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Sollten Anleger aktuell Neubau- oder Bestandsimmobilien kaufen?

Wer zwecks Geldanlage in eine Immobilie investieren will, steht zunächst vor der Entscheidung: Sollte es besser ein Neubau oder ein schon bestehendes Objekt sein? Leergefegter Neubau-Markt auf der einen Seite, energetisch veraltete Bestandsimmobilien auf der anderen Seite: Das sind nur zwei Aspekte aus einer Vielzahl von Überlegungen, die Anleger im Vorfeld anstellen sollten.
In unserem Pro-und-Contra-Stück zeigen zwei Immobilien-Spezialisten die Vorzüge und die Nachteile beider Investmentarten auf.
PRO Bestand argumentiert Daniel Preis, Domicil Real Estate Group.
PRO NEUBAU argumentiert Michael Peter, Gründer der P&P Group.
Spricht der aktuelle Markt eher für Investments in Neubau- oder in Bestandsimmobilien?
PRO BESTAND: Daniel Preis, Domicil Real Estate Group
„Derzeit befinden sich viele Projektentwickler aufgrund der hohen Zinsen und Baukosten in einer schwierigen Situation. Projekte verzögern sich oder werden nicht realisiert. Kapitalanleger sind daher mit einem hohen Fertigstellungsrisiko konfrontiert, was besonders dann schmerzt, wenn bereits Geld geflossen ist. Da die Baugenehmigungen rückläufig sind und jedes Jahr weniger Neubauten entstehen als im Vorjahr, müssen Lösungen im Bestand gefunden werden – etwa durch Aufstockung oder Nachverdichtung. Zudem verteuern die strengen Fördervorgaben der KfW durch das GEG (Gebäude-Energie-Gesetz) die Neubaukosten. Das schlägt sich in hohen Kaufpreisen und Mieten nieder. Damit schrumpft der Kreis der potenziellen Käufer und Mieter.“
PRO NEUBAU, Michael Peter, Gründer der P&P Group
„Trotz der aktuellen Herausforderungen für den gesamten Immobilienmarkt – unter anderem durch hohe Kreditzinsen – wird aufgrund der Wohnungsknappheit die Nachfrage nach Neubauten hoch bleiben. Ein entscheidender Vorteil gegenüber Bestandsimmobilien ist, dass Neubauten moderne energetische Anforderungen erfüllen. Während Bestandsimmobilien oft erst saniert werden müssen, um den aktuellen Standards zu entsprechen, sind Neubauten von Anfang an energieeffizient und somit auch eine nachhaltige Wohnvariante. Das macht sie für Mieter durch die niedrigeren Betriebskosten langfristig attraktiv. Außerdem ist bei Neubauten die Gefahr von Mietpreisregulierungen geringer. Denn die Politik hat ein Interesse daran, Investitionsanreize in diesem Sektor zu schaffen. Deshalb ist die Neigung groß, Ausnahmen von strengen Mietpreisbremsen zuzulassen. Das bietet Neubau-Investoren eine stabilere und besser kalkulierbare Renditeerwartung bei geringerem Risiko.“
Worauf sollten Anleger mit Blick auf die Nebenkosten der Immobilien achten?
