LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in Asset AllocationLesedauer: 4 Minuten

Immer diese 2 Prozent Das vermaledeite Ziel der stabilen Preise

Seite 2 / 2

Viertens ist das Ziel „nahe aber unter 2 Prozent“ zu ehrgeizig. Es wurde im Euroraum zuletzt vor sieben Jahren erreicht. Was aber nutzt ein Ziel, das immer verfehlt wird? Auch international gibt es viele Notenbanken, die sich ein Ziel von 2 Prozent als Obergrenze gesetzt haben. Ich kenne aber keine, die sich genau auf 1,9 Prozent festgelegt hat.

Fünftens braucht das Preisniveau bei Schwankungen der Konjunktur und vor allem der Energiepreise Bewegungsfreiheit (siehe Grafik). Es muss atmen können. Nicht jede Abweichung vom Ziel „nahe aber unter 2 Prozent“ ist ein Ungleichgewicht, das die Zentralbank zum Eingreifen zwingen sollte. Das Ziel darf daher nicht zu eng gefasst werden.

All das spricht nicht gegen das Ziel der Preisstabilität. Im Gegenteil: Es wird als Vertrauensanker der Geldwirtschaft heute mehr gebraucht denn je. Es muss aber so definiert werden, dass es glaubwürdig ist und sich die Kollateralschäden der Geldpolitik in Grenzen halten.

Aus meiner Sicht wäre es daher vernünftig, das Präfix „nahe“ in der Formulierung „nahe aber unter 2 Prozent“ zu streichen. Das würde eine bescheidenere Zentralbank signalisieren. Es käme wieder Hoffnung auf, dass die Zinsen vielleicht doch nicht „auf ewig“ so niedrig oder gar negativ sein müssten.

Es gibt allerdings auch Argumente, die dagegensprechen. Zum einen würde eine bescheidenere Geldpolitik tendenziell zu höheren Zinsen führen. Das passt derzeit nicht in die gesamtwirtschaftliche Lage. Aber eine Zielveränderung ist nichts, was man von einem Tag zum anderen realisieren kann. Dazu braucht man Zeit. Sie könnte frühestens in zwei, drei Jahren kommen, wenn die gesamtwirtschaftliche Lage bestimmt wieder anders sein wird.

Zum anderen sollte man Ziele nicht in einer Zeit verändern, in der sie gerade nicht erreicht werden. Damit führt man sie ad absurdum. Aber zu warten, bis die Preissteigerung einmal wieder auf 1,9 Prozent steigt, wäre auch nicht vernünftig.

Für den Anleger

Das Nachdenken über eine neue Zieldefinition der Zentralbank hat nichts mit aktuellen Anlageentscheidungen zu tun. Es bleibt dabei, dass die Geldpolitik auf Lockerungskurs ist und auf absehbare Zeit bleiben wird. Das ist an den Märkten die wichtigste Gegenkraft gegen die negativen Einflüsse von Seiten der Handelspolitik, des Brexits und der sich verschlechternden Konjunktur.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion