


DAS INVESTMENT: Mit dem DWS Infrastruktur Europa haben Sie vor knapp eineinhalb Jahren ein Infrastruktur-Sondervermögen an den Markt gebracht – ein Fondsvehikel, dass es ja vorher gar nicht gab. Sind Sie mit der Nachfrage zufrieden?
Peter Brodehser: Die Assetklasse Infrastruktur hatte bisher sehr hohe Eintrittsbarrieren und ist nun erstmals für Privatkunden überhaupt investierbar. Wir stoßen damit in eine Marktlücke. Das macht sich auch bei der Nachfrage bemerkbar. Der Fonds wird von Privatanlegern sehr gut angenommen. Geld kommt aber auch von institutionellen Investoren. Über alle Anteilsklassen haben wir bislang 400 Millionen Euro von Anlegern eingesammelt.
Eigentlich hatten Sie nach einem Jahr ein Fondsvermögen von 500 Millionen Euro anvisiert.
Brodehser: Für mich ist das eine Punktlandung. Man muss bedenken, dass es das erste Produkt am Markt war. Prognosen sind da ohnehin schwierig.
Das Infrastruktur-Sondervermögen richtet sich in erster Linie an Privatanleger. Wie groß ist der Anteil institutioneller Investoren im Fonds?
Brodehser: Das ist nicht zwingend so. Das Infrastruktur-Sondervermögen eignet sich sehr gut für Privatanleger, allerdings insbesondere auch für kleine und mittelgroße institutionelle Investoren. Anleger haben die Möglichkeit, Anteile nach der Kündigungsfrist von einem Jahr wieder zurückzugeben. Anders gesagt: Investoren können in eine sogenannte illiquide Assetklasse investieren, ihr Investment aber in einer überschaubaren Zeit wieder liquide machen. Je kleiner ein institutioneller Investor ist, desto mehr weiß er genau das zu schätzen. Der Anteil der Großanleger im Fonds liegt aktuell bei 20 Prozent, 80 Prozent sind Privatanleger. Von dieser Struktur haben wir insbesondere im Jahr 2023 stark profitiert.
Inwiefern?
Brodehser: Wenn institutionelle Investoren mit ihren Investments zurückhaltend sind – und 2023 war so ein Jahr, – dann gilt das nicht gleichermaßen für Privatinvestoren und umgekehrt. Mit unterschiedlichen Anlegergruppen können wir also eher mit stetigen Fondszuflüssen rechnen und entsprechend stetig auch in neue Projekte investieren.
Um marode Infrastruktur zu sanieren und erneuerbare Energien auszubauen, werden Milliarden benötigt. Welche Rolle können da Privatanleger spielen?
Brodehser: Institutionelle Investoren haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten einen großen Teil der Infrastrukturfinanzierung getragen, stoßen allerdings nun zunehmend an ihre Grenzen. Das liegt unter anderem daran, dass es seit 2022 wieder Zinsen gibt und Großanleger wieder vermehrt am Anleihemarkt investieren. Hinzu kommt, dass das Investitionsvolumen der institutionellen Investoren seinen Zenit erreicht hat und perspektivisch durch die demografische Entwicklung abnehmen dürfte. Großanleger werden daher die Finanzierungslücke nicht schließen können – und das bietet Privatleuten, vom Sparbuchinhaber bis zu den sogenannten High Net Worth Individuals die Möglichkeit, zu investieren. Ich gebe Brief und Siegel darauf: In zehn Jahren werden private Anleger im Bereich Infrastruktur eine tragende Säule sein.
Warum sollten sich Privatanleger überhaupt Infrastruktur ins Portfolio holen?
Brodehser: Infrastruktur-Investments gelten als eher defensive Anlage mit stabilen Erträgen und sind relativ unabhängig von konjunkturellen Zyklen. Der Grund: Das Geld fließt in Dinge des täglichen Lebens und Bedarfs, in die Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Die Nachfrage ist dadurch weniger elastisch – wie der Volkswirt sagen würde. Das sorgt für Stabilität und vermeidet Überraschungen.
Haben Aktienfonds dann bald ausgedient?
Brodehser: Nein. Die liquiden Assetklassen, also Aktien und Anleihen, sind die Platzhirsche bei der Kapitalanlage und das wird auch so bleiben! Aktienfonds werden immer ein Flaggschiff sein. Der Anteil illiquider Investments wird allerdings deutlich zunehmen. Schaut man sich die verschiedenen Bereiche an – neben Infrastruktur auch Immobilien, Private Equity und Private Debt – sind die Risiken teilweise relativ hoch. Für Infrastruktur-Investments gilt das nicht. Daher rechnen wir mit großen Steigerungsraten.
