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ICM-Investmentbank-Vorstand Norbert Hagen Investmentsteuerreform: Replizierende ETFs erhalten Vorteile

Norbert Hagen, Vorstand der ICM Investmentbank
Norbert Hagen, Vorstand der ICM Investmentbank

Die Zeiten einer einfachen steuerlichen Behandlung von Ausschüttungen und Kursgewinnen aus Fonds sind in Kürze vorbei. Künftig greift der Fiskus bei Publikumsfonds direkt zu und nicht mehr ausschließlich auf der Ebene der Investoren. War bislang die Direktanlage in Aktien und Anleihen sowie das Investieren via Investmentfonds steuerlich gleichbehandelt worden, so driftet die Steuerlast ab dem 1. Januar 2018 wieder auseinander. Die neuen Steuerregeln gelten logischerweise für aktiv gemanagte Fonds und passive Indexfonds (ETFs) gleichermaßen. Norbert Hagen, Vorstand und Fondsmanager bei der ICM Investmentbank, erläutert die wesentlichen Einzelheiten.

Ab dem kommenden Jahr müssen in Deutschland zugelassene Fonds selbst auf Erträge Steuern zahlen. Dazu zählen inländische Dividenden, deutsche Mieterträge und Gewinne, die aus dem Verkauf von Immobilien in der Bundesrepublik stammen. Hier gilt dann ab dem neuen Jahr ein Körperschaftssteuersatz von 15 Prozent.

Durch die Besteuerung der Dividenden auf Fondsebene sind künftig replizierende Indexfonds, also ETFs, die einen Index durch Futures nachbilden, im Vorteil. Der Grund: Sie vereinnahmen keine Dividenden und müssen daher auch nicht die 15 Prozent Körperschaftssteuer zahlen. ETFs, die tatsächlich die Aktien des Index erwerben, sind dagegen körperschaftssteuerpflichtig.

Aktienanteil definiert Größenordnung der Belastung

Zu den 15 Prozent Körperschaftssteuer für einzelne Varianten von Einkünften kommt eine Besteuerung der realisierten Kursgewinne. Hier gilt die bekannte Abgeltungssteuer. Außerdem gibt es für den Anleger ab 2018 eine sogenannte Teilfreistellung. Bei Fonds, die mindestens zu 51 Prozent in Aktien investiert sind, sind immerhin 30 Prozent der Ausschüttung von der Abgeltungssteuer befreit. Bei Mischfonds mit mindestens 25 Aktienanteil sind es 15 Prozent und bei offenen Immobilienfonds satte 60 Prozent. Wenn diese ihren Anlageschwerpunkt im Ausland haben, gilt sogar eine Teilfreistellung von 80 Prozent. Die restlichen Gewinne aus der Veräußerung von Immobilien werden dann bei der Ausschüttung besteuert.

Vorabpauschale bei Thesaurierungen

Sollten Fonds Erträge nicht oder nur teilweise ausschütten, sondern wieder investieren, erwischt es diese ab 2018 mit einer sogenannten Vorabpauschale - vorstellbar als fiktive Steuer auf die Wertsteigerung des Fonds. Damit will der Gesetzgeber auf Nummer sicher gehen, dass auch thesaurierende Fonds zeitnah einen Mindestbetrag versteuern. Für diese Vorabpauschale gelten dieselben Teilfreistellungsregeln und Sätze wie bei ausschüttenden Fonds.

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Diese Vorabpauschale wird von den depotführenden Stellen errechnet. Da sie wirtschaftlich betrachtet eine vorweggenommene Besteuerung ist, kann die Vorabpauschale beim Verkauf eines Fonds vom realisierten Veräußerungsgewinn wieder abgezogen werden.

Bei den zuletzt so beliebten Mischfonds ist alles etwas anders. Hier gilt die Teilfreistellung von der Abgeltungssteuer nämlich nur, wenn mindestens 25 Prozent des Anlagevermögens in Aktien investiert sind. Liegt die vereinbarte Aktienquote darunter, wird die Abgeltungssteuer im vollen Umfang fällig. Das dürfte die Masse der Mischfonds treffen, denn dort widersprächen derartige Mindestquoten häufig dem zugrundeliegenden Konzept. Zumindest bei den aggressiveren Mischfonds mit durchgängig hohem Aktienanteil könnte es aus steuerlicher Sicht Sinn machen, eine Aktienquote von mindestens 51 Prozent in die Anlagebedingungen zu schreiben.

Kein Bestandsschutz für vor 2009 gekaufte Fondsanteile

Seit dem 1. Januar 2009 gilt in Deutschland die Abgeltungssteuer. Aktien oder Fondsanteile, die vor 2009 gekauft und später wieder mit Gewinn veräußert wurden, waren bislang von der Abgeltungssteuer befreit. Dieser Bestandschutz fällt zum Jahreswechsel weg. Das heißt im Klartext: Auch für Altfonds gelten ab 2018 die neuen Steuerregeln – die eigentliche Triebfeder für das ganze Steuermanöver.

Es gibt allerdings noch eine wesentliche Einschränkung bezüglich des aufgehobenen Bestandschutzes. Der Fiskus unterstellt nämlich bei der Berechnung der Steuerlast fiktiv, dass der Anleger seinen Altfonds am 31. Dezember 2017 veräußert und am Tag darauf zurückgekauft hat. Dadurch bleibt der Bestandsschutz für Altfonds bis Ende des Jahres faktisch bestehen – erst dann greifen die neuen Steuerregeln. Zudem gibt es einen Freibetrag von 100.000 Euro, mit dem die Veräußerungsgewinne verrechnet werden können. Erst wenn dieser Freibetrag aufgebraucht ist, hält das Finanzamt auch bei Altfonds die Hand auf. Das wird bei den allermeisten Privatanleger eine Zeit lang brauchen.

Worum geht es in Zahlen? Aktienfonds, bei denen die Dividenden bislang mit 26,375 Prozent Steuern belastet (Abgeltungssteuer und Soli) worden waren, werden künftig - bedingt durch die bei Dividenden auf Fondsebene verhängte 15-prozentige Körperschaftsteuer – mit knapp 30,7 Prozent besteuert. Bei Kursgewinnen sinkt durch die Teilfreistellung die Steuerlast auf nunmehr rund 18,5 Prozent. Für Fonds ohne jeglichen Mindestanteil an Aktien steigt die Belastung der Dividenden auf 37,4 Prozent, die restliche Belsteuerung verharrt auf dem heutigen Niveau von 26,375 Prozent.

Der Gesetzgeber hat es also wieder einmal geschafft: Die eine komplizierte, aber zumindest auf Anlegerebene transparente Regelung, durch eine neue - ebenfalls komplizierte - intransparente Vorgehensweise zu ersetzen. Das war zu erwarten.

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