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ESG, Krypto und Frauen im Asset Management „Beim Thema Nachhaltigkeit ist die Branche zu intransparent“

Tatjana Puhan von Tobam
Tatjana Puhan: „Viele Dinge, die heute so großartig als ESG angepriesen sind, sind eigentlich Prinzipien, die ein langfristig orientierter Investor schon immer angewendet hat, um seine Entscheidungen zu treffen“, so Puhan. | Foto: Fotomontage, Jessica Hunold, Tobam, Canva

DAS INVESTMENT: Frau Puhan, neben Ihrer Tätigkeit als Investment-Chefin bei der Fondsboutique Tobam sind Sie auch noch als Dozentin an der Universität Mannheim tätig. Was genau lehren Sie?

Tatjana Puhan: Ich bin Dozentin für das Fach „International Asset Management“. Neben dem Vermitteln von Grundwissen kläre ich auch viel über das aktuelle Geschehen auf – beispielsweise über nachhaltiges Anlegen oder Kryptowährungen.

Erst kürzlich ist eine der größten Kryptobörsen FTX Pleite gegangen. Wie ordnen Sie das Geschehen ein?

Puhan: Ich vergleiche den aktuellen Entwicklungsstand des Crypto-/Blockchain-Ökosystems immer gern mit dem Internet am Anfang der 90er Jahre. Nicht alles, was damals wie Pilze aus dem Boden schoss an Geschäftsmodellen und neuen Ideen, hat bis heute überlebt. Dennoch hat das Internet unser Leben massiv verändert.

Ebenso sehe ich es in Bezug auf die Blockchain-Technologie. Da gibt es aktuell viel, das nicht bestimmten Standards von Risikomanagement und Seriosität entspricht und den ein oder anderen, der sich erhofft, das schnelle Geld zu machen. Dennoch bedeutet das nicht, dass die Technologie per se sich nicht weiter durchsetzen wird. Es gibt enorm viele Anwendungsmöglichkeiten für Blockchains im Herzen der Realwirtschaft jenseits von Kryptowährungen als mögliche Zahlungsmittel.

Es mag hart klingen, aber solche Ereignisse wie die Pleite von FTX sehe ich sogar eher positiv. Das entspricht einem natürlichen Darwinismus, aus dem das Ökosystem gestärkt hervorgeht und die nicht robusten Elemente identifiziert und eliminiert.

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Neben Krypto-Anlagen gehören auch Nachhaltigkeits-Regularien zu Ihrem Lehrplan. Offenlegungsverordnung, Taxonomieverordnung, Mifid 2 – es ist in jüngster Zeit ja einiges hinzugekommen. Was denken Sie: Bringen diese Regularien den Nutzen, den sie bringen sollten, oder stiften sie eher Verwirrung?

Puhan: Allgemein sehe ich ein großes Problem darin, konsistente ESG-Daten zu beschaffen, denn die Anbieter sind oft nicht transparent, was ihre Daten betrifft und die Unternehmensreportings sind in dieser Hinsicht auch nicht immer vollständig. Weil man aber mit dem Thema den Anlegern gefallen möchte, ist meines Erachtens im Durchschnitt die Fondsbranche zu intransparent, mit dem, was sie eigentlich wirklich in dem Bereich messen und abbilden kann. Aus diesem Grund verkommt das Thema leider häufig zu einer Marketingveranstaltung. Die Finanzbranche kann zwar einiges, aber nicht alles – was viel öfter gesagt werden müsste. Und weil gerade das nicht oft genug gesagt wird, kommt es zum Greenwashing.

Was meinen Sie damit, die Daten seien subjektiv und beruhen auf mehreren Schätzwerten? Haben Sie dafür Beispiele?

Puhan: Beispielsweise ist die „S“ Dimension sehr schwer objektiv messbar. Es kann ja sein, dass Firmen sowas wie Gleichstellungspolitiken veröffentlichen, aber ob diese dann auch wirklich im Unternehmen so gelebt werden, ist eine ganz andere Frage. Das weiß man erst, wenn man wirklich in dem Unternehmen arbeitet. Oder das ganze Thema Menschenrechtsverletzungen, das gerade bei Unternehmen wichtig ist, die in den Schwellenländern tätig sind.

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