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Aktualisiert am 20.04.2016 - 17:04 Uhrin RegulierungLesedauer: 4 Minuten

Hüfners Wochenkommentar Wird das Schengen-Abkommen zur Gefahr für den Euro?

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Das ist aber noch nicht alles. Bei genauerem Nachdenken kommen einem Zweifel.

Drei Punkte sind zu bedenken:

Erstens muss man das europäische Projekt immer als Ganzes sehen. Wenn es Probleme an einer Stelle gibt, wirken sie sich unmittelbar auch auf andere Bereiche aus. Dies gilt insbesondere, wenn es um so etwas Wichtiges wie Schengen geht.

Griechenland beispielsweise ist durch die vorübergehende Schließung der Grenzen an der Balkanroute in Schwierigkeiten gekommen. Es braucht finanzielle und materielle Unterstützung bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme. Gleichzeitig muss es die Reformen erfüllen, die die Gläubigerländer verlangen. Beides lässt sich nicht voneinander trennen. In Italien könnte es demnächst zu ähnlichen Zielkonflikten kommen. Wie die Lösung aussieht, kann man sich leicht vorstellen. Die Disziplin in der Währungsunion wird als Preis für die Hilfe bei den Flüchtlingen nicht verschärft, sondern gelockert. Das ist nicht gut für den Euro. Das ist es, was wir gerade nicht haben wollten.

Zweitens:


Die Außerkraftsetzung von Schengen hat sich bisher glücklicherweise noch nicht auf die Arbeitsmobilität in der Gemeinschaft ausgewirkt. Wenn der Flüchtlingszustrom anhält, kann das aber nicht ausgeschlossen werden. Nun funktioniert eine Währungsunion wie jede Marktwirtschaft zwar auch ohne regionale Mobilität der Arbeitskräfte. In der Praxis weiß aber jeder, dass vieles einfacher und effizienter ist, wenn Ungleichgewichte zwischen einzelnen Regionen durch Wanderungen von Arbeitskräften ausgeglichen werden. Das beste Beispiel dafür sind die Vereinigten Staaten, die in den letzten Jahrzehnten enorm von der relativ hohen Mobilität der Arbeitskräfte im Land profitiert haben.

Im Euro stellt sich das Problem in besonderer Weise. Die Geldpolitik richtet sich mit ihren Aktionen zwar an alle Unternehmen, Banken und Haushalte in der Union in gleichem Maße. Ihre Wirkungen in einzelnen Regionen sind jedoch unterschiedlich. Bei gleicher Nullzinspolitik der EZB sind beispielsweise die Zinsen in Spanien oder Italien derzeit wesentlich höher als in Deutschland. Das liegt zum Teil an der unterschiedlichen Inflation, zum Teil aber auch an den verschiedenen Risiken. Es würde vieles erleichtern, wenn in solchen Fällen etwaige Differenzen bei Wachstum und Beschäftigung durch Arbeitsmobilität abgebaut oder zumindest vermindert werden können. In jedem Fall sollte man alles tun, um die Arbeitsmobilität (die in Europa ohnehin nicht so groß ist) nicht noch zusätzlich erschweren. Weniger Arbeitsmobilität wäre zwar nicht das Aus für die Währungsunion. Es macht alles aber noch schwerer.

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