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Inflation und Leitzinsen Die Notenbanken stecken in der Klemme

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Neben den höheren Kosten für Rohstoffe unterstützen auch die steigenden Löhne die Teuerung. Vor allem in den USA zahlen viele Unternehmen mehr als den Mindestlohn. Und Antrittsprämien für Angestellte, die einen Job neu anfangen, sind in den Vereinigten Staaten keine Seltenheit mehr. Aufgrund der demographischen Entwicklung dürfte das Angebot an Arbeitskräften in den kommenden Jahren sinken, da jetzt zunehmend die Babybommer in Rente gehen – und zwar nicht nur in den USA, sondern auch in Europa und schon lange in Japan.

Schließlich bleiben die Lieferketten vorerst fragil. Denn die Transportkapazitäten wurden während der Corona-Pandemie abgebaut und lassen sich nicht umgehend wieder hochfahren. Es liegt auf der Hand, dass es eine Zeit dauert, ein Containerschiff, was verschrottet wurde, durch ein neues zu ersetzen.

Fahrplan der Notenbanken mit Fragezeichen

Der Chef der amerikanischen Notenbank Fed, Jerome Powell, und Christine Lagarde, die Präsidentin der EZB, haben auf ihren Sitzungen Mitte Dezember recht klar kommuniziert, wie es 2022 mit der Geldpolitik weitergehen soll. Die Fed will bis zum Frühjahr ihr Anleihekaufprogramm beenden und im kommenden Jahr insgesamt dreimal die Zinsen anheben. Die EZB peilt dagegen keine Zinserhöhungen an, plant aber zumindest, die Anleihekäufe leicht zurückzufahren.


Die Anleger dürfen gespannt sein, ob es dabei bleiben wird. Die EZB hat bereits ihre Schätzung für die Inflationsrate im kommenden Jahr auf 3,2 Prozent fast verdoppelt. Die Deutsche Bundesbank ging bei ihrer Prognose analog vor. Da die USA im Zyklus weiter fortgeschritten sind, könnte dort die Teuerungsrate sogar noch höher ausfallen. Damit bewegen sich die Fed und die EZB im kommenden Jahr in einem kniffeligen Umfeld. Denn die Inflation wird sich zwar aller Voraussicht nach zurückbilden, dennoch längere Zeit über der Zielmarke von zwei Prozent bewegen.

Wenn die Notenbanken aber stärker als bislang angekündigt an der Zinsschraube drehen, geraten nicht nur die hoch verschuldeten Staaten in die Bredouille, sondern auch die Rohstoffproduzenten. Denn höhere Kapitalkosten verteuern wiederum Investitionen auf der Angebotsseite. Im kommenden Jahr dürften sich somit die Finanzmärkte in einem Spannungsfeld mit einer eigentlich zu hohen Inflationsrate und gleichzeitig zu niedrigen Leitzinsen bewegen. Das sollte zumindest für zunehmende Volatilität sorgen.

Über den Autor: Norbert Hagen ist Sprecher des Vorstands der ICM Investmentbank. Das Institut wurde 1999 als Buyout der HypoVereinsbank-Gruppe gegründet und verwaltet rund 500 Millionen Euro an Kundengeldern.

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