Grüne Geldanlage Impact-Investments brauchen Fondsmanager
Eines ist klar: Die Zukunft der Geldanlage ist grün. Dadurch wächst die Nachfrage nach ESG-Investments. Und weil Nachhaltigkeit im Trend liegt, steigt auch die Zahl der vermeintlich nachhaltigen ETFs. Sie nennen sich „ESG screened“, „ESG enhanced“ oder „ESG Leaders“. Manche setzen auch auf „Low Carbon“, auf „Ex Fossil Fuels“ oder auf „Socially Responsible Investment“. Aber stimmen diese Attribute auch? Und was bedeuten Formulierungen wie „Wir streben eine grüne Zukunft an …“?
Big Oil in nachhaltigen Indexfonds
Derzeit befinden sich in Deutschland rund 600 ETFs mit ESG-Rating im Angebot. Hier die Spreu vom Weizen zu trennen, ist für Privatanleger nahezu unmöglich. So finden sich beispielsweise in einer nachhaltigen ETF-Version des US-Index S&P 500 drei Big Oil-Firmen, ein Betreiber von Atomkraftwerken, mehrere Glücksspielanbieter und Unternehmen, die gentechnisch verändertes Saatgut vertreiben.
Hinzu kommt, dass Nachhaltigkeit oft mit grünen Investments gleichgesetzt wird. Dabei müssen bei wirklich ESG-konformen Unternehmen gleichzeitig auch die Ansprüche an Soziales und an die Governance erfüllt sein.
Wer mehr will, nämlich Rendite mit echten Zielen für eine nachhaltigere Wirtschaft und eine bessere Welt anstrebt – wer also Impact Investing betreiben will – der sollte sich nicht allein auf das passive Nachbilden eines Index verlassen, sondern vielmehr auf aktives und kompetentes Fondsmanagement setzen.
Denn bei den Kriterien eines ESG-Investments muss man genau hinschauen, besser noch: ganz genau. In der gezielten Überprüfung liegt ein ganz wesentlicher Unterschied zwischen einem passiven ETF und einem aktiven Fondsmanagement. Ein Index richtet sich bestenfalls nach Vorgaben wie den Artikeln 8 oder 9 der EU-Offenlegungsverordnung. Ganz genau hinschauen ist deutlich aufwendiger – dafür auch zielführender. Da geht es zunächst um zwei Dinge: Was macht ein Unternehmen? Das kann auch ein ETF nachbilden. Schwieriger wird es bei der zweiten, tiefergehenden Frage: „Wie tut es das?“
Diese Frage kann ein Index nicht beantworten. Hinzu kommt, dass zwischen beiden Fragestellungen ein großer Unterschied liegen kann. Nehmen wir mal an, ein chinesischer Solarhersteller nimmt es mit dem Arbeitsrecht nicht so genau und pumpt seine Abwässer in den nächsten Fluss – dann produziert er zwar grüne Solarmodule, ist aber kein nachhaltiges Unternehmen. Man sieht: nachhaltig ist nicht immer gleich nachhaltig.
Um der Sache auf den Grund zu gehen, benötigt man große Datenmengen und kompetente Menschen, die sie zu analysieren wissen. Mitunter können da auch externe Experten zum Einsatz kommen, die dabei helfen, tatsächlich ESG-konforme Investments herauszufiltern. Kein Index kann dies auch nur ansatzweise abbilden.
