Volkswirt Jörg Angelé
Der Preisdruck lässt nach
Jörg Angelé arbeitet als Volkswirt bei Bantleon. Foto: Thomas Wieland
In der Eurozone ist die Inflation zuletzt stark gesunken. Jörg Angelé von der Anlagegesellschaft Bantleon erklärt, warum das so ist und welcher Preistrend sich für die kommenden Monate abzeichnet.
Seit ihrem Höchstwert von 10,6 Prozent im Oktober 2022 ist die Inflationsrate in der Eurozone erheblich gesunken – zuletzt auf 6,9 Prozent im März. Der Grund für diesen Rückgang waren stark rückläufige Energiepreise.
Weniger günstig hat sich demgegenüber die sogenannte Kerninflationsrate – ohne Energie, Nahrungs- und Genussmittel – entwickelt. Sie ist im genannten Zeitraum von 5,0 Prozent auf 5,7 Prozent gestiegen. Das lässt insbesondere die Europäische Zentralbank (EZB) nicht kalt. Die größte Furcht ist die Verfestigung des unterliegenden Preisauftriebs auf dem aktuellen Niveau.
Die Kernrate klettert weiter
Kurzfristig dürfte die Kernrate...
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Seit ihrem Höchstwert von 10,6 Prozent im Oktober 2022 ist die Inflationsrate in der Eurozone erheblich gesunken – zuletzt auf 6,9 Prozent im März. Der Grund für diesen Rückgang waren stark rückläufige Energiepreise.
Weniger günstig hat sich demgegenüber die sogenannte Kerninflationsrate – ohne Energie, Nahrungs- und Genussmittel – entwickelt. Sie ist im genannten Zeitraum von 5,0 Prozent auf 5,7 Prozent gestiegen. Das lässt insbesondere die Europäische Zentralbank (EZB) nicht kalt. Die größte Furcht ist die Verfestigung des unterliegenden Preisauftriebs auf dem aktuellen Niveau.
Die Kernrate klettert weiter
Kurzfristig dürfte die Kernrate tatsächlich noch weiter steigen. Das hat allerdings in erster Linie technische Gründe: Infolge der starken Erhöhung des Warenkorbgewichts für Pauschalreisen von 0,7 Prozent im Jahr 2022 auf 1,5 Prozent in diesem Jahr wird das Saisonmuster der Verbraucherpreisentwicklung durcheinandergewirbelt.
Das führt im Ergebnis dazu, dass die (Kern-) Inflationsrate in den ersten Monaten des laufenden Jahres unterzeichnet, im zweiten und dritten Quartal jedoch überzeichnet wird. Zwischen Oktober und Dezember wird sie dann wieder unterzeichnet. Vor diesem Hintergrund rechnen wir bis Juni mit einem Anstieg der Kerninflationsrate auf oder knapp über 6,0 Prozent.
Weniger Unternehmen wollen Preise anheben
Mittelfristig ist dagegen unverändert mit einem merklichen Rückgang des unterliegenden Preisauftriebs zu rechnen. Die Kernrate hat die Entwicklungen der Energie- und Nahrungsmittelpreise in der Vergangenheit mit einer Verzögerung von zwei bis drei Quartalen nachvollzogen. Diese Zeit benötigen Unternehmen, um die gestiegenen Kosten an die Verbraucher weiterzugeben.
Da der von den Energie- und Nahrungsmittelpreisen ausgehende Kostendruck sein Maximum im vergangenen Oktober erreicht hatte und seither rasch nachlässt, deutet sich bei der Kerninflation eine Trendwende in diesem Sommer an.
Gestützt wird diese Prognose durch die Entwicklung der von der EU-Kommission ermittelten Absatzpreiserwartungen in der Industrie und im Service-Sektor. Der Anteil der Hersteller langlebiger Konsumgüter, die planen, ihre Preise in den nächsten Monaten anzuheben, ist seit rund einem Jahr deutlich rückläufig.
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