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Indien: Wie ein McKinsey-Analyst sein Glück als Hirte im Himalaja suchte

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Ihr Leben bildet einen Kontrast zu Afzals Vergangenheit, der kaum größer sein könnte. Als junger Analyst im McKinsey Knowledge Center in Neu Delhi verdiente er 150.000 Dollar pro Jahr und gehörte damit zu den oberen 0,3 Prozent der wohlhabenden Elite in Indien. Eine Sprecherin von McKinsey in Mumbai lehnte einen Kommentar zu seiner Zeit bei dem Unternehmen ab. „Ich hatte ein großartiges Gehalt, eine großartige Unterkunft, gutes Essen, gute Freunde und bin durch die ganze Welt gereist, aber irgendetwas hat mich immer wieder an diesen Ort zurückgezogen“, sagt Afzal. In seiner Heimatregion habe er den schweren Überlebenskampf seiner Freunde und Familie gesehen, was ihn erschütterte. „Es war wie zwei gegensätzliche Welten und ich stand in der Mitte.“ Jetzt will Afzal den Nomaden das Spinnen und Weben von Tüchern beibringen lassen. Sieben Prozent der Umsätze sollen wieder in die Region investiert werden, in der er aufgewachsen ist.
Einer seiner früheren Klassenkameraden, Seetu Kohli, steckte 250.000 Dollar in das Unterfangen und leitet einen Verkaufsraum in Neu Delhis Stadtviertel Qutab Minar, wo in diesem Monat mit dem Verkauf der Paschmina-Schals aus Afzals Dorf begonnen wird. Eine zweite Filiale soll in Mumbai eröffnet werden, und Afzal sucht nach Investoren außerhalb Indiens. „Ich habe mein Lebtag damit verbracht, in Luxusproduktlinien zu investieren, habe versucht, die seltenen Juwele zu finden, die in Indien ankommen“, sagt Kohli. „Indien muss die Kontrolle über das Pashmina-Geschäft wieder erlangen.“
Das ist eine große Herausforderung. Verbraucher in den USA und Europa können massenproduzierte Kaschmirpullover aus China oder der Mongolei schon ab 35 Dollar kaufen. Die indischen zeichnen sich nach Aussage von Janet Rizvi, Autorin von „Pashmina: The Kashmir Shawl and Beyond“, durch ihre Qualität aus. „Indien hat die arbeitsintensive Kunst des Handwebens perfektioniert“, sagt Rizvi. „Was Spitzenqualität angeht: die haben wir hier.“
Die Herstellung eines indischen handgewebten Pashmina-Tuchs kann Monate oder sogar Jahre dauern. Das liegt auch an den komplizierten Mustern, die manchmal mit Gold- oder Silberfäden durchzogen sind. In ganz Kaschmir, von den Häusern aus Ziegeln und Lehm in den Städten Srinagar und Jammu bis hin zu den Hochlandtälern von Ladakh, arbeiten Männer und Frauen an Handwebstühlen zur Herstellung und Bestickung der Stoffe. Ihre Zukunft könnte davon abhängen, Hirten wie Tsering Chosgail auf den Gebirgspässen über ihnen zu überzeugen, dass sich die Aufzucht dieser einzigartigen Ziegen noch immer lohnt.
„Kein Geld dieser Welt kann uns retten, es ist einfach zu kompliziert“, sagt der 29-jährige Chosgail, während er mit Chicago-Bulls-Kappe und rosa Schal bekleidet in einem schwach beleuchteten medizinischen Behandlungszelt im Schneidersitz hockt. Das Wetter ist seiner Aussage nach einfach zu unberechenbar und die Winter sind kälter geworden. „Hirte zu sein ist ein Kampf.“

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