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Hüfners Wochenkommentar Die Zukunft der „Goldilocks“-Konjunktur

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Erstens: Der Zyklus. Der Aufschwung dauert zwar schon eine geraume Zeit. Nichts deutet aber darauf hin, dass er bald zu Ende gehen würde. Schauen Sie sich die Grafik an mit dem Auf und Ab der Konjunktur seit 1980. Da sehen Sie, dass die derzeitige Erholung keineswegs länger dauert als in früheren Zyklen. Zudem sind die Wachstumsraten so gering, dass noch keinerlei Überhitzung festzustellen ist.

Zweitens: Die Weltwirtschaft ist so breit fundiert wie selten. In der Vergangenheit fuhr sie häufig nur auf einem Zylinder. Entweder waren es die Industrieländer, die die anderen mit nach oben zogen, oder es war die Dritte Welt, die die entwickelten Staaten mittrug. Jetzt fährt die Weltwirtschaft ausgewogen und stabil auf zwei Zylindern. Sowohl in den Industrieländern als auch in den Emerging Markets geht es nach oben. Es gibt nur wenige Regionen, die vom Aufschwung nicht erfasst werden (unter anderem die Türkei, Südafrika, allerdings auch China). Das wird sich 2018 fortsetzen. Sogar in Japan, dem traditionellen Sorgenkind der Weltwirtschaft, hellt sich die Lage auf. In einem solchen Umfeld müsste der Welthandel trotz aller protektionistischen Gefahren anziehen. Das ist eine gute Absicherung gegen eine neue Rezession.

Drittens: In Europa gibt es zwar immer noch erhebliche Probleme. Aber nach Spanien und Irland scheint jetzt auch in Frankreich der Knoten geplatzt zu sein. Schon vor der Präsidentschaftswahl zeigten die Frühindikatoren eine deutliche Besserung. Die Arbeitslosigkeit ist im ersten Quartal unter 10 % gefallen. Wenn der neue Präsident keine großen Fehler macht, müsste sich die Konjunktur im kommenden Jahr dynamisch entwickeln. Frankreich könnte wieder zu den Top-Performern in Europa aufschließen. Das ist nicht nur für die Grande Nation von Bedeutung. Es hilft auch der gesamten EU, denn Frankreich ist nun einmal die zweitgrößte Volkswirtschaft der Gemeinschaft. Für Deutschland als den wichtigsten Handelspartner Frankreichs ist dies natürlich eine besonders gute Nachricht.

Viertens: Die bessere Konjunktur der letzten Quartale hat neue Spielräume für die Finanzpolitik geschaffen. Nicht nur in den USA und in einer Reihe von Ländern in Europa wird über zusätzliche Ausgaben und Steuersenkungen nachgedacht. Selbst in Deutschland wird es unter dem Druck der bevorstehenden Bundestagswahlen und der sprudelnden Steuereinnahmen Steuersenkungen geben. Das ist zwar unter konjunkturpolitischen Gesichtspunkten falsch (Steuern sollten nicht gesenkt werden, wenn die Wirtschaft ohnehin schon an der Kapazitätsgrenze produziert). Es wird aber kommen und den privaten Verbrauch stärken. Es wird manche negativen Effekte aus sonstigen Entwicklungen kompensieren.

Fünftens: Und schließlich: Die monetären Bedingungen sind nach wie vor extrem wachstumsfreundlich. Die USA sind derzeit die einzige Volkswirtschaft, wo die Zentralbank beginnt, den Fuß vom Gas zu nehmen. Aber auch dort geht die Fed sehr vorsichtig vor. In allen anderen Regionen werden die Liquidität hoch und die Zinsen niedrig bleiben. Schweden hat zur Überraschung vieler gerade sein Anleihekaufprogramm noch einmal verlängert. Die Europäische Zentralbank wird nach den derzeitigen Plänen noch bis 2019 Nullzinsen haben (und Negativzinsen für die Einlagenfazilität).

Fazit: Natürlich soll man nie zu sicher sein. Derzeit ist ein Ende der "Goldilocks"-Konjunktur aber noch nicht erkennbar. Es geht zwar nicht dramatisch nach oben. Das Wachstum wird moderat bleiben. Dafür gibt es aber keine Überhitzung, wie sie als Folge der Trumpschen Reflationspolitik ursprünglich zu befürchten war.

Für den Anleger

Das sind gute Bedingungen für die weitere Entwicklung der Börsen. Zwar sind die Aktienkurse bereits auf einem historisch hohen bis sehr hohen Niveau. Ein Rücksetzer ist fundamental überfällig. Wenn aber die Wirtschaft weiter expandiert, steigen auch die Gewinne der Unternehmen. Damit wachsen die Börsen in die höhere Bewertung hinein. An den Rentenmärkten dürfte die Zinsstruktur steiler werden. Am langen Ende der Laufzeiten sind Kursverluste zu befürchten. Aber auch sie werden nicht so groß sein und nicht so abrupt kommen, dass sie die Entwicklung gefährden können.

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