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Invesco-Chefstrategin Kristina Hooper Der Oktober wurde seinem Ruf als Schreckensmonat für Anleger gerecht

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Laut Duden ist Populismus eine „von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (...) zu gewinnen“. Populistische Bewegungen sind häufig das Ergebnis eines oder mehrerer der folgenden Faktoren:
•    Wohlstandsscheren, Chancenungleichheit und vor allem ein ungleich verteilter Aufschwung, von dem nur die Eliten zu profitieren scheinen
•    Fremdenhass — der Eindruck, dass Ausländer die Werte und Lebensweise einer Nation gefährden
•    Allgemeiner Frust über eine ineffektive, bürokratische Regierung — häufig verursacht durch politische Grabenkämpfe oder ineffektive politische Entscheidungsprozesse

In Brasilien dürften der erste und der dritte Faktor für den Wahlsieg von Bolsonaro verantwortlich sein. Populisten kommen gewöhnlich an die Macht, indem sie das Establishment, die Eliten, die Mächtigen und den Status quo angreifen — genau so war es auch bei Bolsonaro. Es gibt links- und rechtsgerichtete Populisten, was von Bedeutung im Hinblick auf die Folgen für Wirtschaft und Märkte ist (in der Vergangenheit waren Rechtspopulisten zumindest anfangs besser für Wirtschaft und Märkte). Bolsonaro ist ein Rechtspopulist. Er propagiert eine Reformagenda, die eine dringend benötigte Rentenreform umfasst. Daher war es auch keine Überraschung, dass die Kurse am brasilianischen Aktienmarkt am Freitag stiegen, während sie an fast allen anderen großen Aktienmärkten nachgaben. Meiner Ansicht nach zeigt das, worauf wir uns künftig einstellen sollten — nämlich einen anhaltenden Aufwärtstrend am brasilianischen Aktienmarkt, wenn Bolsonaro seine geplanten Reformen umsetzt.

Der Populismus kann das Wachstum bremsen, weil Populisten gewöhnlich Gegner der Globalisierung sind, wodurch sich die aktuelle Handelsproblematik weiter verschärfen könnte. Ich halte das zum aktuellen Zeitpunkt aber nicht für ein bedeutendes Risiko, da Bolsonaro seine Energie vor allem auf die fiskalpolitischen Reformen in Brasilien zu richten scheint. Bemerkenswert ist, dass die Aktienmärkte in der Vergangenheit zunächst stets positiv auf die Machtübernahme von Rechtspopulisten reagiert haben. Unter Mussolini zum Beispiel stiegen die Aktienkurse von 1922 bis 1924 um rund 70 Prozent (während die Machtübernahme von Linkspopulisten wie Juan Peron in Argentinien und Hugo Chavez in Venezuela zu Kursverlusten führte).

Allerdings haben die Aktienmärkte selbst unter rechtspopulistischen Regierungen tendenziell negativer reagiert, wenn diese ihre Macht konsolidiert haben. Daher werden wir Bolsonaros Pläne genau beobachten. Sollte er sich vor allem auf eine Stärkung seiner Machtbasis konzentrieren, könnte das dazu führen, dass die Stimmung am brasilianischen Aktienmarkt kippt. Momentan scheint seine Amtsübernahme aber gut für die brasilianische Wirtschaft und den brasilianischen Aktienmarkt zu sein.
Europa. Vor dem Hintergrund der andauernden Spannungen zwischen Italien und der EU gab es am Wochenende eine überraschende Wende in Deutschland, als Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einer Folge herber Verluste bei Landtagswahlen für ihre Partei, die CDU, und deren Koalitionspartner, die SPD, bekanntgab, als Vorsitzende ihrer Partei zurückzutreten.

Investoren sollten auf diese Entwicklung nicht überreagieren, da sie sich seit langem abzeichnet und bereits Tradition hat. Gerhard Schröder zum Beispiel tat das gleiche, als sich seine letzte Amtszeit als Bundeskanzler dem Ende näherte. Merkels Schritt könnte helfen, die Verärgerung der Wähler über sie, ihre Partei und deren Koalitionspartner – die bei den jüngsten Wahlen beide heftig abgestraft wurden – zu zerstreuen. Merkels Entscheidung wirft aber durchaus Fragen über die künftige Führung der EU auf. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist zwar zu Hause nicht sehr beliebt, dürfte aber de facto die Führung der EU übernehmen. Angesichts seiner Reformorientierung glaube ich, dass er diese Rolle gerade in dieser für die Zukunft der EU so wichtigen Phase erfolgreich ausfüllen könnte.
USA Eine weitere Sorge, die die Märkte aktuell umtreibt, betrifft die Anfang November anstehenden Zwischenwahlen in den USA und ihre konkreten politischen Auswirkungen. Daher glaube ich auch nicht, dass es mit den Kursrückschlägen an den Märkten vor den „Midterms“ vorbei sein wird.

Ausblick: In dieser Woche werden wir uns den US-amerikanischen Arbeitsmarktbericht für Oktober genau ansehen. Die wichtigste Kennzahl ist das Lohnwachstum — wenn es moderat bleiben sollte, gäbe das der Fed mehr Flexibilität, bei der geldpolitischen Straffung den Fuß vom Gas zu nehmen, vor allem, falls andere Wirtschaftsdaten schlechter ausfallen sollten.

Natürlich werden wir auch die Zwischenwahlen in den USA aufmerksam verfolgen, da diese uns wichtige Anhaltspunkte für unseren Ausblick für 2019 geben werden.

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