Interview mit Martin Steininger vom Berliner Analysehaus Bulwiengesa Herr Steininger, gibt es eine Immobilienblase?
Martin Steininger arbeitet seit April 2008 als Volkswirt für das Berliner Analysehaus Bulwiengesa (Foto: Heidi-foto.net)
DAS INVESTMENT.com: Nach der erneuten Zinssenkung der Europäischen Zentralbank hat Finanzminister Wolfgang Schäuble vor einer Blase gewarnt. Eine ernst zu nehmende Warnung?
Martin Steininger: Eher Panikmache. Deutschlands Immobilien sind im internationalen Vergleich immer noch billig. In den USA oder China steigen die Preise in einem Monat manchmal stärker als in Deutschland in einem ganzen Jahr.
Meiner Meinung nach sehen wir einfach gerade mal wieder eine Bubble-Mania. Es wird viel geredet und geschrieben, aber die Fakten zeigen keine unmittelbare Gefahr.
Fakt ist, dass die Nachfrage seit Jahren schneller steigt als das Angebot. Die Preise sind dementsprechend hoch. Das kann ja nicht ewig so weitergehen.
Das stimmt, aber man muss grundsätzlich differenzieren. Die Preise sind vor allem auf dem Wohnungsmarkt in den sieben großen Metropolen Hamburg, München, Frankfurt, Berlin, Stuttgart, Düsseldorf und Köln gestiegen. Hier bleibt die Nachfrage hoch. Stichwort demografischer Wandel. Die Leute strömen vom Land in die Stadt. Dieser Trend wird noch ein paar Jahre anhalten.
Und das Angebot?
Wächst weiter zu langsam. Der absolute Tiefpunkt war 2009, als gerade einmal 140.000 neue Wohneinheiten gebaut wurden. Bis 2020 rechnen wir jährlich ansteigend mit bis zu 275.000 neuen Wohneinheiten.
Die Situation ist schon paradox: Gewerbeprojekt-Entwickler finden kaum noch Grundstücke, weil jeder in Wohnen investieren will. Ihnen werden die Grundstücke weggeschnappt, weil hier höhere Preise locken. Also, so schnell wird es nicht zu einem Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage kommen.
Baut sich keine Blase auf?
Bei einer Blase handeln die Akteure irrational. Vereinfacht gesagt: Erst geht die gesamte Herde ins Wohneigentum, irgendwann springt der Erste ab, und auf einmal wollen alle raus. Diesen Effekt sieht man in Deutschland so pauschal überhaupt nicht.
Aber eine Million Euro für fünf Zimmer Altbau sind auch kein Schnäppchen mehr.
Das stimmt. In einigen Städten und Lagen sind die Preise, die man durch die sozio-ökonomischen Variablen erklären kann, um bis zu 20 Prozent überhöht. Das ist durchaus eine Überhitzung.
Nur kann man das nicht verallgemeinern. Die nächste Frage ist doch: Wer kauft eigentlich? Sind die Preise im Luxus- oder im normalen Segment gestiegen? Sind alle Preise überteuert? Und wie sind die Immobilien finanziert?
Und?
In Hamburg, Berlin und München etwa fließt derzeit sehr viel ausländisches Kapital in die Märkte. Viele Russen beispielsweise wollen ihr Geld in Sicherheit bringen und legen in Deutschland an. Nach München kommen auch sehr viele arabischstämmige Familien. Die bringen einen Koffer voll Geld mit und zahlen bar.
Was bedeutet das?
Die Preise sind vor allem im Luxussegment stärker gestiegen und nicht in der breiten Masse. Die Finanzierungsquote ist gering. Hinzu kommt: Eine Finanzierung von 100 Prozent oder mehr, wie es in den USA möglich war, existiert in Deutschland in dieser Dimension überhaupt nicht.
Also keine Blase?
Nein, es gibt lokale Übertreibungen, aber keine allgemeine Blase.
Es kann nichts platzen?
Nein. Erstens bräuchte es dafür vor allem Akteure, die nicht lang-, sondern eher kurzfristig investieren. Davon gibt es am deutschen Immobilienmarkt vielleicht einige Prozent, aber es ist nicht die breite Masse. Und zweitens sind die Preise vor allem im Luxussegment gestiegen, wo die Finanzierungsquoten gering sind. Was soll da passieren?
Laut einer Prognose aus Ihrem Hause sinken die Gesamtrenditen deutscher Immobilien von 12,6 Prozent 2013 auf 6 Prozent 2018. Sollte ich als Investor auch ohne Blase lieber draußen bleiben?
Sie können immer einsteigen, wenn sie an langfristigen Erträgen aus der Mietrendite interessiert sind. Wenn sie aber kurzfristig auf Wertzuwachs setzen wollen, ist das Potenzial begrenzt. Die Dynamik weicht langsam aus dem Markt. Wir haben zwar noch steigende Kaufpreise, aber die Wachstumsraten sinken.
Ist Wohnen überhaupt noch attraktiv?
