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Hüfners Wochenkommentar „Transatlantische Wachstumsdifferenz setzt sich fort“

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Aggressive Handelspolitik

Was ist der Grund für die unterschiedliche Entwicklung diesseits und jenseits des Atlantiks? Oft wird hier die aggressive Handelspolitik des amerikanischen Präsidenten genannt. Er belegt die Handelspartner mit Restriktionen, um dadurch der eigenen Wirtschaft zu helfen und den anderen zu schaden. Tatsächlich spielt dieser Faktor für die Wachstumsdifferenz bisher aber eher eine untergeordnete Rolle. Der Protektionismus schadet allen, nicht nur den betroffenen Handelspartnern, sondern auch den Amerikanern selbst.

Martin Hüfner, Assenagon Asset Management

Entscheidend ist etwas anderes. Es ist die Finanzpolitik. Ende 2017 gab es eine große Steuersenkung der Amerikaner und dazu noch starke Ausgabensteigerungen. Das öffentliche Defizit stieg um über 100 Milliarden US-Dollar. Das galt am Anfang als höchst unseriös. Es würde die Inflation anheizen, die Zinsen nach oben treiben und das Vertrauen in die öffentlichen Finanzen untergraben. Keine der Befürchtungen ist aber eingetreten. Die amerikanische Wirtschaft erhielt vielmehr einen deutlichen Wachstumsschub. Es gab neue Arbeitsplätze. Im Nachhinein muss man Trump – allerdings nur in dieser Hinsicht – Abbitte leisten.

Statt Trump zu kritisieren hätten die Europäer besser daran getan, die Herausforderung anzunehmen und ebenfalls die Steuern zu senken. Das wäre aus heutiger Sicht die bessere Alternative gewesen. Ein konjunkturelles Problem, wie wir es jetzt haben, hätte es dann nicht gegeben. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen hätte sich verbessert. Natürlich wären die Probleme der deutschen Automobilindustrie dadurch nicht verschwunden. Aber vielleicht müssten die Unternehmen bei der Elektromobilität dann nicht so stark um Subventionen in Berlin betteln. Sie könnten mehr aus eigenen Gewinnen finanzieren.

Politisches Standing

Auch das Selbstbewusstsein der Europäer wäre gestiegen. Sie müssten sich nicht nur wortreich auf die gemeinsamen Werte berufen (was sie natürlich mit vollem Recht tun). Sie könnten darüber hinaus auch auf handfeste wirtschaftliche Erfolge verweisen. Ihr politisches Standing nicht zuletzt in den Augen von Trump wäre gewachsen. Sie hätten Handlungsfähigkeit gezeigt.

Stattdessen hecheln sie jetzt hinter den Amerikanern her. Deutschland kann sich nicht zu einer Steuersenkung aufraffen. Den Konflikt mit Italien über die Fiskalpolitik, der so viel Zeit in Anspruch genommen hat, hätte es nicht gegeben. Österreich gehört zu den wenigen in Europa, die gezeigt haben, wie hilfreich Steuersenkungen für das Wachstum sind.

Aus dem müden Krieger wäre ein wettbewerbsfähiger Global Player geworden. Der Preis wäre allerdings gewesen, dass das öffentliche Defizit und die Staatsverschuldung nicht so stark zurückgegangen wären.

Für den Anleger

Die transatlantische Wachstumsdifferenz hat sich am Kapitalmarkt vor allem darin gezeigt, dass die US-Aktien in den letzten eineinhalb Jahren stärker gestiegen sind als die europäischen. Das wird sich, so wie es derzeit aussieht, fortsetzen. An sich müsste sich auch die Zinsdifferenz zu den USA ausweiten. Sie ist inzwischen aber schon sehr groß.

Zudem hat der Bondmarkt zuletzt vollkommen verrückt gespielt. Anleger sollten sich daher vorerst einmal zurückhalten. Der US-Dollar hat sich als Folge der Wachstumsdifferenz befestigt. Er befindet sich bei einem Niveau von 1,10 bis 1,15 US-Dollar je Euro in einem labilen Gleichgewicht. Es gibt genauso viel Argumente für einen stärkeren wie einen schwächeren US-Dollar. 

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