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Hüfners Wochenkommentar Juristen haben nicht immer recht

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Drittens beruht die niedrige Preissteigerung zu einem großen Teil auf dem Verfall der Ölpreise. Öl ist nun einmal eine wichtige Determinante der Inflation. Über 10 Prozent des Warenkorbes, mit dem die Preissteigerung ermittelt wird, entfällt auf Haushaltsenergie und Kraftstoffe. Alle großen Schwankungen des Preisniveaus in den letzten Jahren waren durch die Bewegungen des Ölpreises, nicht durch die Inlandsnachfrage bedingt. Siehe dazu die Grafik für die Jahre seit 2000.

Die Ölpreise kann die Zentralbank aber nicht beeinflussen. Sie muss sie als Datum hinnehmen. Im Übrigen werden die Ölpreise nicht ewig weiter zurückgehen. Saudi-Arabien hat zu erkennen gegeben, dass es nicht an einem Ölpreis unter 60 Dollar je Barrel interessiert ist. Da sind wir nicht mehr weit davon entfernt.

Viertens wird die Statistik zur Messung der Inflation immer besser. Lange Zeit hatte man geglaubt, dass die amtlichen Zahlen zur Preisentwicklung die tatsächliche Preissteigerung überschätzen, weil sie die Qualitätsveränderung bei den Produkten nicht ausreichend erfasst. Wenn die Geldentwertung mit 2 Prozent gemessen wird, ist sie, so dachte man, in Wahrheit Null. Das Argument gilt inzwischen aber immer weniger. Durch die Einführung der hedonischen Preiserfassung ist die Statistik inzwischen recht genau. Da steigen die Preise bei einer Inflationsrate von 2 Prozent tatsächlich um nicht viel weniger als 2 Prozent. Eigentlich müsste man das Maastricht-Ziel jetzt auf Null reduzieren.

Meine Schlussfolgerung: Die EZB sollte sich durch die niedrige Preissteigerung nicht zu neuen Maßnahmen drängen lassen. Sie hat alles getan, was in ihrer Macht steht, um die Inflation nicht zu stark sinken zu lassen. Jetzt ist der Eimer der Geldpolitik leer. Was man in dieser Situation nur vermeiden muss ist, dass das Rad zurückgedreht wird. Vor allem muss sie verhindern, dass die Bilanzsumme des Eurosystems bei Rückzahlung der LTRO-Kredite zurückgeht. Dazu reichen aber die bisherigen Instrumente aus. Eventuell sollte man überlegen, die negativen Einlagenzinsen wieder abzuschaffen. Sie erschweren die Liquiditätshaltung der Banken und verringern die Bilanzsumme des Eurosystems.

Für den Anleger ist dieser Ratschlag keine gute Botschaft. Die Aktien- und Rentenmärkte waren bisher die Hauptprofiteure der ultralockeren Geldpolitik. Wenn die EZB weitere Maßnahmen beschließen sollte, dann würde sich das dort noch einmal positiv auswirken. Andererseits müssen auch die Anleger begreifen, dass das nur eine kurzfristige Therapie sein kann. Auf Dauer sind nur solche Vermögensgüterpreise tragfähig, die auf realen Entwicklungen beruhen.

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