Wirtschaftswissenschaftler Thorsten Lange
Das Marktumfeld für Immobilien wandelt sich komplett

Wirtschaftswissenschaftler Thorsten Lange
Das Image von Immobilien hat zuletzt ordentlich gelitten. Statt eines soliden Fundaments für die Altersvorsorge scheinen Immobilien zum Fass ohne Boden zu werden. Die Gründe sind vor allem teure Anschlussfinanzierungen sowie hohe Investitionen in neue Heizungen und energetische Sanierungen.
Zudem haben sich innerhalb weniger Jahre die Anforderungen wie auch der Bedarf an Immobilien erheblich ver...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Das Image von Immobilien hat zuletzt ordentlich gelitten. Statt eines soliden Fundaments für die Altersvorsorge scheinen Immobilien zum Fass ohne Boden zu werden. Die Gründe sind vor allem teure Anschlussfinanzierungen sowie hohe Investitionen in neue Heizungen und energetische Sanierungen.
Zudem haben sich innerhalb weniger Jahre die Anforderungen wie auch der Bedarf an Immobilien erheblich verändert. Was ist los am Immobilienmarkt?
Das Zinsplus stellt eine Belastung für den fremdkapitallastigen Immobilienmarkt dar. So wurde der EZB-Leitzins, der zwischen 2014 und Mitte 2022 noch bei 0 Prozent lag, seitdem in acht Schritten auf 4 Prozent anhoben. Zumindest ein weiterer Zinsschritt, vermutlich um 25 Basispunkte, wird noch erwartet.
Die langfristigen Finanzierungskonditionen sind in einem vergleichbaren Umfang gestiegen und haben damit den in mehr als einer Dekade vollzogenen Rückgang in nur einem Jahr wettgemacht. Die Preise für Wohn- und Gewerbeimmobilien haben sich durch den Zinsrückgang zum Teil mehr als verdoppelt. Jetzt sinken sie zwar, das Niveau ist aber wesentlich höher als vor zehn Jahren.
Das Umfeld für Immobilien hat sich aber nicht nur durch den Zinsanstieg gewandelt. Weitreichender sind die gewandelten Anforderungen an Immobilien durch E-Commerce, Homeoffice und die alternde Gesellschaft. Außerdem stellt der Klimawandel aufgrund der hohen Klimagasemissionen von Immobilien eine enorme Herausforderung dar. Damit die Klimaneutralität in wenigen Jahren und die heutigen Anforderungen der Nutzer erfüllt werden, sind enorme Investitionen in den Immobilienbestand erforderlich, die sich aber nicht oder nur teilweise in höheren Mieten niederschlagen. Angesichts der nun viel höheren Finanzierungskosten ist die wirtschaftliche Umsetzung des Transformationsprozesses eine erhebliche Hürde.
Rapide gestiegene Bau- und Unterhaltskosten kommen noch hinzu und haben in Verbindung mit den vervielfachten Finanzierungskosten den Neubau abgewürgt. Geld für den Neubau fehlt aber auch, weil Wohnungsgesellschaften bei Anschlussfinanzierungen deutlich höhere Zinsen zahlen und hohe Summen in die energetische Bestandssanierung stecken müssen. Dabei steigt der Wohnbedarf durch die hohe Zuwanderung, die allein mit Blick auf den Arbeitskräftebedarf weiterhin ausgeprägt ausfallen dürfte, erheblich an. Zudem fehlen moderne Bürogebäude, die den veränderten Anforderungen der Arbeitswelt gerecht werden.
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