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Huk-Coburg: Kunden müssen für Werkstattunfälle mitzahlen

Für positive Schlagzeilen sorgte die Huk-Coburg 2024 wahrlich nicht. Im Frühjahr wurde bekannt, dass die Schadenbearbeitung auch wegen fehlender Mitarbeiter hunderttausende Fälle im Rückstand ist und Kunden teilweise monatelang auf eine Rückmeldung warten mussten.
Schon im letztjährigen Jahreswechselgeschäft verlor der Marktführer auch wegen des wiederholten Drehens an der Preisschraube rund 100.000 seiner 14 Millionen Kunden. Was diesbezüglich in der gerade abgelaufenen Wechselsaison passierte, ist bisher noch nicht ans Licht der Öffentlichkeit gedrungen. Dafür aber jetzt eine Geschichte, die der der Südwestrundfunk (SWR) recherchiert hat und die dem öffentlichen Bild des oberfränkischen Versicherers weiteren Schaden zufügen dürfte.
Überraschende Post wegen fremdverschuldeten Unfalls
Was war passiert? Vor etwa einem Jahr brachte Klaus P. sein Auto zur Dekra-Prüfstelle in Mutterstadt. Wie der SWR berichtet, kam es nach der Untersuchung zu einem Zwischenfall: Der Prüfer fuhr mit dem Fahrzeug rückwärts von einer Rampe und kollidierte dabei mit einem in der Werkstatt parkenden Auto. Für den Halter schien dies zunächst kein größeres Problem darzustellen – schließlich ist die Dekra für solche Fälle versichert, dachte er.
Monate nach dem Vorfall flatterte P. jedoch ein überraschendes Schreiben seiner Versicherung Huk24 ins Haus. Der SWR zitiert aus dem Brief: Eine Rückstufung um 14 Schadensklassen und eine zehnprozentige Beitragserhöhung standen im Raum – es sei denn, der Versicherungsnehmer erstatte dem Direktversicherer der Huk-Coburg rund 720 Euro. Laut des Fernsehberichts versuchte P. mehrfach, sowohl telefonisch als auch schriftlich gegen diese Forderung vorzugehen, wurde jedoch jedes Mal abgewiesen. Die Bedingungen des Versicherers hält er für „eine Frechheit“.
Huk-Coburg verweist auf Prinzip der Mehrfachversicherung
Der Huk-Konzern begründete seine Forderung mit dem Prinzip der sogenannten Mehrfachversicherung. Bei Unfällen dieser Art greifen demnach zwei Versicherungen: die Haftpflichtversicherung der Prüfgesellschaft und die Kfz-Haftpflicht des beteiligten Fahrzeugs. Das Versicherungsvertragsgesetz sieht vor, dass sich beide Versicherer die Kosten für den Schaden am parkenden Auto teilen müssen. Ein Umstand, den der betroffene Versicherungsnehmer nicht kannte.
Branche orientiert sich sonst an GDV-Musterbedingungen
Eine schriftliche Stellungnahme des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft (GDV) offenbart jedoch, dass die Huk-Praxis vom Branchenstandard abweicht. Dem SWR gegenüber erklärte der Verband, dass die unverbindlichen Musterbedingungen der Branche eine andere Regelung vorsehen: Der Vertrag des Kunden soll bei einer Mehrfachversicherung als schadensfrei behandelt werden, auch wenn sich die Versicherer die Kosten teilen. Einfluss darauf, ob die Unternehmen die Bedingungen anwenden, hat der Verband freilich keine.
Marktrecherche zeigt: Huk als Sonderfall
Eine Marktrecherche des SWR zu den Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) der 15 größten Anbieter zeigt allerdings: Die Huk24 steht mit ihrer Praxis praktisch alleine da. Kein anderer großer Versicherer weicht von den Musterbedingungen des GDV ab. Bei der Konkurrenz gelten die Verträge der Kunden in solchen Fällen durchweg als schadensfrei – ohne Rückstufung und ohne Kosten, so zumindest die Behauptung in dem Fernsehbeitrag.

Hallo, Herr Kaiser!
Verschärfung der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung
Fragen wirft auch eine andere Praxis des Versicherungsriesen auf. Der SWR deckt auf: Die Versicherungsbedingungen haben sich für die Kunden verschlechtert. Während die AKBs der Huk24 aus dem Jahr 2020 noch vorsahen, dass Versicherte im Fall einer Ausgleichspflicht in Folge einer Mehrfachversicherung nicht zahlen mussten, gilt dies seit 2022 nicht mehr.
Der SWR macht auf ein weiteres Problem aufmerksam: Viele Kunden, auch P., die in den vergangenen Jahren innerhalb der Huk-Gruppe gewechselt sind – etwa von einem älteren Vertrag zu einem neueren bei der Huk24 – könnten unwissentlich schlechtere Bedingungen akzeptiert haben.
Können Kunden nachteilige Bedingungen überhaupt erkennen?
Der vom Sender konsultierte Versicherungsrechtler Hans-Peter Schwintowski sagt dazu, dass Bestandskunden, die vor einigen Jahren bei der Huk einen Vertrag zu den alten, besseren Konditionen abgeschlossen hatten, nicht ohne weiteres schlechter gestellt werden dürften. Eine Änderung der Bedingungen setze die explizite Zustimmung des Kunden voraus. Ohne diese sei die Änderung unzulässig und die neuen Bedingungen dürften nicht angewandt werden.
Das eigentliche Problem aus Kundensicht dürfte sein, dass diese immer gesamten AKBs zustimmen und es für sie schwer sein dürfte herauszufinden, an welchen Punkten sich Bedingungen zu ihren Nachteilen verändert haben. Dass Produktgeber darauf setzen, dass ihre Kunden solche Veränderungen nicht bemerkten, lässt auch Schwintowski im Interview durchblicken.
Doch genau diesen Punkt thematisiert der Beitrag nicht weiter. Von daher wirkt die Frage des Senders an den betroffenen Kunden im Beitrag wenig praxisnah, wenn sie von ihm wissen will, ob er schlechteren Bedingungen zugestimmt hätte und P. dies natürlich verneint. Denn solch eine Frage stellt kein Versicherer.
Huk-Coburg will Kunden Geld zurückholen lassen
Auf die Frage nach den Gründen für die Änderung der Versicherungsbedingungen reagierte die Huk-Coburg- laut SWR nicht. Auch laut eines Berichts eines Fachmagazins „Pro Contra“ wollte sich der Versicherer nicht zu dem Fall äußern. Stattdessen empfiehlt das Unternehmen seinen Kunden, sich die entstehenden Kosten beim Verursacher oder dessen Versicherung zurückzuholen. Eine Praxis, die der Betroffene im SWR-Bericht als „ein Unding“ bezeichnet.
Kulanz oder PR?
Für den Kunden P. nahm der Fall schließlich doch noch ein gutes Ende: Nach den Nachfragen der Redaktion erklärte sich die Huk-Coburg bereit, ihn vom Schadensfall zu befreien und keine Rückstufung vorzunehmen. Die Maßnahme wurde offenbar als Kulanz bezeichnet. Eine Vorgehensweise, die es ohne den Fernsehbeitrag erfahrungsgemäß nicht gibt. Ohnehin gibt es deutliche Einschränkung seitens des Versicherers: Im Wiederholungsfall sei nicht mehr mit einer solchen Regelung zu rechnen.