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Aktualisiert am 04.10.2016 - 18:04 Uhrin MärkteLesedauer: 7 Minuten

Hüfners Wochenkommentar Was wäre wenn der Ölpreis dauerhaft so niedrig bliebe?

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Aber nicht nur der Nahe Osten hat gewonnen. Der Ölpreisanstieg hat auch vielen Schwellen- und Entwicklungsländern geholfen. Ohne den höheren Ölpreis wären Brasilien, Nigeria oder Mexiko, von Venezuela ganz zu schweigen, noch viel weiter zurück in der wirtschaftlichen Entwicklung. Die Armut in der Welt wäre größer. Russland hätte seine Expansionspläne nicht verwirklichen können und wäre eine Regionalmacht geblieben.

Noch ein ganz anderer Aspekt: Die Umwelt- und Nachhaltigkeitsdebatte wäre ohne die Ölpreissteigerung nicht oder sehr viel später in Gang gekommen. Wer dachte zu Zeiten des niedrigen Ölpreises schon ans Energiesparen? Das Klima wäre noch stärker verpestet worden, bevor entsprechende Sparmaßnahmen ergriffen worden wären. Die grünen Parteien hätten erst sehr viel später Bedeutung erlangt.



Mit all dem wäre es vorbei, wenn der Ölpreis auf dem jetzigen Niveau bleiben würde. Die Welt müsste sich wieder an die alten Preisverhältnisse anpassen. Das ist in marktwirtschaftlichen Systemen möglich. Aber es ist mit Kosten verbunden und bringt am Ende vielleicht Lösungen zustande, an die vorher niemand gedacht hatte. Sicher erscheint mir erstens, dass es eine größere Konjunkturschwäche geben würde, vielleicht eine Weltrezession. Bei so niedrigen Ölpreisen können die positiven Effekte niedrigerer Ölpreise in den Verbraucherländern die negativen Wirkungen auf die Ölförderländer in aller Welt nicht mehr ausbalancieren.



Zweitens kommen die Kapitalmärkte in erhebliche Probleme, wenn von den bisherigen Überschussländern keine Zuflüsse mehr kommen, sondern es Abflüsse gibt. Kasachstan will, wie die Financial Times am Wochenende berichtete, angeblich seinen Staatsfonds schließen. Saudi Arabien denkt daran, den Ölkonzern Aramco (der vor der ersten Ölkrise 1973 privat war) jetzt wieder zu privatisieren.

Es kann auch zu überraschenden politischen Konstellationen kommen. Regierungen auch in dieser Region sind oft kreativ. Warum etwa könnte Saudi Arabien sich nicht in höchster Not mit dem Erzfeind Iran zusammentun und den Ölmarkt stabilisieren? Dann würde der Ölpreis mit einem Mal wieder stark ansteigen und das ganze Problem wäre gelöst.

Für den Anleger


Die Auswirkungen des niedrigeren Ölpreises sind angesichts der Größenordnung, die inzwischen erreicht ist, auch in Europa nicht mehr unbedingt positiv zu sehen. Es gibt zwar Branchen und Unternehmen, die profitieren (Konsum, Autos, Luftfahrt oder Chemie). Die Gefahr, dass der Kapitalmarkt insgesamt aber einen Schlag bekommt, ist gewachsen. Wenn dann noch eine Rezession hinzukommen sollte, dann würde es schwierig.

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