PRO BESTAND, Daniel Preis
„Die Nebenkosten sind zweifellos eine wichtige Variable. Käufer von Bestandsimmobilien sollten unbedingt auf einen angemessenen Modernisierungsstand achten. Liegt ein Instandhaltungsstau vor, müssen Sonderumlagen einkalkuliert werden. Vorteilhaft ist wiederum, dass die Bestandsimmobilie, da bereits bewohnt, ihre Wirtschaftlichkeit unter Beweis stellen kann. Bei der Erstvermietung ist der Neubau zwar klar im Vorteil. Aber die Bestandsmiete bietet – unabhängig von der Marktentwicklung – ein attraktives Nachholpotenzial. Eine Anpassung bis zum Mietspiegel ist in jedem Fall möglich. Bei guter Marktentwicklung sind auch überproportionale Steigerungen möglich. Im mittelfristigen Vergleich schlägt die solide konzipierte Bestandsimmobilie sogar den Neubau.“
PRO NEUBAU, Michael Peter
„Neubauten bieten trotz hoher Baukosten ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis – sowohl für Investoren als auch für Mieter. Langfristig gesehen sind sie daher eine gute Anlagemöglichkeit. Das liegt vor allem an der höheren Energieeffizienz von Neubauten und den deshalb geringen Nebenkosten. Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass Bestandsimmobilien für den Mieter günstiger sind. Vergessen werden dabei oft die Wohnnebenkosten, die häufig als „zweite Miete“ bezeichnet werden. Diese sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Insbesondere die Heizkosten, die bis zu 70 Prozent der Nebenkosten ausmachen können, spielen dabei eine zentrale Rolle. Politische Entwicklungen wie die steigende CO²-Abgabe belasten Bestandsimmobilien stärker. Sie machen sie für Investoren weniger attraktiv. Demgegenüber bieten Neubauten nicht nur hohen Wohnkomfort und Klimavorteile, sondern stellen auch stabile Renditen in Aussicht.“
Mietpreisregulierung – was bedeutet sie für Investoren?
PRO BESTAND, Daniel Preis
„Weitere Mietpreisregulierungen im Bestand sind eher unwahrscheinlich. Ist der Mietanstieg gedeckelt, fehlt der Anreiz, in die dringend notwendige energetische Sanierung des Wohnungsbestands zu investieren. Die Mietpreisbremse gilt zunächst bis 2025. Bis auf Sachsen, Sachsen-Anhalt und das Saarland gibt es in allen Bundesländern Kommunen mit Mietpreisbremse. Vor allem in Ballungszentren. Hier sind Neubauten, die von der Mietpreisbremse ausgenommen sind, zunächst im Vorteil. Man darf aber nicht vergessen, dass der Neubau nach fünf Jahren als Bestand gilt – und dann unter die gleiche Regelung fällt. Das heißt, ab der Wiedervermietung darf die Miete nicht mehr als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Das kann für den ursprünglich hochpreisigen Neubau sogar zu einer Mietsenkung führen, sofern die jetzige Regelung bestehen bleibt.“
PRO NEUBAU, Michael Peter
„Neue Wohnungen zu bauen, wird durch das Zusammentreffen der aktuellen Baukrise mit der ohnehin herrschenden Wohnungsknappheit noch dringlicher. Für Investoren ist das nach wie vor ein attraktives Segment. Wir erwarten, dass Neubauten weitgehend von der Mietpreisbremse ausgenommen sein werden. Denn der Druck auf die Politik, den Wohnungsbau weiter anzukurbeln, um den künftigen Bedarf decken zu können, wird noch zunehmen. Da wäre eine Mietpreisbremse kontraproduktiv. Eine Überregulierung würde nämlich die Rentabilität für Investoren beeinträchtigen – und damit das Angebot an neuen Wohnungen verringern. Wünschenswert sind deshalb politische Entscheidungen, die zum einen den Wohnungsbau nicht behindern und gleichzeitig die Interessen der Mieter berücksichtigen.“
Neue Energiestandards – welche Rolle spielen sie?
PRO BESTAND, Daniel Preis

1.200% Rendite in 20 Jahren?
