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Interview mit Zurich-Vorstandschef Ralph Brand „Wir wollen der beste Versicherer sein“

Ralph Brand ist Vorstandsvorsitzender der Zurich Gruppe Deutschland. Foto: Uwe Noelke
Ralph Brand ist Vorstandsvorsitzender der Zurich Gruppe Deutschland. Foto: Uwe Noelke
DAS INVESTMENT.com: Sie sind davon überzeugt, dass Versicherer heute zu sehr in Sparten und Produkten denken. Vielmehr müssten die Gesellschaften auf lebensbegleitende Betreuungsstrategien setzen. Dafür brauche es eine Vision, eine Mission und eine Strategie. Fangen wir mal mit dem Ersten an: Wie sieht Ihre Vision für die Zurich aus?

Ralph Brand:
Die lässt sich in wenigen Worten beschreiben. Wir wollen der beste Versicherer sein. Nicht so sehr in den Augen des Managements, sondern in den Augen unserer Mitarbeiter, Kunden, Vertriebspartner und Aktionäre. Und in den Augen der Öffentlichkeit, in der wir leben und arbeiten.

Oh, wie bescheiden.

Ich glaube, Bescheidenheit ist fehl am Platz, wenn es um Ambitionen geht. Das heißt aber nicht, dass wir uns dort schon sehen. Diese Ambition gibt vielmehr ein Ziel vor, an dem wir uns orientieren und dem wir Tag für Tag näher kommen.

Welche Mission haben Sie aus dieser Vision abgeleitet?

Wir wollen in den kommenden fünf bis zehn Jahren unseren Marktanteil ausbauen. Wir gehören sowohl im Sach- als auch im Lebensversicherungsbereich zu den zehn größten Versicherern in Deutschland. Unser Marktanteil liegt zwischen 4 und 5 Prozent. Den wollen wir in den kommenden Jahren stetig steigern.

Mit welcher Strategie?


Es gibt vier Elemente, die für mich persönlich wichtig sind. Die Reduzierung der Komplexität im Unternehmen, Digitalisierung, Unternehmenskultur und als Wichtigstes die Kundenorientierung. Es ist richtig, dass viele Versicherer – und dazu gehörte auch Zurich – traditionell stark produktorientiert handeln.

Es gibt die Kfz-Sparte, die Sach-Sparte, die Leben-Sparte – und die Verantwortlichkeiten sind entsprechend aufgeteilt. Ich denke nicht, dass es in dieser Struktur einfach ist, kundenorientiert zu handeln. Daher haben wir bei Zurich die Organisationsstruktur geändert.

Und wie?

Wir haben in den vergangenen zwei Jahren das Management-Team und die Kundensegmente neu aufgestellt – drei sind es, die unser Geschäft heute in Deutschland abbilden. Das kleingewerbliche und Privatkundengeschäft, das Mittelstandsgeschäft sowie das Groß- und Industriekundengeschäft.

Funktionen wie Underwriting und Schaden haben wir so umgebaut, dass sie diese Segmente effektiver unterstützen. Die Kundensegmente sind nicht nur als vertrieblicher Ansatz zu sehen, sondern sie sind Einheiten mit voller Ergebnisverantwortung.

Jetzt geht es darum, mit welchen Produkten und Leistungen und über welche Distributionskanäle man den Kunden in seiner Gesamtheit besser ansprechen kann. Ein heute 20-Jähriger hat noch sein ganzes Leben vor sich.

Mit der Zeit verändern sich sein Lebensstandard und seine Versicherungsbedürfnisse. Und für uns geht es darum, ihn auf diesem Lebensweg zu begleiten.

Eine Strategie von Zurich ist auch der Fokus auf fondsgebundene Versicherungen. Hat sich das für Sie ausgezahlt?

Ja. Wir setzen schon seit 2007 vermehrt auf fondsgebundene Produkte, die mittlerweile unser Leben-Neugeschäft dominieren. Vor dem Hintergrund, dass der Garantiezins jetzt weiter absinkt auf 1,25 Prozent und dass die Niedrigzinsphase voraussichtlich noch anhalten wird, war es gut für unsere Kunden und uns, diese Produktsäule auszubauen.

Wobei der Garantiezins natürlich nicht ohne Grund sinkt. Er sinkt ja als Reaktion auf die sinkenden Zinsen am Markt. Und davon sind dann auch Fondsprodukte betroffen, die eine Garantie bieten. Auch Zurich hat ihr iCPPI-Produkt anpassen müssen.

Eines der wichtigsten Elemente bei unseren Produkten ist die Flexibilität. Wenn Sie nächstes Jahr eine klassische Lebensversicherung abschließen, gelten diese 1,25 Prozent Garantiezins für den gesamten Anlagezeitraum. Unsere Produkte haben dagegen die Möglichkeit, sich an verändernde Zinsen anzupassen und vor allem an den Renditechancen des Marktes teilzuhaben.

Aber kommt der Vorteil auch an? Gebuchte Beiträge und die Zahl der Versicherungsverträge sind bei Zurich in den vergangenen Jahren gesunken.

Wir haben uns hier im Grundsatz ähnlich wie der Gesamtmarkt entwickelt. In der Lebensversicherung haben wir zudem unsere gesamte Produktpalette angepasst, und das spiegelt sich natürlich auch vorübergehend im Neugeschäft wider.

Im Sachversicherungsgeschäft gab es ebenfalls Veränderungen, indem wir in den vergangenen zweieinhalb Jahren unser Portfolio bereinigt haben und beispielsweise aus dem Heilwesen- und dem Architekten- und Ingenieursgeschäft ausgestiegen sind.

Warum?

Wir haben keine Möglichkeit mehr gesehen, dieses Geschäft langfristig profitabel zu gestalten. Es handelt sich dabei um einen relativ kleinen Teil unseres gesamten Portfolios, nichtsdestotrotz hatte dieser Schritt aber auch kurzfristige Auswirkungen auf Makleranbindungen und Wachstumspotenzial.

Wie wollen Sie denn wieder auf einen Wachstumskurs kommen?

Wir sind bereits auf Kurs. Auch ist es für uns wichtig, als Unternehmen weiter innovativ zu sein. Wir haben mit Vorsorgeflex zum Beispiel gerade eine Lebensversicherung speziell für Best Ager auf den Markt gebracht.

Oder nehmen Sie unser Team Existenz Absicherungs Modell, kurz Team, in der betrieblichen Altersvorsorge, das unter anderem Berufsunfähigkeitsrisiken ohne Gesundheitsprüfung und Wartezeiten absichert.

Ebenso sind wir im Sachversicherungsbereich beispielsweise mit den Themen Cyberrisk und E-Mobility Vordenker. Gleichzeitig müssen wir als Branche gemeinsam daran arbeiten, dass wir das Vertrauen der Verbraucher in unsere Produkte und Leistungen wieder zurückgewinnen.
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