Elisabeth Colleran im Gespräch „Indien und Indonesien sind besonders vielversprechend“
DAS INVESTMENT: Warum sollten Anleger momentan auf Schwellenländer-Anleihen setzen?
Elisabeth Colleran: Nun, Anleger sollten grundsätzlich nicht alle Eier in einen Korb legen, um es mit einem einprägsamen Satz zu sagen. Der trifft es inhaltlich aber sehr gut, da momentan das Gros der Investments in die Industriestaaten fließt. Andere Körbe wirken durchaus auch aussichtsreich, wenn man schaut, wie sich die Weltwirtschaft entwickelt. Der IWF hat gerade seine Prognosen für die nächsten Jahre aktualisiert.
Den Annahmen zufolge werden die Schwellenländer in den kommenden Jahren insgesamt mehr als doppelt so stark wachsen wie die Industriestaaten. In den nächsten fünf Jahren werden zudem unter den 20 wichtigsten Volkswirtschaften, die zur globalen Konjunktur beitragen, nur noch fünf entwickelte Länder sein. Das Wirtschaftswachstum wird weltweit von Schwellenländern angetrieben. Schon heute liegt der Anteil der Schwellenländer am globalen BIP bei fast 50 Prozent.
Ein dauerhafter Trend?
Colleran: Blicken wir zehn Jahre voraus, ist klar, dass die sich verändernde Wachstumsdynamik – getrieben von Faktoren wie Demographie, Urbanisierung und Reformen – zugunsten der Schwellenländer spricht. Zum Beispiel wird dann auch Indonesien zusammen mit Indien, China und Brasilien zu den zehn größten Volkswirtschaften der Welt gehören. Im Jahr 2050 schließlich bleibt voraussichtlich nur noch ein Industrieland unter den Top 10, nämlich die Vereinigten Staaten. Der breite wirtschaftliche Hintergrund spricht also für eine Diversifizierung mit Fokus auf aufstrebende Volkswirtschaften.
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DAS INVESTMENT: Warum sollten Anleger momentan auf Schwellenländer-Anleihen setzen?
Elisabeth Colleran: Nun, Anleger sollten grundsätzlich nicht alle Eier in einen Korb legen, um es mit einem einprägsamen Satz zu sagen. Der trifft es inhaltlich aber sehr gut, da momentan das Gros der Investments in die Industriestaaten fließt. Andere Körbe wirken durchaus auch aussichtsreich, wenn man schaut, wie sich die Weltwirtschaft entwickelt. Der IWF hat gerade seine Prognosen für die nächsten Jahre aktualisiert.
Den Annahmen zufolge werden die Schwellenländer in den kommenden Jahren insgesamt mehr als doppelt so stark wachsen wie die Industriestaaten. In den nächsten fünf Jahren werden zudem unter den 20 wichtigsten Volkswirtschaften, die zur globalen Konjunktur beitragen, nur noch fünf entwickelte Länder sein. Das Wirtschaftswachstum wird weltweit von Schwellenländern angetrieben. Schon heute liegt der Anteil der Schwellenländer am globalen BIP bei fast 50 Prozent.
Ein dauerhafter Trend?
Colleran: Blicken wir zehn Jahre voraus, ist klar, dass die sich verändernde Wachstumsdynamik – getrieben von Faktoren wie Demographie, Urbanisierung und Reformen – zugunsten der Schwellenländer spricht. Zum Beispiel wird dann auch Indonesien zusammen mit Indien, China und Brasilien zu den zehn größten Volkswirtschaften der Welt gehören. Im Jahr 2050 schließlich bleibt voraussichtlich nur noch ein Industrieland unter den Top 10, nämlich die Vereinigten Staaten. Der breite wirtschaftliche Hintergrund spricht also für eine Diversifizierung mit Fokus auf aufstrebende Volkswirtschaften.
Die Brics-Gruppe ist mehr Dialogforum als eine Allianz
Und was spricht für eine Anleihenstrategie in diesen zweifellos aufstrebenden Regionen?