Neben dem deutschen Infrastruktur-Sondervermögen können Anleger auch über den europäischen Eltif direkt Infrastruktur investieren. Macht das für Investoren einen Unterschied?
Brodehser: Ob es sich um einen Eltif oder ein deutsches Sondervermögen handelt, ist für Anleger sekundär. Das sind letztendlich nur Hüllen. Wichtig ist, was drin ist. Wir legen den Fokus auf den Vertrieb in Deutschland und haben uns unter anderem deshalb für ein deutsches Sondervermögen entschieden.
Sie haben bisher vier Solarparks für Ihren Fonds erworben, kürzlich kam ein Windpark hinzu. Wie läuft so ein Investment ab?
Brodehser: Wir haben sehr gute Kontakte zu Projektentwicklern, Energieversorgern und Baukonzernen, die Projekte verkaufen wollen oder Co-Investoren suchen. Diese Parteien kommen oft weit im Voraus auf uns zu – Vorlaufzeiten von ein bis zwei Jahren sind keine Seltenheit. Wir haben eine Projekt-Pipeline von 20 bis 30 Projekten, die wir uns genauer anschauen und drei bis fünf Projekte, an denen wir aktiv arbeiten. Seit Launch des Fonds haben wir etwa 180 Projekte gesichtet. Nur die besten schaffen es ins Portfolio. Dies beurteilen wir nach Rendite, Stabilität und Nachhaltigkeitsfaktoren.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Brodehser: Unser erstes Investment war der Solarpark Klettwitz-Süd in Brandenburg, 60 Kilometer nördlich von Dresden. Es handelt sich dabei um einen ehemaligen Braunkohletagebau. Dort werden seit Herbst 2022 Erneuerbare-Energie-Anlagen betrieben. Der Vorteil: Der Park befindet sich bereits in Betrieb, Projekt- und Baurisiken fallen weg, und wir können ab dem ersten Tag eine Ausschüttungsrendite zahlen. Bei diesem Projekt kommt hinzu, dass es zeigt, wie die Transformation der Energiewirtschaft gelingen kann.
Wie viele Projekte wollen Sie insgesamt in den Fonds holen?
Brodehser: Das steht noch nicht fest. Darin unterscheiden wir uns mit unserem offenen Fonds von einem geschlossenen. Bei einem offenen Fonds gibt es keine Obergrenze. Die Zahl der Projekte hängt vom Vermögen ab. Wir werden jetzt stetig weiter investieren, so wie die Gelder reinkommen.
Momentan haben Sie Wind- und Solarparks im Fonds. Planen Sie, andere Infrastruktur-Investments beizumischen?
Brodehser: Mit der Kombination von Wind und Solar lässt sich das Risiko bereits senken – bei gleicher Rendite. Wir können auch andere Projekte beimischen, das ist allerdings kein Muss. Unser Schwerpunkt liegt auf erneuerbaren Energien, die mindestens 50 Prozent des Portfolios ausmachen sollen. Wenn wir in Europa aus Kohle, Gas und Nuklearenergie aussteigen wollen, müssen wir in den kommenden Jahren mehr als 80 Prozent unserer Stromerzeugung ersetzen. Das ist eine gigantische Aufgabe! Es gibt unzählige Projekte, die finanziert werden müssen. Geld ist ein Engpassfaktor. Das macht diesen Bereich für Investoren attraktiv.
Es gibt mehr Projekte als Geld. Sehen Sie weitere Herausforderungen?
Brodehser: Einen großen Engpass gibt es auch beim Personal, denn die Ausbildungszeiten sind lang. Bis ein Investmentmanager genügend Erfahrung gesammelt hat, um ein Infrastruktur-Projekt zu betreuen, vergehen viele Jahre. Das liegt daran, dass wir wenig standardisiert arbeiten können. Jedes Projekt ist anders.
Ist das auch ein Grund dafür, dass es noch nicht so viele Produkte am Markt gibt?
Brodehser: Das ist sicherlich ein Grund. Einige Wettbewerber sind aber bereits nachgezogen und weitere werden folgen. Infrastruktur als Assetklasse hat derzeit am Markt noch geringe Volumina, allerdings mit sehr großen Steigerungsraten. In zehn Jahren werden wir solche Fonds in jedem Portfolio finden.
Über den Interviewten:
Peter Brodehser ist Fondsmanager des DWS Infrastruktur Europa (ISIN: DE000DWSE015) und Partner Infrastruktur Investments bei der DWS. Zuvor war er bei der Talanx-Tochter Ampega für Investitionen in Infrastruktur zuständig. Seit April 2022 sitzt Brodehser im Vorstand des Bundesverbands Alternative Investments (BAI).