Anlagestratege der Bethmann Bank Inflation ist diesmal kein Problem


Foto: Bethmann Bank
Die Inflation dürfte in diesem Jahr anziehen. Dafür gibt es im Wesentlichen vier Gründe. So werden sich – erstens – zunehmend Basiseffekte bemerkbar machen: Im Frühjahr des vergangenen Jahres sind infolge der Corona-Pandemie vor allem die Preise für Hotelübernachtungen, Mietwagen, Flüge und Bekleidung zum Teil stark gefallen. Die Vergleichsbasis für die Preise dieses Jahres bewegt sich somit auf einem niedrigen Niveau. Das gilt beispielsweise auch für Öl.
Gleichzeitig ist weltweit ein kräftiges und synchrones Wirtschaftswachstum zu beobachten. In China ist durch das Ausbleiben einer zweiten Corona-Welle im Winter in diesem Jahr ein Plus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 8,5 Prozent zu erwarten. Und in den USA, die ihre Wirtschaft auch während der Virus-Pandemie nicht wirklich heruntergefahren haben, ist mit einem Wachstum von fast 6 Prozent zu rechnen. Selbst Europa dürfte 2021 um mehr als 3 Prozent expandieren. Der Welthandel bewegt sich schon wieder auf dem Vor-Corona-Niveau.
Die wieder steigende Nachfrage in den größten Volkswirtschaften der Welt trifft – drittens – auf ein stagnierendes und teils sogar reduziertes Angebot. Beispielsweise hat die Lufthansa angekündigt, 150 ihrer 750 Maschinen auszumustern. Auch die Tourismus-Branche hat ihre Kapazitäten zum Teil spürbar abgebaut. Und in den USA hat sich die Zahl der Ölbohrtürme nach Angaben von Baker Hughes in den zurückliegenden zwölf Monaten glatt halbiert. Oder Restaurants: Wenn sie wieder öffnen dürfen, werden sie Corona-bedingt weniger Plätze anbieten können als in früheren Zeiten. Das verknappte Angebot zeigt sich auch bei den Frachtraten für Containerschiffe, die sich im Vergleich zu 2020 in etwa verdreifacht haben.
Das vierte Argument für eine steigende Inflation sind spürbare Nachholeffekte, die zu erwarten sind. Einen Vorgeschmack darauf haben die Bilder von den Menschentrauben in der Wiener Innenstadt gegeben, als dort der Einzelhandel Anfang Februar wieder aufgemacht hat. Durch die eingeschränkte Bewegungsfreiheit und die mangelnden Einkaufsmöglichkeiten haben die Menschen sehr viel mehr Geld zur Seite gelegt als vor Corona. So ist die Sparquote in Deutschland 2020 von zuvor 10,9 auf den Rekordwert von 16,3 Prozent gestiegen. Wenn es wieder möglich ist, werden die Menschen einen Teil ihres verschobenen Konsums nachholen.
3 Prozent Inflation durchaus realistisch
Der Wirtschaftsweise Volker Wieland hält es für möglich, dass dieses Jahr die Verbraucherpreise in Deutschland um 3 Prozent steigen. Jens Weidmann, der Chef der Deutschen Bundesbank, kann sich ebenfalls eine Drei vor dem Komma vorstellen.
Neben den kurzfristigen Effekten in diesem Jahr gibt es auch noch längerfristige Entwicklungen, die wieder für höhere Inflationsraten sorgen könnten. So wird die zunehmende Alterung in den westlichen Industrieländern und in Japan zunehmend den Fachkräftemangel verstärken und damit für höhere Löhne sorgen. Gleichzeitig verursacht die De-Globalisierung einen Anstieg der Produktionskosten. Beides treibt tendenziell die Verbraucherpreise nach oben.