Colleran: Innerhalb der Anlageklasse konzentrieren wir uns auf Anleihen, die Unternehmen aus den Emerging Markets in US-Dollar und manchmal in Euro ausgeben. Anleger können also die enormen Chancen der Unternehmen in Schwellenländern mit Investments in harten Währungen nutzen. Zudem sprechen wir von einer wachsenden Anlageklasse. Noch vor 15 Jahren bestand das Universum der Unternehmensanleihen aus Schwellenländern, definiert durch den JP Morgan Corporate EM Bond Index aus lediglich etwa 100 Emittenten. Inzwischen sind es weit über 700.
Mindestens ebenso wichtig ist die Tatsache, dass die Unternehmen in einer bemerkenswert guten Verfassung sind. Die Kreditkennzahlen fallen verglichen mit den Industrieländern viel besser aus, sowohl im Investment-Grade-Bereich (IG), als auch bei den Anleihen mit schwächeren Ratings, den High Yields (HY). Die Unterschiede sind so groß, dass wir bei IG von dem Faktor 2 bis 3 sprechen, bei HY sogar von 3 bis 4. In beiden Rating-Gruppen gibt es also Unternehmen, die mit einer viel niedrigeren Verschuldung operieren. Das ist ein guter Ausgangspunkt für das Risikomanagement, da dies in jedem Fall Sorgen dämpfen kann, etwa vor einer drohenden Rezession.
Welche Rolle spielt dabei die öffentlichkeitswirksam wachsende Gruppe der Brics-Staaten?
Colleran: Die Brics-Staaten werden oft als wirtschaftliches Gegengewicht zu den USA und westlichen Institutionen wahrgenommen, doch in der Praxis ist die Gruppe eher ein Dialogforum als eine echte Allianz. Wie ein Kollege es treffend ausdrückte: Es ist eher ein „Let’s be friends club“ als eine Wirtschafts- oder Militärallianz. Die Brics bieten Ländern wie Indien, China oder Brasilien eine Plattform zum Austausch, aber in wesentlichen Fragen wie militärischen oder währungspolitischen Themen gibt es kaum Konsens.
Wo sehen Sie derzeit die größten Differenzen innerhalb der Brics?
Colleran: Besonders das Wiederaufleben der Grenzkonflikte zwischen Indien und China zeigt die prekäre Natur dieser Verbindungen. Zwar heben Brics-Vertreter die Unabhängigkeit vom Westen hervor, doch viele der neuen Junior-Mitglieder streben eine neutrale Position an, um von beiden Seiten – also den Großmächten USA und China – wirtschaftliche Vorteile zu ziehen. Beispielsweise hat Malaysia signalisiert, dass es Teil der Brics werden möchte, um seine Unabhängigkeit zu demonstrieren und flexibel agieren zu können. Letztlich betrachten wir Brics weniger als strategischen Block, sondern als ein bemerkenswertes politisches Signal des globalen Südens. Dieses zeigt, dass die Länder ihre Interessen je nach Situation anpassen können und dazu auch bereit sind.
Wo liegen die Pluspunkte Ihrer Anlagestrategie?
Colleran: Die Titelwahl für unser Portfolio konzentrieren wir auf Hartwährungsanleihen aus Schwellenländern. Diese bieten im Vergleich zu Anleihen in lokalen Währungen eine stabilere Performance bei geringerer Volatilität. Unser Research beobachtet rund 650 Emittenten in 70 Ländern. Durch eine strikte Titelwahl, die Investment-Grade-Ratings bevorzugt, und den Verzicht auf hochspekulative Anleihen reduzieren wir Ausfallrisiken erheblich. Gleichzeitig nutzen wir kurze Laufzeiten, um die Zinsvolatilität zu minimieren. Unser Ansatz kombiniert eine detaillierte Kreditanalyse mit einem robusten Risikomanagement, um eine risikobereinigte Rendite zu erzielen.
Wie sieht die Performance aus und wie zufrieden sind Sie den Ergebnissen?
