LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in MärkteLesedauer: 4 Minuten

Hüfners Wochenkommentar Die Bundrenditen sind nicht zu niedrig

Seite 2 / 2


Drittens: Wenn wir an die Japanisierung der deutschen und der europäischen Wirtschaft glauben, dann müssen wir die Konsequenzen auch für die Zinsen akzeptieren. In Japan liegt die Rendite für 10-jährige Staatsanleihen seit fast drei Jahren unter 1 Prozent, derzeit bei 0,5 Prozent. Gemessen daran erscheinen die deutschen Renditen noch relativ hoch. In der Schweiz sind die Renditen 10-jähriger Anleihen mit 0,45 Prozent sogar noch niedriger.

Viertens: Trotz der niedrigen Zinsen sind Anleger in Bonds in diesem Jahr keineswegs leer ausgegangen. Durch die Zinssenkung konnten sie vielmehr erhebliche Kursgewinne einstreichen. Der Rex, der die Performance von festverzinslichen Wertpapieren misst, ist im bisherigen Verlauf des Jahres um 5,5 Prozent gestiegen. Er hat sich damit erheblich besser entwickelt als der Dax.

Dabei ist noch zu bedenken, dass die Volatilität der Rentenanlagen wesentlich geringer ist als die von Aktieninvestments. Allerdings wird die Wahrscheinlichkeit von Kursgewinnen geringer, je niedriger die Renditen sind. Man sollte sich also nicht darauf verlassen, dass man mit Renten auch in Zukunft mehr als mit Aktien verdient. Ohne die Aussicht auf Kursgewinne sind Renditen von unter 1 Prozent gemessen an Aktien in der Tat mager.

Können die Zinsen vom gegenwärtigen Niveau aus noch weiter sinken? Natürlich. Dann kämen sie zwar nach den üblichen Kriterien in die Übertreibungszone. Aber aus der Erfahrung wissen wir, dass Märkte häufig nach der einen oder anderen Seite überschießen. Ich kann mir in jedem Fall auch bei Bundesanleihen Renditen wie in Japan oder der Schweiz vorstellen.

Können die Renditen vielleicht auch negativ werden? Die meisten verneinen das. Freilich ist der Zins für 2-jährige Papiere des Bundes derzeit bereits negativ (- 0,03 Prozent). Das heißt, die Investoren zahlen dem Staat etwas dafür, dass sie ihm Geld geben und seine Papiere erwerben. Theoretisch ist das auch für längere Laufzeiten denkbar. Dies insbesondere, wenn das Preisniveau sinkt, die Wirtschaft also in eine Deflation rutscht. Dann sind selbst bei negativen Nominalrenditen positive Realrenditen denkbar.

In der Praxis dürften negative Realrenditen freilich schwer zu erreichen sein. Sie erfordern erhebliches Umdenken auf der Seite der Investoren und – auf gesamtwirtschaftlicher Ebene – dauerhaft sinkende Preise.

Für den Anleger vier Schlussfolgerungen: Erstens, gewöhnen Sie sich daran, dass die Renditen von Bundesanleihen auch unter 1 Prozent bleiben können. Voraussetzung ist natürlich, dass die Preissteigerung so niedrig ist oder noch weiter sinkt und dass die Geldpolitik so locker bleibt.

Zweitens, spekulieren Sie nicht darauf, dass die Renditen schon bald wieder steigen müssen. Das kann ins Auge gehen. Schon als die Renditen 10-jähriger
Bundesanleihen bei 2 Prozent lagen, haben viele irrtümlich gedacht, sie könnten nicht weiter sinken.

Drittens: Vorsicht vor der Annahme, dass die Renditen unter "normalen Bedingungen" in der Größenordnung von 4 Prozent liegen müssen. Das ist kein Naturgesetz, sondern gilt nur, wenn die Preise wie bisher um 2 Prozent oder mehr zunehmen.

Viertens schließlich: Die Altersvorsorge ist bei so niedrigen Renditen nicht schwerer als vorher. Die Zinsen auf die Ersparnis sind zwar geringer, man braucht im Alter aber auch weniger Geld, weil die Preise niedriger sind. Generell: Hüten Sie sich auch auf den Finanzmärkten vor der Geldillusion. Auch bei der Beurteilung von Renditen muss man die Preisentwicklung in Rechnung stellen.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion