwas später und auf niedrigerem Niveau ein. Oder es müsste passieren, dass die Industrie- und Dienstleistungspreise sinken. Das kann passieren, solange sich die Ölpreise durch den Produktionsprozess "durcharbeiten". Aber irgendwann ist auch damit Schluss. Dann steigen Industrie- und Dienstleistungspreise wieder und die gesamtwirtschaftliche Geldentwertung geht nach oben.
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