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PKV-Vorständin Wiltrud Pekarek „Gute Startchancen allein sorgen noch nicht für neue Kunden“

Wiltrud Pekarek, Mitglied des Vorstands der Hallesche Krankenversicherung
Wiltrud Pekarek: Die Chancen im PKV-Vertrieb stehen in diesem Jahr insgesamt gut, sagt die Vorständin des Krankenversicherers Hallesche im Interview. Denn es dürften wieder mehr Kunden aus dem System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) herüberwechseln wollen. | Foto: Fotomontage Jessica Hunold / Canva

DAS INVESTMENT: Wie bewerten Sie die aktuellen Reformvorschläge des Bundesgesundheitsministers zum Thema Fallpauschalen im Krankenhaus? 

Wiltrud Pekarek: Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass die Politik das Thema Fallpauschalen jetzt anpacken will, um durchaus berechtigte Kritikpunkte am bisherigen System aufzugreifen. Es wurde vor zwei Jahrzehnten mit dem Ziel eingeführt, lange Liegezeiten in den Krankenhäusern zu vermeiden. Das war einerseits zum Wohl der betroffenen Patienten gedacht. Es sollte aber andererseits auch einen Anreiz für mehr Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen bieten. 
In der Praxis schuf es für die Krankenhäuser aber auch die Möglichkeit, ihre Einnahmen durch eine höhere Zahl an Behandlungen zu steigern. Das ist nachvollziehbar, weil viele Krankenhäuser Schwierigkeiten haben, sich zu finanzieren. Doch im Fokus der Gesundheitspolitik darf nicht nur die reine Ökonomie stehen, sondern der medizinische Bedarf. Hierfür stellen die aktuellen Reformvorschläge zwar einen guten Anfang dar. Aber es reicht noch nicht. Denn auch wenn die Qualität der Patientenversorgung wieder eine wichtige Rolle spielt, stoßen die Ausgaben hierfür immer noch an die Grenzen der Finanzierbarkeit. 

Stichwort Finanzen: Inwiefern rechnen Sie damit, dass die veränderten Finanzierungsregeln der Krankenversicherer die Kosten im Gesundheitssystem senken können? 

Pekarek: Der erste Aufschlag hierfür ist gemacht. Neu ist im Konzept aus dem Lauterbach-Ministerium beispielsweise folgender Aspekt: Neben der Versorgungs- und Leistungsstufe werden künftig auch die sogenannten Vorhalteleistungen der Kliniken berücksichtigt. Das hilft, um ihre Grundversorgung in der Fläche stärker zu honorieren. Es eröffnet zudem die Chance, Ökonomie und Medizin in eine gute Balance zu bringen. Denn unser Ziel muss es auch weiterhin sein, Ineffizienzen zu beheben – sowohl im Krankenhaus als auch bei ambulanten Behandlungen. Die veränderten Fallpauschalen allein sind aber ja kein Selbstläufer, die per se zu niedrigeren Kosten führen. Um keine falschen Anreize zu setzen, muss der Rahmen gut abgesteckt sein. 
Allerdings gibt es gute Gründe, warum Gesundheit auch teurer werden darf. Das zeigen zum Beispiel die Versorgungsengpässe bei Medikamenten gegen das RS-Virus für Kinder. Teilweise benötigen wir in diesem Bereich mehr lokale Produktion von Arzneien, um nicht zu sehr von außereuropäischen Lieferanten abhängig zu sein. Und wenn wir es nicht schaffen, ausreichend Anreize für mehr Forschung und Entwicklung in Deutschland zu setzen, dann werden wir noch abhängiger. Das stellt eine große Herausforderung dar – eben auch weil die Kosten dadurch steigen könnten. 

Die sogenannte medizinische Inflation dürfte also auch zukünftig eine wichtige Rolle für die Finanzen der gesetzlichen beziehungsweise privaten Krankenversicherer spielen. 

Hallo, Herr Kaiser!

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Pekarek: Ja. In der privaten Krankenversicherung, kurz PKV, definieren wir medizinische Inflation als die Steigerungsrate der Leistungsausgaben. Wir reden also nicht nur über die derzeit vieldiskutierte Teuerung für Energierohstoffe aufgrund des Kriegs in der Ukraine. Zur allgemeinen Inflation kommen hier insbesondere höhere Kosten für neue medizinische Methoden und Medikamente. Medizinischer Fortschritt ist nämlich nicht umsonst zu haben und war uns als Gesellschaft während der Corona-Pandemie viel Geld wert. Hinzu kommen aber auch die seit damals von Vielen geforderten Lohnsteigerungen in der Pflege. Die Deutsche Aktuarvereinigung schätzte den zehnjährigen Durchschnittswert der medizinischen Inflation 2019 auf etwa 2,5 Prozent pro Jahr. Diesen Trend können wir in etwa auch für die Hallesche bei unseren Leistungsausgaben bestätigen. 

 

Das Geld hierfür kommt von Ihren Kunden. In welchem Maße können PKV-Tarife mit Alterungsrückstellungen sie davor schützen, als Rentner mit hohen Versicherungsprämien konfrontiert zu werden? 

Pekarek: In der privaten Krankenversicherung finanziert sich jede Generation selbst und ist nicht auf andere Generationen angewiesen. Das geschieht in der Praxis beispielsweise durch die verzinsten Alterungsrückstellungen, die unsere Versicherten in jüngeren Jahren fürs Alter aufbauen. Wenn es ein geschlossenes System gäbe, wäre dadurch sogar ein konstanter Beitrag ohne zwischenzeitliche Erhöhungen theoretisch möglich. Insgesamt ist das PKV-System über die Kapitaldeckung nachhaltig finanziert, da es ohne staatliche Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt auskommt und die nachkommenden Generationen nicht belastet. 

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