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Hüfners Wochenkommentar Risiko „Frexit“: Wenn Frankreich aus dem Euro austräte...

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Orientierungspunkte fehlen

Die europäischen Institutionen einschließlich Zentralbank und Banken- und Wertpapieraufsicht würden obsolet. Damit fehlen den Kapitalmärkten wichtige Orientierungspunkte. Wie würden die neuen Regulierungen aussehen? Wird es gemeinsame Regeln geben oder kocht jeder seine eigene Suppe? Was geschieht mit grenzüberschreitenden Finanzgruppen? Die alten nationalen Zentralbanken und Bankenaufsichtsbehörden kann man nicht einfach revitalisieren. Sie haben in den letzten 20 Jahren viel Know-how verloren.

Größter Verlierer wäre Frankreich. Es müsste sicher höhere Zahlungen leisten, als derzeit für Großbritannien im Gespräch sind (60 Milliarden Euro). Denn es war länger in der Union. Es war auch Mitglied des Euros. Allein aus den aufgelaufenen Targetsalden ergibt sich eine Verbindlichkeit Frankreichs von 24 Milliarden Euro.

Währung würde abwerten

Die neue Währung Frankreichs würde sich erheblich abwerten. Das Britische Pfund ist im vorigen Sommer um 15 Prozent schwächer geworden. Im Falle Frankreichs dürfte es mehr werden. Das hilft zwar kurzfristig der Wettbewerbsfähigkeit. Es würde aber auch die Inflation und Zinsen nach oben treiben.

Es ist auch zu erwarten, dass die Last der Staatsschulden (derzeit 2,2 Billionen Euro) steigen würde, weil sie zumindest zum Teil in Euro bedient werden müsste. Eine Insolvenz des Staates oder einer seiner Institutionen ist nicht auszuschließen. Das Rating Frankreichs (AA beziehungsweise Aa2) würde sich verschlechtern, was den Schuldendienst weiter verteuert.

Deutschland müsste abschreiben

Auch die Partner Frankreichs in der EU würden verlieren. Deutschland müsste wohl seine Forderungen im Targetsystem zum größten Teil abschreiben (über 800 Milliarden Euro). Ob die sonstigen Kredite innerhalb der Gemeinschaft ordentlich bedient würden, ist fraglich.

Die Währung eines DM-Blocks würde drastisch aufgewertet. Das würde die Exportwirtschaft belasten und zu einer Rezession führen. Das ist besonders schmerzlich, weil es dann an handlungsfähigen Institutionen fehlt, die Gegenmaßnahmen ergreifen könnten. Die neue Währung würde auf den Devisenmärkten zum Spielball der internationalen Spekulation.

Last but not least ist die europäische Friedensordnung in Frage gestellt. Wir stünden wieder da, wo wir vor sechzig Jahren angefangen haben. Die Partner Europas (auch die USA) würden die Schwäche der Europäer nutzen. Dass es auch zwischen den bisherigen Mitgliedern der EU zu größeren Auseinandersetzungen kommen könnte, ist nicht auszuschließen.

Wichtig für den Anleger

Gut, dass es dazu – hoffentlich – nicht kommt. Auf den europäischen Finanzmärkten wäre sonst mit Chaos zu rechnen. Keiner wüsste mehr, an was er sich halten kann. Auch der deutsche Markt wäre kein sicherer Hafen mehr. Zwar gäbe es hier Aufwertungsgewinne. Andererseits gäbe es eine Rezession und auf Jahre hinaus die Perspektive hoher Unsicherheit.

Die Aktienkurse an den europäischen Börsen gingen in den Keller. An den Rentenmärkten gingen die Bonitätsrisiken nach oben. Es fehlte eine Institution, die den Anlegern Halt geben könnte. Last but not least würde Europa auch seinen Appeal für internationales Kapital verlieren.

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