Der JPM US Research Enhanced Index Equity (ESG) ETF und der JPM Global Research Enhanced Index Equity (ESG) ETF zählen einer Scope-Studie zufolge hierzulande zu den größten aktiven ETFs. Was ist das „aktive“ an diesen Strategien?
Ivan Durdevic: Beide Fonds gehören zu unserer „Research Enhanced Index“-Reihe – kurz: REI –, die wir seit sechs Jahren auch im ETF-Mantel anbieten. Das Portfolio bleibt dabei indexähnlich. Wir nutzen jedoch Erkenntnisse unseres Research-Teams, um Anpassungen vorzunehmen.
Welche Anpassungen können das sein?
Durdevic: Unser globales Analystenteam beobachtet und analysiert mehr als 2.500 Aktien. Auf Basis dieser Analysen werden bestimmte Aktien leicht über- oder untergewichtet. Das Endergebnis ist dabei jedoch weiterhin ein stilneutrales, sektorneutrales und regional neutrales ETF-Portfolio – im Vergleich zum jeweiligen Index. Bei den bereits genannten Strategien sind das MSCI World und S&P 500.
Leicht angepasst also, aber immer noch nah am Index. Welche Vorteile sehen Sie für Anleger gegenüber rein passiven Produkten?
Durdevic: Der größte Vorteil ist sicherlich, dass aktive ETFs von unserem Research profitieren und damit höhere Renditen erzielen können als der Index. Zweitens punkten aktive ETFs rund um das Thema Nachhaltigkeit. So können jenseits von puren Ausschlüssen ESG-Faktoren bestimmt werden, die zu Über- oder Untergewichtungen bestimmter Branchen oder Unternehmen im Portfolio führen. Außerdem kann unser Team bei den Unternehmen auf Verbesserungen hinwirken. Ein dritter Vorteil: Durch aktives Management lässt sich das Risiko im Portfolio mit Blick auf die aktuelle Marktphase senken.
Sie greifen für die aktiven ETFs auf Ihr klassisches Portfoliomanagement zurück?
Durdevic: Es ist tatsächlich das gleiche Portfoliomanagement- und Research-Team, das auch für die jeweilige Strategie unserer klassischen Investmentfonds verantwortlich ist.
Ist es für Asset Manager kein Widerspruch, ihre aktiven Strategien auch als ETF aufzulegen?
Durdevic: Immer mehr Anleger schätzen den ETF-Mantel aufgrund seiner Vorteile wie Transparenz und Liquidität – und so bieten aktive ETFs für die Vermögensverwalter einen Weg, neue Kundengruppen zu erschließen. Als traditionell aktives Haus war es für uns nur logisch, einige unserer aktiven Strategien auch als ETF anzubieten. Besonders institutionelle Investoren bevorzugen aktives Management, gehörten aber gleichzeitig auch zu den Vorreitern bei der Nutzung von passiven ETFs für Kerninvestments wie US- oder globale Aktien. Wir beobachten nun, dass sie aktive ETFs vermehrt einsetzen, um passive Investments zu diversifizieren und damit ihre Allokation in diesen Märkten wieder teilweise zu „reaktivieren“.
Starke Zuflüsse in aktive ETFs – besonders in Europa
Wie schätzen Sie das Wachstumspotenzial aktiver ETFs in den kommenden Jahren ein?
Durdevic: Die Zahlen sprechen für sich: Weltweit umfasst der ETF-Markt derzeit ein verwaltetes Vermögen von mehr als 12 Billionen US-Dollar. Aktive ETFs machen zwar bisher mit 850 Milliarden US-Dollar nur einen kleinen Teilbereich des ETF-Marktes aus, holen gegenüber den passiven ETFs jedoch auf. Mit Zuflüssen von 210 Milliarden US-Dollar beträgt der Anteil von aktiven ETFs an den globalen Nettozuflüssen in ETFs 24 Prozent. Der ETF-Markt außerhalb der USA wächst mit Zuflüssen von 180 Milliarden US-Dollar besonders stark. Hinzu kommt, dass laut einer Umfrage des Datenanbieters Trackinsights 76 Prozent der ETF-Investoren in der EMEA-Region in den kommenden zwei bis drei Jahren stärker in aktive ETFs investieren wollen. Der Siegeszug sollte sich also fortsetzen.
Welche Segmente sind bei Anlegern besonders beliebt?
Durdevic: Aktien-ETFs dominieren den Markt, auch außerhalb der USA. Das zeigt sich auch bei den Zuflüssen: Bei aktiven ETFs fließen 77 Prozent der Anlegergelder in Aktien. Im Anleihen-Segment sind noch nicht alle Marktbereiche als aktive ETFs verfügbar. Dabei ist es in diesem Bereich besonders sinnvoll, aktiv zu managen, da die kapitalisierungsgewichtete Anleihenindizes die größten Schuldner übergewichten. Daher erwarten wir gerade bei aktiven Anleihen-ETFs eine wachsende Nachfrage.
Welche Pläne haben Sie im Bereich aktive ETFs?
Durdevic: Wir haben grade zwei neue aktive Aktien-ETFs unserer Income-Reihe in Europa aufgelegt. Darunter ist mit dem JPM US Equity Premium Income Active ETF auch der weltweit größte aktive ETF. Bei diesen Strategien kombinieren wir aktive Aktienportfolios mit einer Optionsstrategie. Zudem planen wir, weitere aktive Anleihen-ETFs an den Start zu bringen sowie unsere REI-Strategien mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit zu erweitern.
Zum Schluss ein kurzer Blick in die Zukunft: Werden aktive ETFs aktiven Fonds den Rang ablaufen?
Durdevic: Wir sehen bisher vor allem, dass Anleger aktive ETFs nutzen, um ihr Vermögen in ETFs breiter zu streuen. Grundsätzlich hat aktives Management den Vorteil, dass Zusatzerträge möglich sind. Das konnten wir mit unseren Strategien bislang unter Beweis stellen. Je nach Anlegergruppe und Vertriebskanal werden aber auch klassische aktive Fonds weiterhin bevorzugt. Wir wollen als Asset Manager Investmentlösungen für unterschiedliche Anlagebedürfnisse zur Verfügung stellen. Verschiedene Vertriebspartner bevorzugen unterschiedliche „Verpackungen“ – daher bieten wir diese entsprechend an.
Über den Interviewten:
Ivan Durdevic ist Leiter des ETF-Vertriebs in der DACH-Region bei J.P. Morgan Asset Management.