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Reform der privaten Altersvorsorge: Folgen für Finanzberater

DAS INVESTMENT: Aktuell fordern vier Mitglieder des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung eine „staatliche Konkurrenz zu privaten Fondsanbietern“. Per Gastbeitrag in der Zeit stellen die sogenannten Wirtschaftsweisen Veronika Grimm, Ulrike Malmendier, Monika Schnitzer und Martin Werding somit den Kompromiss der Fokusgruppe private Altersvorsorge infrage. Erwarten Sie, dass der von vielen Grünen geforderte Staatsfonds nachträglich in die Riester-Reform verhandelt wird?
Martin Stenger: Nein, die Sachverständigen haben auch gar nicht so deutlich geschrieben, in welcher Schicht der Altersvorsorge der Staatsfonds überhaupt eine Rolle spielen soll. Außerdem taucht die Idee eines deutschen Staatsfonds in dem Abschlussbericht der Fokusgruppe private Altersvorsorge überhaupt nicht auf. Hiergegen votierten übrigens nicht nur die Verbände der Anbieter von Versicherungen beziehungsweise Investmentfonds, die in dem Gremium in der Minderheit waren. Mit den Vertretern von Verbraucherschutz und den drei beteiligten Bundesministerien saßen auch alle Ampelfarben mit am Tisch. Die grüne Handschrift kann noch kommen, aber nicht in der Form eines Staatsfonds.
Wie dann?
Stenger: Das Thema Nachhaltigkeit ist bereits ein klares Ziel in vielen Politikfeldern wie Bauen oder Mobilität. Und auch die EU will Finanzströme bewusst in diese Richtung lenken. Es hat mich daher gewundert, dass die ESG-Aspekte Environment, Social, Governance nicht stärker auch für die private Altersvorsorge betont worden sind. Ich bin trotzdem relativ entspannt, was den weiteren formalen Ablauf betrifft: Zunächst erwarte ich im Herbst einen Referentenentwurf aus dem Bundesfinanzministerium. Und ich rechne damit, dass der Gesetzesentwurf wie geplant im Laufe des Jahres 2024 beschlossen werden kann. Bei dem Reformpaket geht es übrigens nicht nur um die Riester-Rente, sondern um einen ganzheitlichen Blick auf die private Altersvorsorge. Das ging in der Berichterstattung zuletzt leider oft etwas unter.
Es geht der Politik also nicht nur darum, die Riester-Rente möglichst bald abzuwickeln?
Stenger: Nein. Die Fokusgruppe beim Bundesministerium der Finanzen hatte einen Prüfauftrag, der sich auf die gesamte private Altersvorsorge bezog, nicht nur auf einen Nachfolger der Riester-Rente. Weil sich deren Abschlusszahlen immer schleppender entwickelten, kam aus der Politik die richtige Frage nach den Hinderungsgründen für die Verbraucher: Welche Fesseln muss ich lösen, damit mehr Menschen privat vorsorgen? Zukünftig sollen die Anbieter daher nicht mehr verpflichtet sein, die eingezahlten Beiträge laufend zu 100 Prozent zu garantieren. Es ist gut, wenn diese Rendite-Bremse gelockert wird. Ein ebenso wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist, dass das angesparte Kapital nicht mehr überwiegend als lebenslange Rente ausgezahlt werden muss und die Kunden flexibler an ihr Geld kommen. Wir wünschen uns, dass diese neuen Freiheiten auch für Altkunden mit Bestandsverträgen wählbar sein werden. Dies hängt zunächst aber von den Details im Gesetzesentwurf ab und dann von der konkreten Ausgestaltung durch die Anbieter.
Gibt es Punkte der bisherigen Riester-Rente, die man hingegen beibehalten sollte?
Stenger: Ja. Das heutige System der Riester-Zulagen zum Beispiel bietet vor allem für Geringverdiener große Vorteile. Auch im Abschlussbericht der Fokusgruppe wird eine möglichst einfach nachvollziehbare Fördersystematik gefordert. Leicht verständlich wäre es zum Beispiel, jeden eingezahlten Euro mit 50 Cent zu bezuschussen. In der Diskussion ist aber auch, die Auszahlung im Rentenalter steuerlich zu fördern oder die Beiträge im Erwerbsleben von dem zu versteuernden Einkommen abzuziehen. Letzteres würde allerdings nur den Berufstätigen mit vergleichsweise gutem Einkommen einen Anreiz bieten.