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Hüfners Wochenkommentar Trendwende oder Chimäre?

Martin Hüfner, Chefvolkswirt von Assenagon Asset Management
Martin Hüfner, Chefvolkswirt von Assenagon Asset Management
Jeder weiß, dass der Staat seine Schulden nicht zurückzahlt. Wenn die Kredite an die öffentliche Hand ein bestimmtes Niveau erreicht haben, dann verharren sie entweder auf dem erreichten Stand oder steigen weiter an. Verringern tun sie sich nach aller Lebenserfahrung nicht.

So lautet die allgemeine Meinung. So ganz richtig ist sie freilich nicht. Es ist vielmehr eine der typischen Geldfallen, die plausibel erscheinen, in Wirklichkeit aber so nicht richtig sind. Ich habe in meinem neuen Buch viele andere solcher Geldfallen beschrieben.

Richtig ist: Die einzelnen Schuldtitel – etwa Anleihen – werden unter normalen Bedingungen hinsichtlich Zins und Tilgungen jeweils ordentlich bedient. Der Staat nimmt dafür dann neue Kredite auf. Nur bei einem Staatsbankrott ist das nicht der Fall. Der kommt freilich öfter vor als man denkt.

Auch die Schuldenquote ist schon häufiger zurückgekommen. Die Schuldenquote ist die Relation der öffentlichen Schulden gemessen am Bruttoinlandsprodukt. Die USA beispielsweise hatten nach dem Zweiten Weltkrieg einen Schuldenstand von 120 Prozent des BIP. 40 Jahre später betrug er nur noch 30 Prozent. In Großbritannien sind die Schulden gemessen am BIP in dieser Zeit ebenfalls deutlich herunter gekommen.

Das lag freilich weniger an einer sparsamen Haushaltspolitik. Entscheidend waren vielmehr, dass das Sozialprodukt kräftig zunahm, dass die Inflationsrate relativ hoch war und dass die Zinsen durch staatliche Eingriffe gedeckelt worden waren. Das waren alles Bedingungen, die heute nicht mehr so gelten.

Umso mehr war ich überrascht zu sehen, wie sich die Schuldenquote in den letzten Jahren in Deutschland verringert hat (siehe Grafik). Die gesamten Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand waren in der Finanzkrise 2008 bis 2010 von 65 Prozent auf über 80 Prozent des BIP hochgeschnellt. Seitdem aber geht die Quote zurück. Nach den Schätzungen des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung wird sie in diesem Jahr nur noch 74,1 Prozent betragen, im nächsten Jahr nur noch 72 Prozent. Das ist ein deutlicher Schritt in Richtung auf das 60 Prozent-Kriterium des Maastricht-Vertrages, das viele in den letzten Jahren als nie mehr erreichbar ansahen.


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