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Allianz-Vorstand Daniel Bahr „Staat nimmt dem Versicherungsvertrieb nicht die Arbeit ab“

Daniel Bahr
Daniel Bahr: Das Vorstandsmitglied der APKV erklärt im Interview, welche Chancen Pflegeversicherungen heute für den deutschen Versicherungsvertrieb bieten können. | Foto: Allianz Private Krankenversicherungs-AG (APKV)

DAS INVESTMENT: In einer aktuellen Werbekampagne der Allianz geht es um das „Versichern, was wirklich zählt“. Ist beim Versicherungsvertrieb schon angekommen, dass das Thema Pflege für die Deutschen wirklich zählt?

Daniel Bahr: Unsere Werbekampagne mit Herrn Hallervorden ist sehr aufmerksamkeitsstark und macht deutlich, dass Pflege viel wichtiger ist als Themen, mit denen wir alle uns dennoch oft täglich beschäftigen. Jeder Zweite wird einmal pflegebedürftig. Damit ist das Pflegerisiko viel höher als die meisten denken. Sogar Mitbewerber profitieren von unserer Kampagne, wie ich gehört habe. Als Marktführer bei den nicht staatlich geförderten Pflegezusatzversicherungen freuen wir uns aber über den Rückenwind für die gesamte Branche.
Und wir spüren durchaus großes Interesse der deutschen Verbraucher. Aber angesichts des tatsächlichen Bedarfs reichen die bisherigen Abschlüsse noch lange nicht aus. Zielgruppe unserer Kampagne sind hierbei übrigens nicht ausschließlich gesetzlich Krankenversicherte. Auch bei der privaten Pflegepflichtversicherung sind die Kosten nur zum Teil abgedeckt. Für eine höhere Bereitschaft der Bürger zur privaten Zusatzvorsorge ist allerdings noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.

Die finanziellen Folgen eines Pflegefalls in der Familie können für Durchschnittsverdiener gravierend sein. Wie sollten Vermittler den Teilschutz der Sozialen Pflegeversicherung im Kundengespräch aufgreifen?

Bahr: Der Gefahr, selbst einmal zum Pflegefall werden zu können, dürfte sich die meisten Erwachsenen bewusst sein. Denn wohl jeder kennt jemanden im Freundeskreis oder in der Verwandtschaft, der gepflegt werden muss. Das ist ein Teil des Lebens. Inwiefern man aber selbst einmal finanziell davon betroffen sein wird, ist noch schwerer vorhersehbar als beispielsweise die Lücke zwischen gesetzlicher Rente und dem persönlichen Finanzbedarf im Alter. Zudem unterschätzen viele, wie hoch der Eigenanteil an den Pflegekosten ausfallen kann.
Den jeweiligen konkreten Absicherungsbedarf des Kunden müssen Finanzberater gemeinsam mit ihren Kunden individuell ermitteln. Das Thema Pflege ist leider einerseits komplex und andererseits unangenehm für den Betroffenen. Aber es ist im Sinne des Verbrauchers, dass er die Absicherung nicht weiter aufschiebt. Das hilft ihm, auch die letzten durchschnittlich sechs bis sieben Jahre Pflegebedürftigkeit selbstbestimmt verbringen zu können – ein erheblicher Teil unseres Lebens.

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Der deutsche Staat fördert bereits den Abschluss privater Pflegezusatzversicherungen finanziell. Woran hakt es Ihrer Ansicht nach aber noch, um den Verbreitungsgrad entsprechender Policen zu steigern?

Bahr: Wir können nicht erwarten, dass der Staat dem Versicherungsvertrieb die Arbeit abnimmt. Der Staat fördert den Abschluss einer privaten Pflegezusatzversicherung zwar bereits seit meiner Zeit als Bundesgesundheitsminister. Doch seit 2013 wurde der auch Pflege-Bahr genannte Zuschuss nicht mehr angepasst. Insgesamt gilt, dass der Staat nur sehr wenige Versicherungsprodukte finanziell fördert. Dass er das bei der Pflege tut, unterstreicht die gesellschaftliche Notwendigkeit zur Pflegevorsorge.
Denn insbesondere wenn die viel zitierten Babyboomer in Rente gehen, zeigt sich: Der Staat wird allein aus demografischen Gründen im Umlageverfahren immer mehr überfordert sein. Dennoch hat die Politik den Leistungskatalog der sozialen Pflegeversicherung immer mehr ausgeweitet. Die aktuellen Milliardendefizite in den Kranken- und Pflegekassen sind ein großes Problem. In der Zukunft werden sehr wahrscheinlich die Leistungen aller Sozialversicherungen wieder auf den Prüfstand kommen, so wie in der Vergangenheit auch. Ich erinnere nur an die Agenda 2010.
Auch bei der Pflege kann man sich als Bürger kaum darauf verlassen, dass die gesetzlichen Kassen zukünftig wie gewohnt leisten können. Anders ist das bei einer privaten Zusatzversicherung, bei der das Leistungsspektrum vertraglich vereinbart ist und nicht durch die Politik einfach reduziert werden kann.

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