Gerd Kommer und Jonas Schweizer Instandhaltungskosten – wie man Immobilienanlagen schönrechnet
Verwendet man als mittlere Peilgröße für eine normale Wohnung eine Kostenquote von 1,5 Prozent p.a. auf den Zeitwert der Immobilie und unterstellt, dass das Gebäude 90 Prozent der Gesamtkosten ausmacht, dann muss der Eigentümer pro Jahr mit durchschnittlich rund 1,4 Prozent Instandhaltungskosten rechen (1,5% × 90% ≈ 1,4% Instandhaltungskosten). Über einen Zeitraum von 30 Jahren sind also noch einmal rund 40 Prozent des Zeitwertes für Reparaturen aufzuwenden.
Diese Kostenquote schließt alles mit ein, was in Reparatur und Instandhaltung fließt. Bei einer Wohnung umfasst das das auch eine etwaige Instandhaltungsrücklage, nicht jedoch Ausgaben für einen Verwalter. Ausgaben für Modernisierung oder Erweiterung sind keine Instandhaltung, weil sie ja etwas Neues oder Verbessertes schaffen.
Schätzwert anpassen
Natürlich ist es möglich, für beispielsweise 20 Jahre nur durchschnittlich ein halbes Prozent pro Jahr oder noch weniger für Instandhaltung auszugeben. Dann ist allerdings die zwingende Konsequenz, dass die physische Qualität, und damit der Wohnnutzen der Immobilie, in diesen 20 Jahren merklich abnehmen wird. Soweit das der Fall ist, muss, in einer in die Zukunft gerichteten Wirtschaftlichkeitsrechnung, der Schätzwert für die Wertentwicklung der Immobilie entsprechend nach unten korrigiert werden. Die Schätzwerte für die Immobilienpreisentwicklung und für die Höhe der Nebenkosten hängen also direkt und eng miteinander zusammen. Setzt man die Instandhaltung zu tief an, muss man auch den Preissteigerungsschätzwert entsprechend nach unten reduzieren.
Welche Eigenschaften beeinflussen bei einer spezifischen Wohnimmobilie die Instandhaltungskostenquote oder die Instandhaltungskosten pro Quadratmeter Wohnfläche innerhalb der in diesem Abschnitt genannten allgemeinen, mittleren Größenordnungen nach oben oder unten?
1.200% Rendite in 20 Jahren?
- Häuser haben um 10 bis 30 Prozent höhere Instandhaltungskostenquoten als Wohnungen.
- Sehr alte Gebäude haben, unter sonst gleichen Umständen, eine rund 10 bis 20 Prozent höhere Instandhaltungskostenquote als jüngere Gebäude.
- Gebäude in schlechtem baulichem Zustand haben – solange dieser Zustand nicht durch eine umfassende Sanierung behoben wird – eine 10 bis 30 Prozent höhere Instandhaltungskostenquote als Gebäude in gutem baulichem Zustand ohne Instandhaltungsrückstau.
- Hochwertige, teure Gebäude haben eine etwas höhere prozentuale Instandhaltungskostenquote als einfache, günstige Gebäude.
- Gebäude in Gegenden mit hoher Luftfeuchtigkeit, zum Beispiel nahe einer Meeresküste, haben höhere Instandhaltungskostenquoten als Gebäude in Gegenden mit niedriger Luftfeuchtigkeit.
- Gebäude in Großstädten haben höhere Instandhaltungskostenquoten als Gebäude auf dem Land, da die Lohnkosten für Handwerker in Städten höher sind.
- Denkmalgeschütze Gebäude haben deutlich höhere Instandhaltungskostenquoten als nicht denkmalgeschützte Gebäude.
Für die langfristige Zukunft ist tendenziell mit einem über die allgemeine Produktionsgüterinflation hinausgehenden Anstieg von Instandhaltungskosten zu rechnen, weil der deutsche Staat beinahe jährlich die baurechtlichen Auflagen im Bereich Energetik, Umweltschutz, Gesundheitsschutz und Behindertengerechtigkeit von Wohnraum verschärft.
Fazit
Der von Vertretern der Immobilienbranche gegenüber Selbstnutzern oder Kleinvermietern gerne verbreitete Nebenkostenrichtwert von6 bis 12 Euro pro Quadratmeter pro Jahr oder 1 Prozent pro Jahr mögen gutes Immobilien-Marketing sein. Sie sind jedoch kaum realistische Schätzwerte für eine in die Zukunft gerichtete Wirtschaftlichkeitskalkulation oder Renditeberechnung bei einer typischen Wohnung mittlerer Qualität. Für diese sollten wir einen Satz von nicht unter 1,5 Prozent auf den Zeitwert des Gebäudeteils ansetzen. Bei einer Immobilie in schlechtem Bauzustand, bei sehr hochwertigen Immobilien sowie bei freistehenden Häusern dürfte ein Instandhaltungskostensatz von 1,7 bis 2,5 Prozent p.a. auf den Gebäudeteil im Allgemeinen eher angemessen sein.
Über die Autoren:
Gerd Kommer ist Chef der Honorar-Finanzanlagenberatung Gerd Kommer Invest. Vor Gründung der eigenen Firma war Kommer rund 24 Jahre im Firmenkunden-Kreditgeschäft und Asset Management verschiedener Banken tätig.
Jonas Schweizer ist Finanzberater bei Gerd Kommer Invest. In der Vergangenheit war er bei mehreren internationalen Großbanken und Finanzdienstleistern tätig.