Für Rendite und Nachhaltigkeit Erfolgreich in landwirtschaftliche Innovationen investieren
Lebensmittel zählen zu den Basiskonsumgütern – und Investments in die Branche gelten gemeinhin als sichere Geldanlage. Doch vor allem Unternehmen mit kritischen Nachhaltigkeitspraktiken könnten in Zukunft an Rentabilität einbüßen: Die Branche rückt zunehmend ins Visier einer immer umweltbewussteren Öffentlichkeit und der Regierungen.
Berechtigte Vorwürfe gegen traditionelle Landwirte
Und das zurecht: Die Branche verursacht durch ressourcenintensive traditionelle Landwirtschaft etwa ein Drittel aller Treibhausgasemissionen und trägt so laut der Fachzeitschrift „Nature Food“ von der University of Illinois erheblich zur Erderwärmung bei, ganz zu schweigen von den Schäden, die sie der Umwelt und der Biodiversität zufügt. Hinzu kommt, dass 75 Prozent der neuartigen Viren dank der Massentierhaltung aus der Nahrungskette stammen. Schlimmer noch: Ungefähr 30 Prozent aller produzierten Lebensmittel werden weggeworfen – während laut den Vereinten Nationen täglich 25.000 Menschen verhungern, Tendenz steigend.
Angesichts dessen wandelt sich nicht nur das Verbraucherverhalten zugunsten nachhaltiger Lebensmittelproduktion. Auch Regierungen und supranationale Organisationen verschärfen die Nachhaltigkeitsvorschriften und Offenlegungspflichten für die Unternehmen. Strengere Regulierung wird sich langfristig auf die Rentabilität von Lebensmittelunternehmen mit kritikwürdigen Praktiken auswirken.
Zum einen bringt fehlende Nachhaltigkeit die Gefahr immer stärkerer Reputationsrisiken mit sich. Damit dürfte sich die Kapitalbeschaffung für solche Unternehmen verteuern, da Investoren ihr Kapital abziehen oder höhere Risikoprämien für Anleihen verlangen. Zum anderen dürften strengere Ziele für die CO2-Reduzierung die Kosten solcher Akteure in die Höhe treiben. Ein Beispiel dafür ist das Fit-für-55-Programm der Europäischen Union, das das bestehende EU-Emissionshandelssystem verschärft und höhere CO2-Preise für Düngemittel erhebt.
Ein Markt mit Wachstumspotenzial
Immer mehr Lebensmittelproduzenten ergreifen Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit, und innovative Unternehmen entwickeln Lösungen für die Herausforderungen, mit denen sich die Branche konfrontiert sieht. Dazu brauchen diese Unternehmen enorme Investitionen – das schafft vielversprechende Anlagemöglichkeiten für Investoren.
Denn nachhaltige Lebensmittelunternehmen profitieren von gleich zwei Entwicklungen: Dank einer wachsenden Anzahl umweltbewusster Verbraucher, die zu nachhaltigen Alternativen greifen, wächst der Markt für nachhaltige Lebensmittel kontinuierlich. So verzeichnet der weltweite Verkauf von Bio-Lebensmitteln seit 20 Jahren ein jährliches Wachstum von 10 Prozent. Der Markt für vegane Lebensmittel könnte einem Bericht von Bloomberg Intelligence zufolge bis zum Jahr 2030 einen Wert von über 162 Milliarden US-Dollar erreichen – gegenüber 29,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020.
Gleichzeitig erhalten nachhaltige Lebensmittelproduzenten und Innovatoren in diesem Bereich einen Wettbewerbsvorteil durch Regulierung und Unterstützungsmaßnahmen. Eine Vielzahl von Regierungen und internationalen Organisationen treiben Innovationen in der Lebensmittelherstellung durch explizite Förderprogramme voran, beispielsweise indirekt durch den EU Circular Economy Action Plan, dessen Ziel – der Schutz der Biodiversität und der Wandel zur Kreislaufwirtschaft – auch durch eine umweltfreundlichere Nahrungsproduktion gefördert wird.
Technologie für effizientere Landwirtschaft und weniger Verschwendung
Doch welche Bereiche sind besonders vielversprechend? Während künstliche Intelligenz (KI) zuletzt vor allem dank Anwendungen wie ChatGPT Schlagzeilen machte, transformieren Innovationen in diesem Bereich auch die Lebensmittelindustrie und können diese nachhaltiger machen. Die Anwendung von KI und Technologie in der Landwirtschaft kann zum Beispiel dazu beitragen, Wasser, Licht, Düngemittel und Pestizide effektiver zu nutzen.
