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in Politik der ZentralbankenLesedauer: 4 Minuten

Inflationsverlagerung Notenbanken produzieren Inflation an der falschen Stelle

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Ein „monetäres Phänomen“

Der Ökonom Milton Friedman sagte einst: „Inflation ist ein monetäres Phänomen. Es wird von der Notenbank geschaffen und von ihr gestoppt.“ Wenn das zutrifft, wieso ist es den Notenbanken nicht gelungen, ihr Ziel zu erreichen?

Normalerweise hätte die Bereitstellung zusätzlicher Liquidität dazu geführt, dass „zu viel Geld auf zu wenige Güter trifft“, um wiederum Friedman zu zitieren, was zu Inflation führt. Weshalb ist es dann nicht zu verstärkter Inflation gekommen? Die Antwort lautet: Es ist tatsächlich zu Inflation gekommen, jedoch nicht bei Gütern und Dienstleistungen, sondern an den Finanzmärkten. Die starke Erholung der Immobilienmärkte, die Tatsache, dass der US-Aktienindex S&P 500 ein Shiller-KGV von 30,3 aufweist, die ungewöhnlich niedrigen Anleihenrenditen und entsprechend hohen Anleihenkurse, das alles spiegelt aufgeblähte Vermögenspreise wider. Da diese Sachwerte aber nicht in den Warenkörben der Notenbanken enthalten sind, werden ihre Preissteigerungen nicht als inflationstreibend registriert.

Alternative Sichtweisen

Es gibt beispielsweise Ökonomen, die zwar die Erklärung für sinkende Inflationsraten akzeptieren, sich aber eher auf die mit rückläufiger Inflation und entsprechenden Erwartungen verbundenen Risiken konzentrieren und ihnen begegnen wollen. Diese Gruppe betont, dass die hauptsächlich auf den Leitzins gestützte Geldpolitik an Wirksamkeit bei der Erzeugung von Inflation verloren hat. Daraus schließen sie, dass eine andere Vorgehensweise erforderlich ist.

Des Weiteren argumentieren sie, dass die Löhne üblicherweise nach unten kaum flexibel sind, wenn es einfacher ist, Arbeitnehmer zu entlassen, was der Konjunktur abträglich sein kann. Und wenn man die Inflation sinken lässt, steigt das reale Verschuldungsniveau im Zeitverlauf (bei konstanten Zinsen). Demnach ist jemand, der bei Aufnahme einer 30-jährigen Hypothek eine Inflationsrate von zwei Prozent unterstellt, bei strukturell rückläufiger Inflation mit einem effektiv höheren Schuldenstand konfrontiert.

Gemessen an den Aussagen diverser Notenbankvertreter scheinen die meisten davon dem zweiten Lager anzugehören. Dies deutet auf ein Boom & Bust-Szenario hin, das heißt die Notenbanken pumpen zu viel Liquidität in das Finanzsystem und produzieren dadurch „Inflation“ an der falschen Stelle. Möglich ist aber auch ein günstigeres Szenario, in dem die klassische Inflation zurückkehrt, wenn auch mit Verzögerung. Wir sind etwas skeptisch, was die These „die Inflation ist tot“ angeht. Unter anderem, weil es derartige Behauptungen in der Vergangenheit schon öfters gab. Sie erinnern ein wenig an die alle zehn Jahre aufkommende These, dass es keinen Konjunkturzyklus mehr gebe. Wir denken, dass sich Inflation niemals ganz vermeiden lässt.

Inflation dürfte mit einer Verzögerung einsetzen

Solange Angebot und Nachfrage nicht vollkommen miteinander übereinstimmen, bleibt Inflation ein Merkmal unseres Wirtschaftssystems. Man kann insbesondere an den Arbeitsmärkten eine Verknappung beobachten, wo die Nachfrage das Angebot übertrifft. Der technische Fortschritt mag die Anhebung der Löhne verzögert haben. Wir sehen jedoch keinen Grund, warum es am Ende nicht dazu kommen sollte. In diesem Fall – unserem Basisszenario – wird die Inflation mit einer gewissen Verzögerung einsetzen. Und dann dürften auch die Anleihenrenditen steigen.

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