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Aktualisiert am 14.11.2023 - 10:20 Uhrin VersicherungenLesedauer: 8 Minuten

Private Krankenversicherung (PKV) „Mehr als die Hälfte unserer Neukunden sind Wechsler aus der GKV“

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Anders als die Gesetzliche Krankenversicherung, kurz GKV. Inwiefern beurteilen
Sie deren stetig steigende Bundeszuschüsse von aktuell 16,5 Milliarden Euro als gerechtfertigt?

Im Umlageverfahren der GKV finanziert die jüngere Generation die ältere. Doch das führt angesichts von immer mehr Rentnern in Deutschland dazu, dass die Jugend überfordert wird. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ist das Verlagern der Kosten auf die Jüngeren also nicht sehr nachhaltig. Und wenn sich die Bevölkerungspyramide immer weiter umdreht, ist das bisherige Umlageverfahren kaum noch darstellbar. Eine zunehmende Steuerfinanzierung der Defizite wiederum belastet die jüngeren Generationen zusätzlich. Denn diese müssen die hierfür aufzunehmenden Staatsschulden später zurückzahlen.

Das klingt nicht gerade zukunftsfest.

Nein. Das Problem erinnert mich ein wenig an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Politik beim Klimaschutz auch die Interessen späterer Generationen beachten muss. Ungerechtigkeit herrscht insbesondere im Bereich der Pflegeversicherung. Denn deren Leistungen nutzen vor allem Ältere, sodass die bisherige Finanzierung hinterfragt werden muss. Noch ist es nicht zu spät für eine Reform der Finanzierung. Konkret empfehlen Experten der Bundesregierung hierfür eine stärkere Kapitaldeckung – so wie sich die PKV bereits heute finanziert.

Um ihre gestiegenen Kosten zu decken, erhöhten viele Krankenkassen in diesem Jahr stattdessen wieder einmal ihre Zusatzbeiträge. Verzeichnet Ihr Unternehmen deshalb nun ein gesteigertes Interesse von Kassenpatienten?

Bei dem auf eine neue Rekordhöhe gestiegenen GKV-Zusatzbeitrag von durchschnittlich 1,6 Prozent dürfte sich so mancher gesetzlich Krankenversicherter jetzt Gedanken machen. Der GKV-Höchstbeitrag für einen Kinderlosen beträgt in diesem Jahr einschließlich des Pflichtbeitrags zur sozialen Pflegeversicherung stolze 977,55 Euro. Wir sind da im direkten Vergleich bedeutend günstiger.

 

Was bedeutet das für Ihr Neugeschäft?

Es herrschen insgesamt gute Rahmenbedingungen für uns, denn mehr als die Hälfte unserer Neukunden sind Wechsler aus der GKV. Und ich erwarte nicht, dass die Attraktivität der PKV schlagartig nachlässt. Doch gute Startchancen allein sorgen noch nicht für neue Kunden: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Das Gesamtpaket für die Versicherten muss stimmen. Wir als Hallesche positionieren uns daher als lebenslanger Gesundheitspartner, der sich persönlich wie auch digital um seine Kunden kümmert. Daneben bemühen wir uns aber auch um einen guten Service für die Vermittler, die unsere Kunden im persönlichen Gespräch unter Vertrag nehmen.

Bleiben wir bei den Vertriebschancen: In welchen Teilbereichen der privaten Krankenversicherung erwarten Sie in diesem Jahr das höchste Wachstum?

Wir streben keine schnellen Erfolge an, und unser Fokus liegt weiterhin auf der privaten Krankheitskostenvollversicherung – nachhaltig finanziert mit dem Aufbau von Alterungsrückstellungen. Als weiteres Standbein wollen wir in diesem Jahr unser Geschäft mit Zusatzversicherungen ausbauen. Insbesondere die betriebliche Krankenversicherung, kurz bKV, ist noch ein junges Wachstumsfeld. Eine bKV kann für Unternehmen aus allen Sektoren interessant sein.

Gibt es bestimmte Branchen, für die das ganz besonders gilt?

Infolge der Corona-Pandemie verzeichnen wir aktuell vor allem in der IT-Branche eine verstärkte Nachfrage. Denn die Arbeitgeber wollen sich gegenüber potenziellen Bewerbern und ihren bestehenden Belegschaften als attraktiv und nachhaltig darstellen. Über ihr soziales Engagement für die Mitarbeiter per arbeitgeberfinanzierter bKV informieren sie Interessenten beispielsweise in ihren Nachhaltigkeitsberichten.

Worauf achten die Firmenkunden der Krankenversicherer dabei?

Auf Basis der Wünsche vieler Arbeitgeber haben wir neue Budgettarife entwickelt. Denn bei den Versicherten gibt es nur selten die gleichen Bedürfnisse. Bei diesen Policen mit pauschalen Summen entscheidet der Arbeitnehmer selbst, wofür er das Geld verwenden möchte – beispielsweise eher für Sehhilfen, Vorsorgeuntersuchungen oder eine professionelle Zahnreinigung. Unheimlich wichtig wären zudem mehr private ergänzende Pflegeversicherungen. 

 

Wie realistisch ist dort eine baldige Zunahme?

Ich bin skeptisch, dass es aktuell in größerem Stil gelingen wird, der Bevölkerung den Bedarf für diese Zusatzvorsorge näherzubringen. Daher bezweifle ich, dass wir hier bald große Erfolge im Vertrieb sehen werden. Eine Pflegereform hin zu mehr kapitalgedeckter Vorsorge könnte aber perspektivisch für Bewegung sorgen.

Über die Interviewte: 

Wiltrud Pekarek ist Diplom-Mathematikerin und Aktuarin. Sie arbeitet bereits seit 1984 für die heutige ALH-Gruppe und ist Mitglied der drei Vorstände des Konzerns. Sie verantwortet die Ressorts Produkte, Mathematik, Vertrag und Leistung im Bereich Krankenversicherung.

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