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Hüfners Wochenkommentar „Flüchtlinge wirken wie ein Konjunkturprogramm“

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Viertens: Das Wirtschaftswachstum wird in Zukunft weniger exportlastig sein und mehr konsumgetrieben. Das ist kein Fehler. Deutschland wird für seine Leistungsbilanzüberschüsse international häufig kritisiert. Es könnte auch sein, dass die Investitionen steigen, wenn es mehr Nachfrage auf den Märkten gibt.

Fünftens - und ganz wichtig: Durch den Flüchtlingszustrom könnte auch die Reformbereitschaft zunehmen. Bundeskanzlerin Merkel sprach von einer „nationalen Herausforderung“. Sie rief dazu auf, die Kultur der Gründlichkeit zu ergänzen durch eine Kultur der Flexibilität. Vielleicht war das nur so dahingesprochen und ist bald wieder vergessen. Es könnte aber auch sein, dass da mehr dahinter steckt. Ähnlich wie die Kanzlerin nach dem Atomunglück im japanischen Fukushima die Energiewende in Deutschland einleitete, könnte es auch sein, dass sie mit diesen Worten jetzt wieder etwas in Gang setzt. Manche Unternehmen denken schon in dieser Richtung. Das würde die Wirtschaft dynamischer machen.

Sechstens: Bevölkerungswanderungen haben immer zwei Effekte. Wer Menschen abgibt, verliert Potenzial, wer Menschen aufnimmt, gewinnt Potenzial. Auf Dauer liegt es daher nicht im Interesse der Länder in Afrika oder im Nahen Osten, dass so viele Menschen weggehen. Auch innerhalb Europas ergibt sich eine Umverteilung. Länder, die weniger Menschen aufnehmen, ma-chen es sich heute leichter, verzichten langfristig aber auf Wachstumschancen (zum Beispiel Frankreich oder Großbritannien).

Für den Anleger Kurzfristig führt der Flüchtlingszustrom zu Unruhe und Unsicherheit. Viele sorgen sich, wie die Integration der Menschen zu organisieren ist und ob sie auch wirklich gelingen kann. Wenn die Einwanderung anhält, stellt sich die Frage, ob die Integrationsfähigkeit der Gesellschaft nicht irgendwann überfordert ist. Zunächst jedoch überwiegen für die Wirtschaft und die Kapitalmärkte die positiven Wirkungen. Die Konjunktur in Europa wird vermutlich besser, als unter den schlechteren weltwirtschaftlichen Bedingungen zu erwarten ist. Für Stockpicker kommen ganz neue Unternehmen auf das Radar, nämlich die, die sich auf die neue Situation einstellen und von der zusätzlichen Nachfrage auf den Märkten profitieren. Ein Sektor, der besser dasteht, ist zum Beispiel die Bauwirtschaft.

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