„Gerade wenn man bedenkt, dass ein Großteil der Immobilien in Deutschland vor Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung am 11. August 1977 errichtet wurde, wird deutlich, wie wichtig die Ertüchtigung des Bestands ist. Schließlich kann er nicht komplett durch Neubauten ersetzt werden – das wäre nicht nur unrealistisch, sondern würde auch die CO²-Emmisionen dramatisch erhöhen. Auch die Europäische Kommission hat die Bedeutung des Bestands erkannt und hierzu klare Vorgaben gemacht. So müssen Wohngebäude bis 2030 mindestens Energieeffizienzklasse E und bis 2033 Klasse D erreichen. Das heißt, auch im Bestand werden sich erneuerbare Energien zunehmend durchsetzen. Zumal die Bundesregierung das fördert.“
PRO NEUBAU, Michael Peter
„Fast zwei Drittel der 19,2 Millionen Wohngebäude in Deutschland wurden vor 1979 errichtet – und damit in einer Zeit mit minimalen energetischen Standards. Das macht die Investitionsnotwendigkeit im Neubau-Sektor noch einmal klar ersichtlich. Diese älteren Gebäude können in puncto Energieeffizienz und Wertsteigerung nicht mit modernen Immobilien mithalten, die den KfW-Standard 55 erfüllen und mit fortschrittlichen Heizsystemen ausgestattet sind. Für Mieter bieten solche Neubauten den Vorteil, dass sie niedrigere Energiekosten und höheren Wohnkomfort mit sich bringen. Die jüngsten geopolitischen Entwicklungen haben nicht nur unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, sondern auch deren Preisvolatilität in den Vordergrund gerückt. Für Investoren bedeutet das, dass energieeffiziente Neubauten, die auf erneuerbare Energien setzen, nicht nur eine umweltbewusste Entscheidung sind. Vielmehr versprechen sie auch finanzielle Stabilität und potenzielle Wertsteigerungen. Das macht sie zu einer attraktiven und zukunftssicheren Kapitalanlage mit ökologischen wie auch ökonomischen Vorteilen.“
Neubau oder Bestand – welches Investment zahlt mehr auf Nachhaltigkeit ein?
PRO BESTAND, Daniel Preis
„Die Verantwortung des Gebäudesektors für die Klimaziele der EU steht außer Frage. Aber wir können den zweistelligen Millionenbestand nicht ignorieren. Dort liegt die entscheidende Stellschraube. Jeder Neubau setzt viel graue Energie für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung frei. Im Gebäudebestand ist diese Energie bereits gebunden. Tatsächlich sind Umbau und energetische Sanierung oft kostengünstiger. Das zeigt eine bereits 2011 veröffentlichte Studie der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V. Demnach lohnt sich der Abriss und Neubau nur bei rund 12 Prozent der Häuser in Deutschland.“
PRO NEUBAU, Michael Peter
„In Deutschland ist der Gebäudesektor für 30 Prozent der CO²-Emissionen verantwortlich. Von den insgesamt 21,2 Millionen Gebäuden sind 19,2 Millionen Wohngebäude. Die Statistik unterstreicht, wie wichtig Investitionen in umweltfreundliches Bauen sind und wie entscheidend energieeffiziente Wohngebäude zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele beitragen. Doch mit dem vorhandenen Gebäudebestand sind diese Ziele schwer umsetzbar. Für Investoren bedeutet das: Neubauten, die den neuesten energetischen Standards entsprechen, sind nicht nur ein Schritt in eine grünere Zukunft, sondern auch eine zukunftssichere Investition. Sie bieten Wertsteigerungspotenziale durch Nachhaltigkeit und Energieeffizienz und werden auch der wachsenden Nachfrage nach umweltfreundlichem Wohnraum gerecht. Das macht sie zu einer attraktiven Kapitalanlage.“
Neubau versus Bestand – wie sieht das Chancen-Risiko-Profil aus?
