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in Aus Tradition die Zukunft im BlickLesedauer: 7 Minuten
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Anleihen als Performancetreiber Darum sollten wir strukturelle Inflationstreiber berücksichtigen

Suche im Supermarktregal
Suche im Supermarktregal: Die realen Lohnsteigerungen in den USA stützen das Wachstum und wirken der Disinflation entgegen. | Foto: Imago Images / Levine-Roberts
Frédéric Leroux, Carmignac

Die Inflation, die 40 Jahre lang kein Thema war, ist zurück – und sorgt an den Märkten für Beunruhigung. Von den Finanzakteuren, die 1980 an der Börse aktiv waren, sitzen heute nur noch sehr wenige an den Bildschirmen. Ist diesen Akteuren die Erinnerung an die Jahre, in denen die Inflation in den USA und Europa bis auf 15 Prozent stieg, überhaupt noch präsent?

All jene, die heute noch daran glauben, dass ein Blick in die Vergangenheit zu verstehen hilft, was wir aktuell erleben und was uns erwartet, sollten die Geschichtsbücher zur Hand nehmen. Denn aus dem Zeitraum zwischen 1965 und 1980 lassen sich viele Lehren ziehen. Damals wurde die Inflation durch einen Ölpreisschock ausgelöst, der eine lange ruhige Phase bei der Preisentwicklung beendete; der Ablauf war der gleiche wie in der aktuellen Situation.

Strukturelle Inflationstreiber

Dennoch ist unsicher, ob die Finanzakteure die Preisexplosion nach der Covid-19-Pandemie schon als Anzeichen eines echten Inflationszyklus betrachten. Denn ihre Inflationserwartungen für die USA laufen auf einen Rückgang in Richtung 2,75 Prozent bis Mitte 2023 und eine anschließende Stabilisierung auf einem Niveau von etwa 3 Prozent in den Folgejahren hinaus. Das würde einer schnell wieder abebbenden Teuerungswelle entsprechen, wie wir sie zwei- oder dreimal in den letzten 40 Jahren erlebt haben.

Es gibt jedoch mehrere strukturelle Inflationstreiber, die man berücksichtigen sollte: die demografische Entwicklung (weniger Sparer weltweit, weniger junge Menschen in China, die auf den Arbeitsmarkt drängen); den Handel (sinkender Anteil des Welthandels am BIP und weniger kompetitive Disinflation, mögliches Ende des Preisverfalls im Onlinehandel) und gesellschaftliche Gründe (Vorrang ethischer Erwägungen gegenüber schnellen Erfolgen) oder die Energiewende.

 

Mittel gegen die anhaltende Inflation

Wenn sich solche Grundtendenzen umkehren, kann dies zu einer anhaltenden Inflation führen. Wird es den Zentralbanken vor diesem Hintergrund wirklich gelingen, die Inflation mithilfe von einigen Zinsanhebungen einzudämmen?

Entscheidungen, wie sie 1980 in den USA gefällt wurden, wären heute jedenfalls kaum vorstellbar. Paul Volcker, der damalige Präsident der US-Notenbank Fed, hob die Leitzinsen damals auf 20 Prozent an, und die Inflation ging auf etwa 10 Prozent zurück. Im gleichen Jahr beendete US-Präsident Ronald Reagan die Lohn-Preis-Spirale, indem er 11.400 Fluglotsen aus dem Staatsdienst entließ – mit der Begründung, dass sie sich an einem illegalen Streik für mehr Lohn beteiligt hätten. Darüber hinaus begannen sich die immensen Investitionen im US-Ölsektor auszuzahlen, die nach dem Ölpreisschock von 1973 zum Ausbau der lokalen Förderung getätigt worden waren.

Lohnsteigerungen wirken Disinflation entgegen

Viele Marktteilnehmer glauben heute, dass mit einem Ende des Krieges in der Ukraine auch der Anstieg der Energiepreise schnell vorbei wäre. Aber solange man nicht von einem Rücktritt Wladimir Putins ausgehen kann, ist nicht gesagt, dass die früheren Versorgungsquellen umgehend wieder zur Verfügung stehen werden. Alternative Lösungen stehen noch nicht in ausreichendem Maße bereit, und gleichzeitig erzeugt der Rückgang der Investitionen in fossile Energien seit fast zehn Jahren einen unausweichlichen Aufwärtsdruck auf die Preise. Dass wir trotz eines Stillstands in China mit einer Energiekrise konfrontiert sind, verdeutlicht den Ernst der Lage.

Zudem wirkte das Ende der Covid-19-Krise als Motor für die Inflation, da die Nachfrage dank massiver Konjunkturpakete in den USA angestiegen ist, während es auf der Angebotsseite Probleme wegen der stillstehenden Produktionsketten gab. Die zusätzlichen Ersparnisse, die die US-Verbraucher während dieser Krise bilden konnten, entsprechen 12 Prozent des US-BIP. Dadurch befinden Sie sich bei Lohnverhandlungen mit den Arbeitgebern in einer starken Position, was derzeit zu einem jährlichen Lohnanstieg von durchschnittlich 7 Prozent führt. Wenn die Inflation wieder zu sinken beginnt, wird der Lohnanstieg langsamer an Fahrt verlieren. Auf diese Weise ergeben sich reale Lohnsteigerungen, die das Wachstum stützen und der Disinflation entgegenwirken werden.