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Hüfners Wochenkommentar "Sind Aktien immun gegenüber der Geopolitik?"

Martin Hüfner ist Chefvolkswirt vom Assenagon Asset Management
Martin Hüfner ist Chefvolkswirt vom Assenagon Asset Management
Die geringe Reaktion der Aktienkurse auf die zunehmenden geopolitischen Risiken gibt ein falsches Signal. Die weltpolitischen Veränderungen bewirken eine Rückbildung der Globalisierung und verringern das Wachstum der Weltwirtschaft. Das wird sich auf Dauer auch an den Börsen niederschlagen. Es wird derzeit aber noch von anderen Faktoren verdeckt.

Was mich schon lange umtreibt: Überall in der Welt wird geschossen und es gibt Konflikte, die kaum unterhalb der Schwelle eines Krieges sind. Da müsste man doch annehmen, dass sich die Anleger an den Kapitalmärkten mit Investments zurückhalten.

Die Aktienkurse müssten fallen. Was aber passiert, ist genau das Gegenteil. Die Hausse an den Börsen hat sich zwar verlangsamt, die Kurse brechen aber nicht ein. Irgendetwas passt da nicht zusammen.

Zunächst zu den Fakten. Die Angst der Anleger vor geopolitischen Risiken ist nicht ganz leicht zu messen. Es liegt nahe, dazu die Entwicklung der Aktienkurse heranzuziehen. Das führt jedoch leicht zu Fehleinschätzungen, weil die Kurse von vielen, ganz unterschiedlichen Faktoren beeinflusst werden.

Volatilität als Angstbarometer

Ein besserer Indikator sind die Schwankungen der Aktienkurse, also die Volatilität. Wenn sie gering ist, sind die Anleger ruhig und entspannt. Wenn sie hoch ist, zeigt das, dass sie nervös sind und Angst haben. Volatilitätsindizes werden daher oft auch als Angstbarometer bezeichnet.

Der bekannteste solche Index ist der VIX. Er misst die Volatilität der Kurse beim amerikanischen S&P-Index. In der Grafik habe ich seine Entwicklung in den letzten 25 Jahren dargestellt. Das Bild spiegelt die Krisen in dieser Zeit wider.

Es begann 1990 mit den Unruhen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Das war relativ harmlos. Zehn Jahre später dann die Asienkrise, die Zahlungsunfähigkeit Russlands, die Attentate vom 11. September in New York und der dritte Golfkrieg.

Der VIX ging steil nach oben. 2008 kam die große Finanzkrise und anschließend die Eurokrise. Der Index schlug noch stärker aus. Gemessen daran könnte man den Eindruck haben, als lebten wir heute in der besten aller Welten.

Der Index ist so niedrig wie in den schönsten Friedenszeiten. Er ist zwar in den letzten vier Wochen etwas gestiegen, liegt  aber noch weit unter den früheren Krisenniveaus. Das kann nicht richtig sein.

Die gemessene Angst

Volatilität S&P 500 (VIX)

Quelle: Bloomberg
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