Im Zeichen des Greenbacks Volkswirte über die Finanzmärkte 2015

Chefökonom von Invesco, John Greenwood: US-Notenbank und die Bank of England heben die Zinsen an
„Während der Wirtschaftsmotor der Eurozone weiterhin bestenfalls im niedrigsten Gang läuft und das Deflationsrisiko akuter wird, kehren die USA und Großbritannien auf einen normaleren Trendpfad zurück. Allerdings ist das Wachstum in Großbritannien noch nicht selbsttragend und weiterhin anfällig für negative Auswirkungen der anhaltenden Probleme in der Eurozone.
Ein markanter Trend der nächsten ein bis zwei Jahre wird die unterschiedliche Trendrichtung der Geldpolitik zwischen den USA und Großbritannien auf der einen und Japan und der Eurozone auf der anderen Seite sein. Während die US-Notenbank und die Bank of England die Zinsen ab dem zweiten Halbjahr 2015 voraussichtlich anheben werden, dürften die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of Japan ihre Assetkäufe fortsetzen und die Zinsen bei nahe null halten. Allerdings sollten auch die Zinsschritte differenziert betrachtet werden, da die Volkswirtschaften zu einer normalen und restriktiveren Geldpolitik zurückkehren. Sollten die Geschäftsbanken den Kredithahn schneller wieder öffnen, werden steigende Zinsen nicht restriktiv wirken.
In der Eurozone sehe ich keine geldpolitischen, fiskalischen oder strukturellen Signale für einen echten konjunkturellen Aufschwung und rechne daher mit einer anhaltenden Wachstumsschwäche. Insbesondere Spanien und Irland hätten zwar nennenswerte Fortschritte bei der Bilanzreparatur gemacht. Diesen Verbesserungen stünde aber der bislang ausbleibende Schuldenabbau in Frankreich und Italien entgegen. In Abwesenheit einer höheren Nachfrage aus dem Ausland hat zudem die jüngste Euroschwäche die Exportaktivität in der Eurozone noch nicht maßgeblich ankurbeln können.
Vor diesem Hintergrund wird die EZB eine Deflation nur durch die Förderung einer anhaltenden Euro-Abwertung und/oder eines deutlich stärkeren Geld- und Kreditwachstums abwenden können. Die Gesamtjahresrate der Inflation in der Eurozone wird im Jahresverlauf 2015 in den negativen Bereich rutschen, falls es in der Zwischenzeit nicht zu einem drastischen Wertverfall des Euro kommt. Auch die EZB-Prognose einer leichten Wachstumsbeschleunigung in den Jahren 2015 und 2016 sehe ich skeptisch: Diese Erwartung gründet auf der Annahme, dass es nicht zu einer erneuten Krise im Finanzsystem kommt, und lässt das Risiko eines realen Schocks, zum Beispiel durch eine Einstellung der Energielieferungen aus Russland, völlig außer Acht.“