IKB-Volkswirt Klaus Bauknecht
Kein Zweifel am Mandat
Aktualisiert am 05.03.2020 - 15:03 Uhr
Hält die Zinsen in Europa wahrscheinlich noch länger niedrig: EZB-Präsidentin Christine Lagarde.
Christine Lagarde prüft die Geldpolitik der Eurozone auf Herz und Nieren. Die Zinsen hat die neue EZB-Präsidentin aber bisher nicht angetastet. IKB-Volkswirt Klaus Bauknecht gibt einen Überblick über ihre Maßnahmen.
Krisenpolitik fokussiert sich eher auf kurzfristige Ziele als auf mögliche langfristige Konsequenzen. Dabei kann eine Krisenpolitik von Notenbanken durchaus negative Folgen haben. Diese sind allerdings dadurch zu rechtfertigen, dass Schlimmeres kurzfristig verhindert wird. Sollte die Notenbank zu ambitioniert vorgehen, kann sie im Nachhinein immer noch nach dem Motto gegensteuern „zu viel Liquidität kann aufgewischt werden“.
Doch eine anhaltende Krisenpolitik hat auf Dauer nicht nur unerwünschte Nebeneffekte, sondern sie stellt die Glaubwürdigkeit der geldpolitischen Effektivität in Frage. Und dennoch: Die EZB mag zwar gemessen an ihren Instrumenten Zinsniveau und Bilanzsumme übertreiben....
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
Da diese Artikel nur für Profis gedacht sind, bitten wir Sie, sich einmalig anzumelden und einige berufliche Angaben zu machen. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Krisenpolitik fokussiert sich eher auf kurzfristige Ziele als auf mögliche langfristige Konsequenzen. Dabei kann eine Krisenpolitik von Notenbanken durchaus negative Folgen haben. Diese sind allerdings dadurch zu rechtfertigen, dass Schlimmeres kurzfristig verhindert wird. Sollte die Notenbank zu ambitioniert vorgehen, kann sie im Nachhinein immer noch nach dem Motto gegensteuern „zu viel Liquidität kann aufgewischt werden“.
Doch eine anhaltende Krisenpolitik hat auf Dauer nicht nur unerwünschte Nebeneffekte, sondern sie stellt die Glaubwürdigkeit der geldpolitischen Effektivität in Frage. Und dennoch: Die EZB mag zwar gemessen an ihren Instrumenten Zinsniveau und Bilanzsumme übertreiben. Bezogen auf ihre Zielgrößen ist dies jedoch nicht der Fall. Das Geldmengenwachstum in der Euro-Zone bleibt weiterhin verhalten, was zusammen mit einer stabilen beziehungsweise sinkenden Umlaufgeschwindigkeit die Inflationsrate drückt.
Wie die deutsche Zinskurve signalisiert, wird noch auf Jahre keine bedeutende Veränderung der Zinspolitik zu erwarten sein. Ob die EZB das im Jahr 2014, als sie ihre negative Zinspolitik eingeleitet hat, erwartet hat, ist unwahrscheinlich. Denn dann hätte sie sicherlich damals deutlich ambitionierter agiert.
Inflationsrate auf der Kippe
Angesichts der anhaltenden Krisenpolitik werden zunehmend unerwünschte Nebenwirkungen kritisiert. Auch wird die Frage aufgeworfen, ob das geldpolitische Ziel der Notenbank – eine Inflationsrate von knapp unter 2 Prozent – geändert werden sollte.
Letzteres könnte der EZB allerdings nachhaltig schaden. Wenn ein Ziel in Folge des Nicht-Erreichens geändert wird, werden zukünftige Ziele immer weniger ein Anker für Erwartungen darstellen. Allerdings deutet eine jahrelange Zielverfehlung ebenfalls nicht auf hohe Glaubwürdigkeit hin. Eine Notenbank hat nur unter der Annahme einer zinssensitiven Kreditnachfrage sowie einer stabilen Umlaufgeschwindigkeit des Geldes einen klaren Einflussgrad auf die Preisentwicklung. Beides war in den letzten Jahren kaum gegeben.
Da der Einfluss direkter ist, mögen die Ziele „Geldmengenwachstum“ oder „Zinsniveausteuerung“ effektiver sein. Auch wären sie einfacher zu messen. Alternativ kann das Inflationsziel als langfristig interpretiert werden, oder die EZB definiert eine Bandbreite wie in Großbritannien. Was immer das Ziel ist, die geldpolitischen Instrumente bleiben die gleichen.
Über den Autor