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Hüfners Wochenkommentar Die deutsche Art der säkularen Stagnation

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Natürlich ist das niedrige Wachstum nicht schön. Es gibt nur geringe Zuwachsraten bei den Einkommen. Bei internationalen Vergleichen fällt Deutschland zurück. Es kommt sehr viel schneller auch zu negativen Wachstumsraten. Andererseits ist die Gefahr der Geldentwertung in einer solchen Welt nicht so groß. Die Zinsen bleiben niedrig, zur Freude der Kreditnehmer, zum Leid der Anleger.

Es ist bemerkenswert, dass die Stimmung der Deutschen trotz des niedrigen Wachstums derzeit so gut wie schon lange nicht mehr ist. Keiner beklagt sich. Nach Befragungen des Marktforschungsinstituts Infratest finden 79 Prozent der Deutschen die wirtschaftliche Lage des Landes gut bis sehr gut.

Vielleicht kann man mit einer säkularen Stagnation dieser Art leben (vor allem wenn man dann auch noch Fußballweltmeister wird)? Den Menschen ist anderes offenbar wichtiger als das Bruttoinlandsprodukt. Ich finde das ist kein schlechtes Zeichen.

Drittens beruht die Wachstumsschwäche nicht wie in den USA auf mangelnder Nachfrage. Die Investitionen (zusammen mit dem Außenbeitrag) fallen nicht hinter die Ersparnis zurück. Die Arbeitslosigkeit ist nicht zu hoch. Die Kapazitäten der Unternehmen sind gut ausgelastet. Die Gründe für das niedrige Wachstum liegen primär auf der Angebotsseite.

Also beim Mangel an Facharbeitern, der hohen Verschuldung des Staates und der Unternehmen, den hohen Energiepreisen, den wirtschaftlichen und politischen Risiken auf den globalen Märkten, einer immer mehr diskretionären und immer weniger marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftspolitik und vielem anderen mehr.

Viertens kann man und sollte man die Probleme daher nicht mit den traditionellen Mitteln einer expansiven Geld- und Finanzpolitik bekämpfen wie das Summers vorschlägt. Aus deutscher Sicht ist eine weitere Lockerung durch die Europäische Zentralbank gänzlich abwegig (durch die Brille mancher südeuropäischer Länder gesehen sieht das anders aus).

Was man machen müsste, wäre die grundlegenden Wachstumsbedingungen der Volkswirtschaft zu verbessern, sie zumindest nicht weiter zu verschlechtern (etwa durch die Rente mit 63 oder den Mindestlohn). Freilich muss man sich darüber im Klaren sein, dass man dadurch keine spektakulären Resultate erzielt. Das Wachstum ginge langfristig bestenfalls um ein oder zwei Zehntelprozentpunkte nach oben.

Für die Anleger


Niedriges Wachstum ist auch für Anleger nicht unbedingt ein Beinbruch. Zwar verdienen die Unternehmen dann nicht mehr so viel. Aber ein großer Teil der Gewinne wird heute ohnehin im Ausland erzielt. Die inländischen Wachstumsbedingungen sind dafür nicht mehr so relevant. Im Übrigen lehrt die Erfahrung der letzten Jahre, dass die Aktien mehr von den niedrigen Zinsen profitieren (die andere Anlagen unattraktiv machen).


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