Hüfners Wochenkommentar „Transatlantische Wachstumsdifferenz setzt sich fort“
Was bei allen Klagen über die schlechte Konjunktur häufig übersehen wird: Die Weltwirtschaft ist nicht nur generell schwächer. Die Volkswirtschaften rund um den Globus entwickeln sich auch in höchst unterschiedlicher Weise.
Hervorstechend ist die Divergenz diesseits und jenseits des Atlantiks. In den USA ist das Wachstum mit 2,1 Prozent inzwischen wesentlich höher als im Euroraum (1,1 Prozent) und in Deutschland (0,5 Prozent). Aus dem transatlantischen Graben, den es auch früher immer mal gab, ist richtiggehend ein Loch geworden. Es erinnert in fataler Weise an Krisenzeiten der Vergangenheit, in denen Europa und Deutschland besonders schwach waren.
Transatlantischer Graben
In den 80er Jahren beispielsweise gab es die Diskussion über den „défi américain“ (Jean-Jacques Servan-Schreiber). In den 90er Jahren fiel Deutschland nach der Wiedervereinigung zurück. In den 2000er Jahren sprach man von Deutschland als dem „kranken Mann Europas“. Jetzt sind der Euroraum und vor allem Deutschland erneut „müde Krieger“ geworden. In allen früheren Fällen lösten solche Krisen wirtschaftspolitische Korrekturmaßnahmen aus. Sie dauerten allerdings auch länger. Diesmal ist von Reaktionen bisher jedenfalls nichts zu sehen.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Entstanden ist das transatlantische Loch im vorigen Jahr. 2017 war noch alles in Ordnung. Sowohl die USA als auch der Euroraum und Deutschland lagen beim Wachstum noch etwa gleich auf. Dann plötzlich aber schoss die Wachstumsrate in den USA regelrecht nach oben. Der Euroraum und noch stärker Deutschland fielen zurück (siehe Grafik).
»In allen früheren Fällen lösten solche Krisen
wirtschaftspolitische Korrekturmaßnahmen aus.«
In diesem Jahr setzt sich das Muster fort. Jetzt werden zwar auch in Amerika zyklische Schwächezeichen erkennbar. An sich müsste sich dadurch die transatlantische Differenz verringern. In Europa und insbesondere in Deutschland geht es aber noch stärker nach unten. Die Folge ist, dass sich der Abstand doch noch einmal ausweitet.
Nach den vorliegenden Prognosen dürfte sich die Situation erst im kommenden Jahr entspannen. Die Konjunktur sollte in Deutschland und Europa wieder an Fahrt gewinnen. In den USA geht das Wachstum dagegen etwas herunter. Das sind allerdings nur Hoffnungswerte. Jeder weiß, dass Prognostiker die Zukunft häufig gerne etwas rosiger malen.