Volkswirt Klaus Bauknecht
Bei Gewinnen deutet sich eine Kehrtwende an

Klaus Bauknecht arbeitet als Volkswirt bei der IKB Deutsche Industriebank. Foto: IKB Deutsche Industriebank
Im inflationären Umfeld konnten Unternehmen ihre Gewinne steigern. Aktuell gibt es jedoch deutliche Korrekturen. Hier erklärt IKB-Volkswirt Klaus Bauknecht, welche Trends dahinter stecken.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde betonte zuletzt, dass sich die Gewinnmargen von Unternehmen anpassen müssen, um die Inflation infolge des möglichen Lohndrucks abzumildern. Steigen also die Löhne und damit auch die Lohnstückkosten deutlich, bedarf es Druck auf Unternehmen, damit diese die Kostensteigerung nur teilweise weitergeben. So lässt sich vermeiden, dass eskalierende Lohnerhöhungen und damit Zweitrundeneffekte zu weiteren Inflationsschüben führen.
Unternehmen geraten unter Druck
Natürlich entsteht dadurch Margendruck für Unternehmen, weil sie Kosten nicht vollständig weitergeben können. Zudem dürften Unternehmen versuchen, aufgrund der Belastung ihrer Gewinne...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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EZB-Präsidentin Christine Lagarde betonte zuletzt, dass sich die Gewinnmargen von Unternehmen anpassen müssen, um die Inflation infolge des möglichen Lohndrucks abzumildern. Steigen also die Löhne und damit auch die Lohnstückkosten deutlich, bedarf es Druck auf Unternehmen, damit diese die Kostensteigerung nur teilweise weitergeben. So lässt sich vermeiden, dass eskalierende Lohnerhöhungen und damit Zweitrundeneffekte zu weiteren Inflationsschüben führen.
Unternehmen geraten unter Druck
Natürlich entsteht dadurch Margendruck für Unternehmen, weil sie Kosten nicht vollständig weitergeben können. Zudem dürften Unternehmen versuchen, aufgrund der Belastung ihrer Gewinne effektive Lohnerhöhungen zu verhindern. Entscheidend für diese Entwicklung ist sicherlich eine sich abschwächende Nachfrage, die den Preisbildungsprozess der Unternehmen unter Druck setzt.
Die Nachfrageabkühlung wird zunehmend durch die aktuelle geldpolitische Straffung erreicht. Damit dürfte es Unternehmen nicht mehr gelingen, den Kostendruck unvermindert weiterzugeben. Diese Entwicklung wäre in der Tat eine Umkehr der Entwicklungen in den Jahren 2021 und 2022. Damals hatten Angebotsengpässe auf der einen und eine robuste Nachfrage auf der anderen Seite zu Preiserhöhungen geführt, die kräftiger ausfielen als es die Entwicklung von Lohnstückkosten und Importpreisen signalisierte. Das gilt zumindest für die Erzeugerpreise und damit für Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes.
Abbildung 1 zeigt die tatsächliche Erzeugerpreisinflation und die Modellschätzung, wenn der Kostendruck aufgrund steigender Lohnstückkosten und Importpreise eins zu eins weitergegeben würde.

Ob die Diskrepanz zwischen Modellschätzung und tatsächlichem Erzeugerpreisverlauf allein durch die Ausweitung von Gewinnmargen erklärt werden kann, ist sicherlich fraglich. Fakt ist jedoch: Die Erzeugerpreisinflation fiel vor allem im Jahr 2022 deutlich höher aus, als der Kostendruck signalisiert. Stiegen Importpreise und Lohnstückosten um je ein Prozent, erhöhten sich die Erzeugerpreise um deutlich mehr als ein Prozent. Das Ausmaß des Unterschieds ist im historischen Vergleich einmalig.
Was hat die Erzeugerpreise so ansteigen lassen? Wenn Preise auf Basis von Kosten modelliert werden, liegt die Interpretation einer Margenausweitung nahe. Diese Interpretation wurde durch Angebotsschocks in Verbindung mit der robusten Nachfrage gestützt.
Erzeugerpreise beinhalten Preise für die im Bergbau, im verarbeitenden Gewerbe sowie in der Energie- und Wasserwirtschaft in Deutschland erzeugten und im Inland verkauften Produkte. Das sind Branchen, die zuerst von eskalierenden Rohstoff- und Energiepreisen betroffen sind. Die Preise erhöhten sich hier deutlich kräftiger als es die Kosten signalisierten.
Für die Volkswirtschaft insgesamt gilt der Trend jedoch nicht so ausgeprägt. Denn wird anstatt der Erzeugerpreise der BIP-Deflator und damit die Preisentwicklung aller in Deutschland produzierten Güter und Dienstleistungen berücksichtigt, ergibt sich keine nennenswerte Diskrepanz zwischen Kosten und finalem Preis. Deshalb kann nicht pauschal argumentiert werden, die gesamte Volkswirtschaft habe die Inflation durch Margenausweitung über das Maß des Kostendrucks hinaus nach oben getrieben.
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