So werden Ressourcen gespart, Kosten gesenkt und die Umwelt weniger belastet. Lösungen im Bereich der KI und des maschinellen Lernens, wie sie beispielsweise der Landmaschinenhersteller Deere & Co. anbietet, können Landwirte dabei unterstützen, Ernten zu überwachen, Krankheiten zu erkennen, Erträge vorherzusagen und Produktionsprozesse zu optimieren. Ein Nebeneffekt dieses effektiveren und schonenderen Ansatzes ist eine verbesserte Gesundheit der Tiere und der Pflanzen, was sich wiederum in einer höheren Lebensmittelqualität äußert.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Verbraucher und Regierungen fordern zunehmend mehr Transparenz in der Versorgungskette und Schritte von den Anbietern von Lebensmitteln, Abfälle zu minimieren. KI und bessere Technologien können Verluste, die bei der Ernte und den Transportwegen entstehen, reduzieren oder gar verhindern: Etwa durch datengesteuerte Bedarfsprognosen, Temperaturüberwachung oder Bestandmanagement. Ein Pionier auf diesem Gebiet ist das Unternehmen China Mengniu.
Es entwickelt unter anderem Systeme für die Echtzeitverfolgung, Datenanalyse und Regelung von Temperatur- und Feuchtigkeitsüberwachung während des Transports und der Lagerung von Lebensmitteln und trägt so zur besseren Haltbarkeit bei – mit der Folge, dass weniger Lebensmittelabfälle entstehen.
Auch können Produzenten durch die Anwendungen neuer Technologien Emissionen, die bei der Landwirtschaft und vor allem der Tierhaltung entstehen, verringern. So kann Kohlenstoffdioxid in Boden und Biomasse gebunden werden – zwischen 2,3 und 9,6 Gigatonnen CO2 and Äquivalente pro Jahr bis 2050. Unternehmen, die solche Kohlenstoffspeicherlösungen umsetzen, tragen zum Klimaschutz bei, nutzen die Verbrauchertrends für sich und bieten so Chancen für Anleger. Dasselbe gilt aber auch für Akteure, die N2O-Emissionen in Düngemitteln reduzieren, Weideland und Dung effektiver managen und qualitativ höherwertiges Futter herstellen beziehungsweise einsetzen.
Vertical Farming und Alternative Lebensmittel sind die Konzepte der Zukunft
Technologien und Ressourceneinsparung werden bei „Vertical Farming“ kombiniert umgesetzt. Hier findet die Lebensmittelproduktion in Hochhäusern (vertikal) statt, und die Pflanzen wachsen nicht in der Erde, sondern auf Kunststoffplatten. Dort werden sie durch ein computergesteuertes Kreislaufsystem mit Wasser und Nährstoffen versorgt. Diese Nutzungskreisläufe müssen optimiert und aufeinander abgestimmt werden, um die Produktion ressourceneffizienter zu gestalten.
Derzeit gibt es weltweit daher erst eine Handvoll Pilotprojekte. Mithilfe des Vertical Farming kann der urbane Raum nachhaltig landwirtschaftlich genutzt werden. Pflanzliche und tierische Erzeugnisse können in Städten angebaut werden und Transportzeit und -kosten werden durch die Nähe zum Verbraucher eingespart. Die Autoren einer Studie der Unternehmensberatung PwC erwarten, dass der Markt für Vertical Farming bis 2030 eine Größe von 33 Milliarden US-Dollar erreicht.
Auch Fleischersatz ist ein Trend mit Wachstumspotential – die Autoren der oben erwähnten PwC-Studie gehen für den Markt für pflanzenbasierten Fleischersatz von einem Wachstum auf 25 Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2030 aus. Die Reduzierung von Fleischkonsum spielt für die Verringerung von CO2-Emissionen eine wichtige Rolle, denn vor allem die Futtermittelproduktion ist sehr ressourcenintensiv.
Pflanzliche Lebensmittel benötigen dagegen wesentlich weniger Ressourcen als Viehzucht. In Kombination mit Vertical Farming ist pflanzlicher Fleischersatz besonders umweltfreundlich. Interessant ist aber auch die Herstellung von Laborfleisch. Dieses ist mit herkömmlichem Fleisch biologisch identisch, jedoch ohne die negativen Umweltauswirkungen der Viehzucht. Zwar ist Laborfleisch immer noch teuer in der Herstellung, doch das dürfte sich in Zukunft ändern.
Über den Autor:
Senan O’Sullivan ist Portfoliomanager bei Mediolanum International Funds.