IKB-Volkswirt Klaus Bauknecht
Nein zur Schuldengrenze
Aktualisiert am 05.03.2020 - 15:27 Uhr
Sitzung im Bundestag: In Deutschland bringt die Schuldengrenze keine Stabilität in den Staatshaushalt.
Klaus Bauknecht hat Zweifel an der Wirksamkeit von Schuldengrenzen. Hier nennt der IKB-Volkswirt Gründe.
Schuldentragfähigkeit und eine Senkung der Schuldenquote benötigen demnach keinen ausgeglichenen Staatshaushalt. Im Klartext: Nachhaltigkeit der Staatsfinanzierung muss nicht unbedingt mit einem Verbot zur Neuverschuldung verbunden werden. Aktuell würde dies dazu führen, dass die Schuldenquote angesichts der anhaltend niedrigen Zinsen, die unter dem nominalen BIP-Wachstum liegen, ununterbrochen sinkt. Im Fall einer Geldmengenregel würde die Notenbank durch Zinspolitik und andere Maßnahmen versuchen, ein vom nominalen BIP-Wachstum abgeleitetes Geldmengenwachstum zu steuern.
Für den Staat ist die Haushaltspolitik immer noch das wichtigste Instrument, um die Verschuldung zu beeinflussen....
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Schuldentragfähigkeit und eine Senkung der Schuldenquote benötigen demnach keinen ausgeglichenen Staatshaushalt. Im Klartext: Nachhaltigkeit der Staatsfinanzierung muss nicht unbedingt mit einem Verbot zur Neuverschuldung verbunden werden. Aktuell würde dies dazu führen, dass die Schuldenquote angesichts der anhaltend niedrigen Zinsen, die unter dem nominalen BIP-Wachstum liegen, ununterbrochen sinkt. Im Fall einer Geldmengenregel würde die Notenbank durch Zinspolitik und andere Maßnahmen versuchen, ein vom nominalen BIP-Wachstum abgeleitetes Geldmengenwachstum zu steuern.
Für den Staat ist die Haushaltspolitik immer noch das wichtigste Instrument, um die Verschuldung zu beeinflussen. Zielgröße muss jedoch eine Schuldenquote sein, die dem Staat grundsätzlich fiskalischen Spielraum gibt, ohne seine Handlungsfähigkeit mittelfristig einzuengen. So wie das Geldmengenwachstum nicht aus einer festen Konstanten, sondern von einem gewünschten nominalen BIP-Wachstum abgeleitet wird, muss auch die Finanzpolitik entscheidende Parameter berücksichtigen, um das Ziel einer langfristigen Stabilität der Staatsfinanzen und der Volkswirtschaft zu erreichen.
Eine stabile oder sinkende Schuldenquote schafft nicht unbedingt Stabilität. Dies gilt nur im Fall einer nicht nachhaltigen Schuldentragfähigkeit. Auch sorgen konstante Größen in einer Volkswirtschaft für einen höheren Anpassungsbedarf anderer Größen. Dies gilt nicht nur bei Schocks, für die ein Notfall zu definieren ist und Regeln wie die Schuldenbremse ausgesetzt werden können. Höhere Stabilität benötigt deshalb Regeln und Zielgrößen, die durch Variablen der Volkswirtschaft definiert werden.
Aktuell besteht eine strukturell nicht ausreichende Nachfrage in der Wirtschaft. Eine zusätzlich sinkende Schuldenquote würde diese Problematik ver-schlimmern. Die strukturell niedrigeren Zinsen geben dem Staat jedoch selbst mittelfristig Handlungsspielraum, um gegenzusteuern. Schuldenquoten werden nur dann zum Problem, wenn die Schuldentragfähigkeit nicht gesichert ist und die Zins-zahlungen einen immer größeren Anteil an den Staatsausgaben ausmachen. Diese Herausforderungen sind aktuell und auf Sicht nicht gegeben.
Defizit zunehmend notwendig
Ziel einer wirtschaftspolitischen Regel ist es, durch geld- oder fiskalpolitisches Handeln verursachte Extrementwicklungen zu ver-hindern. Ein Beispiel für die Geldpolitik war die steigende Inflation infolge der Geldmengenausweitung in den 1970er-Jahren; ein Beispiel für die Fiskalpolitik ist die ansteigende Schuldenquote vieler Staaten. Beides sind Entwicklungen, die verhindert hätten werden können.
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