Antizyklisch ist es auf jeden Fall vernünftiger, in Büro- und Gewerbeobjekte zu investieren. Die Leerstandsraten in den großen Städten fallen deutlich. Und die Arbeitsmarktentwicklung ist immer noch günstig.
In den kommenden zwölf Monaten...
Befragung unter rund 600 Immobilienfirmen in Deutschland
>>Vergrößern
Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln
Martin Steininger: Eher Panikmache. Deutschlands Immobilien sind im internationalen Vergleich immer noch billig. In den USA oder China steigen die Preise in einem Monat manchmal stärker als in Deutschland in einem ganzen Jahr.
Meiner Meinung nach sehen wir einfach gerade mal wieder eine Bubble-Mania. Es wird viel geredet und geschrieben, aber die Fakten zeigen keine unmittelbare Gefahr.
Fakt ist, dass die Nachfrage seit Jahren schneller steigt als das Angebot. Die Preise sind dementsprechend hoch. Das kann ja nicht ewig so weitergehen.
Das stimmt, aber man muss grundsätzlich differenzieren. Die Preise sind vor allem auf dem Wohnungsmarkt in den sieben großen Metropolen Hamburg, München, Frankfurt, Berlin, Stuttgart, Düsseldorf und Köln gestiegen. Hier bleibt die Nachfrage hoch. Stichwort demografischer Wandel. Die Leute strömen vom Land in die Stadt. Dieser Trend wird noch ein paar Jahre anhalten.
Und das Angebot?
Wächst weiter zu langsam. Der absolute Tiefpunkt war 2009, als gerade einmal 140.000 neue Wohneinheiten gebaut wurden. Bis 2020 rechnen wir jährlich ansteigend mit bis zu 275.000 neuen Wohneinheiten.
Die Situation ist schon paradox: Gewerbeprojekt-Entwickler finden kaum noch Grundstücke, weil jeder in Wohnen investieren will. Ihnen werden die Grundstücke weggeschnappt, weil hier höhere Preise locken. Also, so schnell wird es nicht zu einem Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage kommen.
Baut sich keine Blase auf?
Bei einer Blase handeln die Akteure irrational. Vereinfacht gesagt: Erst geht die gesamte Herde ins Wohneigentum, irgendwann springt der Erste ab, und auf einmal wollen alle raus. Diesen Effekt sieht man in Deutschland so pauschal überhaupt nicht.
Aber eine Million Euro für fünf Zimmer Altbau sind auch kein Schnäppchen mehr.
Das stimmt. In einigen Städten und Lagen sind die Preise, die man durch die sozio-ökonomischen Variablen erklären kann, um bis zu 20 Prozent überhöht. Das ist durchaus eine Überhitzung.
Nur kann man das nicht verallgemeinern. Die nächste Frage ist doch: Wer kauft eigentlich? Sind die Preise im Luxus- oder im normalen Segment gestiegen? Sind alle Preise überteuert? Und wie sind die Immobilien finanziert?
Und?
In Hamburg, Berlin und München etwa fließt derzeit sehr viel ausländisches Kapital in die Märkte. Viele Russen beispielsweise wollen ihr Geld in Sicherheit bringen und legen in Deutschland an. Nach München kommen auch sehr viele arabischstämmige Familien. Die bringen einen Koffer voll Geld mit und zahlen bar.
Was bedeutet das?
Die Preise sind vor allem im Luxussegment stärker gestiegen und nicht in der breiten Masse. Die Finanzierungsquote ist gering. Hinzu kommt: Eine Finanzierung von 100 Prozent oder mehr, wie es in den USA möglich war, existiert in Deutschland in dieser Dimension überhaupt nicht.
Also keine Blase?
Nein, es gibt lokale Übertreibungen, aber keine allgemeine Blase.
Es kann nichts platzen?
Nein. Erstens bräuchte es dafür vor allem Akteure, die nicht lang-, sondern eher kurzfristig investieren. Davon gibt es am deutschen Immobilienmarkt vielleicht einige Prozent, aber es ist nicht die breite Masse. Und zweitens sind die Preise vor allem im Luxussegment gestiegen, wo die Finanzierungsquoten gering sind. Was soll da passieren?
Laut einer Prognose aus Ihrem Hause sinken die Gesamtrenditen deutscher Immobilien von 12,6 Prozent 2013 auf 6 Prozent 2018. Sollte ich als Investor auch ohne Blase lieber draußen bleiben?
Sie können immer einsteigen, wenn sie an langfristigen Erträgen aus der Mietrendite interessiert sind. Wenn sie aber kurzfristig auf Wertzuwachs setzen wollen, ist das Potenzial begrenzt. Die Dynamik weicht langsam aus dem Markt. Wir haben zwar noch steigende Kaufpreise, aber die Wachstumsraten sinken.
Ist Wohnen überhaupt noch attraktiv?
Antizyklisch ist es auf jeden Fall vernünftiger, in Büro- und Gewerbeobjekte zu investieren. Die Leerstandsraten in den großen Städten fallen deutlich. Und die Arbeitsmarktentwicklung ist immer noch günstig.
In den kommenden zwölf Monaten...
Befragung unter rund 600 Immobilienfirmen in Deutschland
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Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln
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