PRO BESTAND, Daniel Preis
„Eine Stranding-Asset-Analyse ist eine Grundvoraussetzung für Bestandsobjekte. Lohnt die Investition, kann eine ESG-konforme Sanierung den Wert einer Bestandsimmobilie steigern. Das Risiko, dass die Immobilie leersteht, muss der Kapitalanleger angesichts der Wohnungsknappheit in Deutschland nicht fürchten. Die Vermietbarkeit ist im bezahlbaren Segment ohnehin höher: Die Mehrheit der Erwerbstätigen sind Normalverdiener, und auch bei der Zuwanderung, auf die Deutschland angewiesen ist, überwiegen zunehmend Normalverdiener wie Pflegekräfte. Für Bestandsimmobilien lassen sich auch nach einer angemessenen energetischen Sanierung noch erschwingliche Kaufpreise und bezahlbare Mieten erzielen. Letzteres gibt dem Investor die Sicherheit, dass sich die Finanzierung langfristig trägt. Außer der absehbaren Wertsteigerung liegen zudem Chancen in der steuerlichen Absetzbarkeit. Der Steuervorteil kann in andere Formen der Vorsorge investiert werden.“
PRO NEUBAU, Michael Preis
„Neubauten bieten Investoren eine attraktive und zukunftssichere Investitionsmöglichkeit, die ökologische und ökonomische Vorteile vereint. Da sie den neuesten Standards entsprechen, sind sie weniger anfällig für zukünftige Regulierungen oder Sanierungsbedarf. Das verspricht eine stabile Rendite. Zudem zieht die Kombination aus moderner Infrastruktur und Energieeffizienz eine hohe Nachfrage seitens der Mieter nach sich, die qualitativ hochwertigen Wohnraum suchen. Auch wenn Bestandsimmobilien durch Sanierungen erheblich aufgewertet werden können, erreichen sie hinsichtlich Wertsteigerung und Energieeffizienz nur äußerst selten die Werte der Neubauten. Eine moderne Infrastruktur, die Aspekte wie Glasfaseranschluss und Fernwärmenetz berücksichtigt, steigert die Attraktivität zusätzlich und damit den Wert von Neubauten. Insgesamt sind Neubauten nicht nur energieeffizient. Sie versprechen auch eine kontinuierliche Wertsteigerung. “
Neubau- oder Bestandsinvestor – wer hat mehr Steuervorteile?
PRO BESTAND, Daniel Preis
„Eigentümer nicht selbst genutzter Immobilien können alles absetzen – von den Maklergebühren über die Verwaltungs- und Nebenkosten bis hin zur Grundsteuer. Das gilt auch für 2,0 Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten beziehungsweise 2,5 Prozent bei Gebäuden, die vor dem 31. Dezember 1924 errichtet wurden. Die steuerliche Absetzbarkeit kann noch höher ausfallen, wenn eine verkürzte Restnutzungsdauer gutachterlich bestätigt wird. Bei Bestandsimmobilien sind die Erhaltungsaufwendungen – also die Kosten für Reparaturen, Instandhaltung oder den Austausch vorhandener Teile – in der Regel höher. Dafür sind sie bis zu einem Rechnungsbetrag von 4.000 Euro pro Maßnahme sofort als Werbungskosten absetzbar. Auch Eigentümer vermieteter Bestandsimmobilien profitieren von den neuen Förderbedingungen. 10 Prozent bestimmter Sanierungsmaßnahmen können über zehn Jahre steuerlich geltend gemacht werden. “
PRO NEUBAU, Michael Peter
„Die kürzlich eingeführte Sonderabschreibung (degressive AfA) für Bauprojekte, die ab dem 1. Oktober 2023 begonnen wurden beziehungsweise beginnen werden und die den Effizienzhausstandard 55 erfüllen, stellt einen wichtigen Anreiz für Investoren dar. Diese für sechs Jahre geltende Maßnahme unterstreicht die steuerliche Attraktivität von Neubauinvestitionen – wovon letztlich alle Beteiligten profitieren. Auch wenn derzeit keine weiteren steuerlichen Anreize geplant sind, zeigt die Einführung der Sonderabschreibung, dass die Politik die Bedeutung des Neubaus erkannt hat. Sie ist bereit, Investitionen in diesem Bereich zu fördern. Für Investoren bedeutet das: Neubauten bieten nicht nur ökologische und ökonomische Vorteile, sondern auch steuerliche Anreize. Das verbessert die Rentabilität von Investitionen weiter.“
Über die Autoren:
Pro Bestand argumentiert Daniel Preis, Co-CEO der Domicil Real Estate Group.
Pro Neubau argumentiert Michael Peter, Gründer der P&P Group.