Im Dialog mit Unternehmen
Ein weiterer großer Unterschied zu ETFs ist, dass ESG-Fondsmanager:innen Active Ownership betreiben. Die Finanzindustrie in Form von großen Vermögensverwaltern und Fondsgesellschaften ist zu einem wesentlichen Treiber hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft geworden. Das heißt, dass Fondsmanager regelmäßig mit den Unternehmenslenkern sprechen. Und zwar nicht nur hinsichtlich der Rendite, sondern indem sie die Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten genaustens betrachten und aktiv zu mehr Nachhaltigkeit bewegen, wo dies nötig sein sollte. Das führt unter anderem zu verbesserten, ressourcenschonenden Produktionsprozessen oder neuen grüneren Technologien.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Dieser Dialog funktioniert auch bei großen multinationalen Konzernen, indem sich mehrere Investor:innen zusammenschließen, um ausreichend Gewicht zu haben. So praktiziert das beispielsweise die Koalition Climate Action 100+, eine Investoreninitiative, die das Ziel hat, die 100 größten globalen industriellen Treibhausgas-Emittenten zur Reduktion der Emissionen zu motivieren.
Ein Beispiel, wie das konkret funktionieren kann, ist das Engagement der Erste Asset Management mit dem österreichischen Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV. Im Rahmen des Dialogs mit dem Unternehmen werden ESG-Themen und Nachhaltigkeitsrisiken regelmäßig thematisiert. Dieser Dialog hat unter anderem dazu geführt, dass sich die OMV neue Emissionsziele gesteckt hat, durch die sie bis 2050 zu einem klimaneutralen Unternehmen werden will.
Zum Active Ownership gehört auch das Abstimmungsverhalten auf Hauptversammlungen. Heutzutage wird nicht zuletzt aus ESG-Gründen oftmals gegen Managemententscheidungen gestimmt. Mitunter läuft das Ganze aber auch anders herum: Es geschieht immer öfter, dass (vorwiegend junge) Unternehmen, auf Fondsgesellschaften zukommen und um Rat und Hilfe bitten, was sie bezüglich ESG beachten müssen oder unternehmen können. ESG ist also ein ganz wesentlicher und etablierter Faktor auf dem Finanzmarkt geworden.
Das Wachstumspotenzial ist riesig
Allerdings geht es nicht nur darum, die Welt zu verbessern. Es gilt natürlich auch, mit den nachhaltigen Investments eine solide Rendite zu erzielen. Die Umgestaltung der Wirtschaft hin zu Klimaneutralität und zu einer nachhaltigen wie sozialen Unternehmensführung ist ein Thema, das auf viele Jahre und Jahrzehnte hinweg beherrschend sein wird.
Auch wenn zuletzt die Euphorie um den Inflation Reduction Act der USA an den Börsen abgekühlt ist; ESG-konforme Unternehmen bieten ein größeres Wachstumspotenzial als die Weltwirtschaft per se. Vieles deutet darauf hin, dass ihre Geschäfte auch in Zukunft stetig zulegen werden, nicht zuletzt durch politische Maßnahmen. Und noch etwas kommt aus Sicht der Investor:innen hinzu: Ein Management, das nachhaltig denkt, hat eine langfristige Strategie. Das kommt dem Unternehmen in vielerlei Hinsicht zugute. Nicht zuletzt ist es auch ein Wettbewerbsvorteil beim Kampf um die besten Mitarbeiter:innen.
Um auf die Eingangsfragen zurückzukommen: Damit die gängigen Formulierungen rund um grünes Investment und sozialen Impact keine leeren Floskeln bleiben, braucht es kompetente Expertenteams zur Überprüfung. Jene, die hinter die Fassaden schauen und einen gesamtheitlichen Blick auf Unternehmen werfen. Fondsmanager, die sich für einen nachhaltigen Umgang mit Menschen und Ressourcen einsetzen, weil sie zu einer besseren Welt beitragen wollen. Denn so professionell ETFs und die maschinelle Abbildung eines Indizes heutzutage auch funktionieren – für ein wirklich grünes Investment braucht es am Ende den Faktor Mensch.
Über den Autor:
Clemens Klein ist Fondsmanager bei der österreichischen Erste Asset Management. Der von ihm gemanagte Fonds Erste Stock Environment (ISIN: AT0000A2BYE6) investiert vor allem in Unternehmen im Bereich der Umwelttechnologie.