Colleran: Unsere Performance lag auf ein Jahr gesehen zum Ende Oktober 2024 bei rund 10 Prozent brutto. Damit haben wir den Drawdown des Jahres 2022, als die US-Notenbank Fed ihren aggressiven Zyklus von Zinserhöhungen begann, mehr als wettgemacht. Wichtig ist, dass wir unseren Prozess beibehalten haben und nach solchen turbulenten Phasen wie beispielsweise der Covid-19-Pandemie, der russischen Invasion in der Ukraine und den Zinserhöhungen der Fed zu unserem Volatilitätsziel von zwei Prozent zurückkehren konnten. Obwohl wir also durchaus auf Erfolge zurückblicken, streben wir kontinuierlich weitere Verbesserungen an, um Anlegern auch in schwierigen Märkten stabile Erträge zu bieten.
Welche Investments haben zuletzt am meisten beigetragen?
Colleran: Besonders erfolgreich waren unsere Positionen in Indien und der Türkei. Der Subkontinent profitierte von wirtschaftlichen Reformen und stabilem Wachstum, während die Türkei wegen einer verbesserten Geldpolitik und nachfolgenden Rating-Upgrades gefiel. Auch Brasilien erwies sich als starker Performer, unterstützt durch ein höheres BIP-Wachstum, als Analysten erwartet hatten. Blicken wir auf die Branchen, so trugen Unternehmensanleihen in den Bereichen Telekommunikation und erneuerbare Energien wesentlich zur positiven Entwicklung bei.
Was können Investoren künftig von ihrem Investment erwarten?
Colleran: Wir rechnen für das kommende Jahr weiterhin mit Renditen in moderater einstelliger Größenordnung. Die Zinssätze in den USA bleiben hoch, aber die Fed hat ihren Zyklus von Zinssenkungen begonnen, was uns vorsichtig optimistisch stimmt. In der Vergangenheit hat das Ende eines Zinserhöhungszyklus durch die US-Notenbank (Fed) die Voraussetzungen für eine starke Performance von EMD geschaffen. Wir gehen davon aus, dass sich die Spreads leicht ausweiten könnten, aber dies sollte eine günstige Entwicklung der Zinsstrukturkurve und die hohen Coupons im Fonds ausgleichen können. Anleger können sich auf eine stabile und diversifizierte Strategie verlassen, die flexibel auf Marktentwicklungen reagieren kann.
Ländereinschätzungen kommen auf den Prüfstand
Und von welchen Investments lassen Sie derzeit die Finger?
Colleran: Im Lichte potenzieller Zölle der USA und der Ungewissheit über die Entwicklung einiger sich verändernder Handelsdynamiken bewerten wir unsere Ländereinschätzungen in Bezug auf Wachstum und Widerstandsfähigkeit derzeit sorgfältig neu. In Mexiko, zum Beispiel, werden wir zurückhaltender, weil wir einige Reformen kritisch sehen und auf Anzeichen für eine Rückkehr zu mehr Haushaltsdisziplin achten. Wir meiden auch spekulative Hochzinsanleihen, um das Risiko weiter zu minimieren, zumal die zugrundeliegenden Renditen länger als erwartet höher bleiben könnten, was die Refinanzierungsbemühungen behindern könnte. Unsere Strategie zielt darauf ab, durch ausgewählte Investments in den vergleichsweise stabilen Regionen eine hohe Qualität beizubehalten.
Welchen Titeln trauen Sie künftig die größten Performance-Beiträge zu?
Colleran: Besonders vielversprechend sind weiterhin asiatische Märkte wie Indonesien und Indien. Gleichzeitig beobachten wir afrikanische Region wie Nigeria, die von Fortschritten im Energiesektor profitieren können. In China setzen wir auf stabile Konsumgüter- und Infrastrukturunternehmen, die trotz regulatorischer Unsicherheit attraktive Renditen bieten.
Über die Interviewte:
Elisabeth Colleran ist Portfoliomanagerin bei Loomis, Sayles & Company und steuert unter anderem die institutionelle Anleihenstrategie Loomis Sayles Emerging Markets Short Duration Credit.